"Europa wartet gespannt auf die griechischen Forderungen", titelt Le Soir. "Die neue griechische Mehrheit spaltet das politische Europa", so die Schlagzeile von L'Echo. "Scheinbar unmögliche Koalition wählt die Konfrontation", schreibt De Standaard auf Seite eins.
In Athen hat Alexis Tsipras, der Chef des Linksbündnisses Syriza, quasi über Nacht eine neue Regierung gebildet. Het Laatste Nieuws ist fast schon voller Bewunderung. "In Griechenland steht eine Regierung nach einem Tag", schreibt das Blatt. Dort hat man jedenfalls eine andere Auffassung vom Begriff "Weltrekord" als in Belgien, wo man 540 Tage länger gebraucht hat.
"Les extrêmes se touchent'
Da Syriza nicht die absolute Mehrheit erringen konnte, brauchte man einen Koalitionspartner. Die Wahl fiel auf die rechtspopulistische Bewegung "Unabhängige Griechen". De Morgen fasst deren Programm mit einem Satz zusammen: "Erst das eigene Volk", nach dem Wahlslogan des früheren Vlaams Blok "Eigen volk eerst".
Diese Koalition steht stellvertretend für eine gewisse Grundstimmung, die in ganz Europa zu beobachten ist, bemerkt Het Laatste Nieuws: "Les extrêmes se touchent", "Links- und Rechtsextreme haben gemeinsame Berührungspunkte".
Der Wahlsieg von Syriza wurde nicht nur von europäischen Linksparteien bejubelt. Auch vom rechtsextremen Vlaams Belang und dem französischen Front National gabs "beide Daumen hoch". Schnittmenge zwischen den links- und rechtsextremen ist der ausgestreckte Mittelfinger in Richtung Brüssel.
Die Geschichte wird zeigen, wofür der 25. Januar 2015 in die Geschichte eingehen wird. Ist es die Geburt eines neuen Griechenlands? Oder doch nur der Todestag von Demis Roussos?, fragt Het Laatste Nieuws.
Die Koalition in Athen wäre im Grunde hierzulande vergleichbar mit einem Bündnis zwischen der N-VA und der kommunistischen PTB, meint auch L'Echo. Damit ist klar, welchen Kurs die neue griechische Regierung fahren will. Beide Parteien, Syriza und die "Unabhängigen Griechen", wollen resolut Neuverhandlungen über die griechische Schuld.
Schlimmer noch: Aus Sicht der "Unabhängigen Griechen" wird Europa von deutschen Neonazis regiert. Die Partei fordert außerdem von Berlin zusätzliche Reparationszahlungen für den Zweiten Weltkrieg. Das alles verheißt nicht viel Gutes. Wenn Tsipras Europa zum Nachgeben bringen will, ohne den Ast abzubrechen, dann muss er einen guten Seiltänzer abgeben, so L'Echo.
Syriza: Hoffnung für die Linke?
Einige Zeitungen messen dem Machtwechsel in Athen doch eine gewisse Symbolkraft bei. Europa kann nicht so tun, als wäre am Sonntag nichts passiert, meint etwa La Libre Belgique. Man sollte bitte nicht vergessen, dass das Gros der griechischen Bevölkerung in eine soziale Hölle gestürzt wurde.
Wenn Tsipras jetzt die internationalen Geldgeber um eine wenig Sauerstoff bittet, dann ist das absolut nachvollziehbar. Was da nicht heißt, dass man auf alle Forderungen eingehen müsste.
Le Soir sieht das ähnlich. Selten zuvor hat es einen so radikalen Machtwechsel in Europa gegeben, noch dazu aufgrund einer so jungen Bewegung. Und selten zuvor wurde der gemeinsamen EU-Politik so klar und eindeutig eine Absage erteilt.
Tsipras ist letztlich der Hoffnungsträger für viele europäische Linken, die davon überzeugt sind, dass es doch eine andere Alternative gibt als eine blindwütige Sparpolitik. Vielleicht kann der Athener Wahlabend doch dazu beitragen, dass sich Europa wenigstens ein bisschen besinnt.
Tsipras, der Aufräumer?
Man kann es drehen und wenden wie man will, einen Vorteil haben Tsipras und seine Syriza-Partei: Sie bringen einen echten Wechsel, meint Het Nieuwsblad. Bislang war es doch so: Die Parteien, die in erheblichem Maße für die Misere und die griechischen Krankheiten verantwortlich waren, saßen immer noch mit am Verhandlungstisch.
Von Politikern, die jahrelang ein korruptes System unterhalten haben, konnte man nicht allen Ernstes eine Läuterung erwarten. Tsipras ist da völlig unbefangen. Er kann Griechenland aus der Vetternwirtschaft, dem Klientelismus, der Korruption herausführen. Zumindest diese Chance sollte man ihm geben.
Enthauptungs-Tifo: Was kommt danach?
Viele Zeitungen beschäftigen sich erneut mit dem inzwischen "berühmt berüchtigten" Transparent der Standard Lüttich-Fans. "Macht der Fußball die Menschen verrückt?", fragt sich La Libre Belgique. Besagte Banderole sei jedenfalls um die Welt gegangen, schreibt die Zeitung.
Zu sehen ist ein maskierter Mann, der in der einen Hand eine Machete hält und in der anderen den Kopf eines Spielers des RSC-Anderlecht. Die Verantwortlichen müssen jedenfalls mit Strafen rechnen, meint La Libre Belgique.
"Jeder Fan hinter dem Transparent riskiert eine Geldbuße", titelt Het Laatste Nieuws. Die SOKO Fußball des Innenministeriums hat angekündigt, alle zu bestrafen, die sich hinter dem Transparent befanden. Da das Spruchband doch ziemlich groß war, geht man von 3.000 Fans aus, die identifiziert werden müssen.
Und die bekämen nach und nach Post von der Justiz, meint Het Laatste Nieuws. Wie die Zeitung hervorhebt, stehen viele Lütticher Ultras nach wie vor hinter der Aktion. In einem Kommuniqué hatten sie noch ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, auf Facebook gaben sie dann aber den Medien die Schuld an dem ganzen Theater.
Hier muss ein Exempel statuiert werden, fordert jedenfalls La Dernière Heure. Für diese Aktion gibt es keine Entschuldigung. Diejenigen, die für das Tifo verantwortlich waren, sollte man mit fünf Jahren Stadionverbot belegen. Die Sache ist die: Wenn man das toleriert, dann stellt sich die Frage: Was kommt danach?
rop - Bild: Louisa Gouliamaki (afp)