"Syriza", schreibt De Morgen in großen griechischen Buchstaben auf seiner Titelseite. "Tsipras triumphiert", heißt es bei De Standaard. "Die Griechen sagen Nein zur Sparpolitik", meint Le Soir. "Das Wahlergebnis, das Europa befürchtet hatte", bemerkt Het Nieuwsblad.
Es ist ein Paukenschlag mit Ansage: Das Linksbündnis Syriza hat bei der Parlamentswahl in Griechenland einen klaren Sieg errungen und die absolute Mehrheit nur knapp verfehlt. Parteichef Alexis Tsipras erklärte die "desaströse Sparpolitik" für beendet. Forderungen während des Wahlkampfs waren unter anderem eine Lockerung des Sparkurses und ein Schuldenschnitt für Griechenland.
Syriza: Gefahr oder Chance für Europa?
L'Avenir vergleicht Syriza mit Juckpulver-Konzentrat: Gestern hat die Partei die konservative Regierung Griechenlands in die Knie gezwungen, heute reizt sie die Europäische Union und will sie zum Umdenken bewegen. Die Geldgeber und Befürworter des harten Sparprogramms müssen allerdings zugeben: Die drastischen Einschnitte haben wenig Wirkung gezeigt.
Die Arbeitslosigkeit in Griechenland liegt weiter bei rund 25 Prozent und die Armut hat zugenommen. Die Griechen hatten nichts mehr zu verlieren. Das erklärt den großen Wahlerfolg von Alexis Tsipras, meint L'Avenir.
De Morgen hält fest: Was viele in Brüssel, Berlin oder Paris befürchtet und einige gehofft hatten, ist passiert. Die radikale Linke hat von nun an das Sagen in Athen. Die Zeitung sieht in Syriza aber nicht unbedingt eine Gefahr für Europa. Im Gegenteil: Sie kann sogar eine Chance sein.
Tsipras kann in der europäischen Finanzwelt für frischen Wind sorgen. Außerdem ist sein Wahlsieg wie ein großer, demokratischer Mittelfinger - gerichtet gegen all jene, die die einseitigen Sparprogramme für alternativlos halten.
"Beide Seiten zum Kompromiss verdammt"
De Standaard meint: Das griechische Volk hat laut und deutlich gesprochen. Das stellt Europa vor ein Dilemma: Entweder hält die EU an ihrer Spardoktrin fest oder sie sucht mit Tsipras und Konsorten nach einem Kompromiss. Das Blatt glaubt sogar, dass beide Seiten dazu verdammt sind, Wasser in ihren Wein zu gießen.
Syriza wird von ihren Maximalforderungen wie einem Schuldenerlass absehen und die Geldgeber in Europa werden eine Lockerung ihres starren Kurses zulassen müssen.
Bleibt die EU stur, dann steht in Kürze bereits das nächste Problem vor der Tür, warnt Het Belang Van Limburg. Auch andere Länder in Südeuropa könnten dem Vorbild Griechenlands folgen, wie etwa die Podemos-Bewegung. Die könnte bei der Wahl in Spanien zum Ende des Jahres für eine ähnliche Überraschung sorgen.
La Libre Belgique findet: Die Troika wäre jetzt gut beraten, nach Jahren der Peitsche den Griechen ein Zuckerbrot zu reichen - wie auch immer das aussehen mag. Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit haben nämlich noch niemanden dazu gebracht, seine Verpflichtungen einzuhalten.
Spruchband: "Dumm und geschmacklos"
"Red or dead" ("Rot oder tot"): Ein riesiges Spruchband der Ultras von Erstligist Standard Lüttich sorgt für eine landesweite Welle der Empörung. "Das Schlimmste, wozu der belgische Fußball im Stande ist", titelt Le Soir. "Das dümmste und geschmackloseste Transparent aller Zeiten", meint La Dernière Heure. "Die eiskalte Abrechnung", schreibt Het Laatste Nieuws.
Zu Gast im Stadion von Sclessin war am Sonntag Erzrivale RSC Anderlecht. Die Fangruppen beider Clubs sind seit Jahrzehnten verfeindet. Weil der ehemalige Lütticher Spieler Steven Defour ausgerechnet zu Anderlecht gewechselt ist, dient er jetzt als Sündenbock.
Auf dem Spruchband zu sehen war ein Henker mit einem großen Schwert in der rechten Hand und Defours enthauptetem Kopf in der linken Hand. Vor allem wegen der Gräueltaten der Terrorgruppe IS ist das Entsetzen groß.
Blödheit und Unüberlegtheit haben zu diesem hasserfüllten und beschämenden Banner geführt, ist La Libre Belgique überzeugt. Das Schlimmste: Weder die Verantwortlichen von Standard Lüttich noch die anwesenden Vertreter des belgischen Fußballbundes noch der Schiedsrichter haben etwas gegen das Spruchband unternommen.
"Red or dead": Konsequenzen gefordert
Auch Le Soir fordert Konsequenzen: Zwar gehören Provokation und Spöttelei seit jeher zum Fußball. Doch mit Folklore hatte das Transparent der Standard-Ultras nichts gemein. Ebenso wenig mit freier Meinungsäußerung. Hier sind Gesetze gebrochen worden und es wurde zum Hass aufgerufen. Ein Beweis mehr dafür, wie arm dran die schwache Erste Liga in Belgien ist.
Wer diesen Blödsinn von Sclessin akzeptiert, macht sich mitschuldig. Dieser Horror gehört hart bestraft, finden auch Het Nieuwsblad und La Dernière Heure.
In Het Laatste Nieuws erklärt Ludwig Sneyers, der Chef der Ersten Fußballdivision: "Das darf nie wieder passieren". Den Machern des Spruchbandes drohen 5.000 Euro Bußgeld und fünf Jahre Stadionverbot.
akn - Bild: Aris Messinis (afp)