"Kann Belgien das EU-Bußgeldverfahren noch verhindern?", fragt De Morgen auf seiner Titelseite. Bei De Standaard heißt es: "Michel will Teilstaaten zurechtweisen". "Das wallonische Haushaltsloch wird immer größer", meint La Libre Belgique. Het Laatste Nieuws titelt: "Auch Flandern schreibt rote Zahlen".
Belgien droht wegen seiner Finanzlage neuer Ärger mit der EU-Kommission: Statt der angestrebten 2,8 Prozent wird das Defizit des vergangenen Jahres wohl 3,3 Prozent betragen - und damit mehr als die erlaubte Obergrenze von drei Prozent. Schuld sind nach Ansicht der Föderalregierung die Teilstaaten. Flandern, die Wallonie, Brüssel und die Deutschsprachige Gemeinschaft kommen zusammen auf ein Defizit von 1,8 Milliarden Euro. Ein Grund für die entgleisten Budgets der Gemeinschaften und Regionen sind nach Angaben von De Morgen alternative Finanzierungsmodelle wie öffentlich-private PPP-Verfahren. Laut EU müssen die jetzt in den Haushalten verbucht werden, was zu den größeren Haushaltslöchern führt.
Der Schwarze Peter wird herumgereicht
De Standaard meint: 3,3 Prozent Defizit - das entspricht einem stolzen Fehlbetrag von immerhin zwölf Milliarden Euro. Premierminister Charles Michel hat allen Grund dazu, den Teilstaaten auf die Finger zu klopfen. Trotzdem hofft Belgien auf mildernde Umstände: Die Föderalregierung hat strukturelle Reformen eingeleitet, das Wirtschaftswachstum ist bescheidener als erwartet, die Inflation bleibt aus und die Europäische Union ändert die Regeln während des Spiels.
Het Nieuwsblad fügt hinzu: Mal wieder schieben sich die verschiedenen Ebenen im Land gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Die Teilstaaten sind nämlich der Ansicht, dass auch die Föderalregierung ihre Haushaltsziele verfehlt hat. Die belgischen Streithähne geben mal wieder kein gutes Bild für die EU ab. Dabei ist der Kommission der innerbelgische Zahlenkrieg herzlich egal. Entscheidend ist für sie nur, dass die Vorgaben für den Gesamtstaat eingehalten werden. Genau wie Het Nieuwsblad bemängelt auch De Standaard die unzureichende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen. "So geht kein erwachsener Föderalismus!", mahnt das Blatt.
Le Soir stellt fest, dass dank der vereitelten Terroranschläge die Beliebtheitswerte der Regierung Michel angestiegen sind. Aus einer tiefen Zerstrittenheit ist innerhalb weniger Tage eine Art nationale Einheitsfront geworden. Die Bildung der Mitte-Rechts-Koalition war höchst umstritten, ihre Zusammensetzung schon im Vorfeld verurteilt und ihre ersten Schritte wurden heftig kritisiert und wo auch immer möglich torpediert. Die linken Oppositionsparteien sind verunsichert: Die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen können sie kaum ablehnen, jetzt heftige Kritik an der Regierung zu üben, würde beim beunruhigten Bürger auf Unverständnis stoßen. Vor allem die Nationalisten von der N-VA profitieren von diesem Effekt: Ihre Minister stehen jetzt durch ihre Rolle im Rampenlicht und nicht mehr wegen ihrer Parteizugehörigkeit oder ihrer vergangenen Fehltritte. Fehlt nur noch eins: Dass sich das linke und das rechte Lager zusammenraufen und endlich im Sinne aller Bürger unseres Landes agieren.
Vater: "Ich hoffe, mein Sohn ist tot."
"Ich schäme mich für meinen Sohn", erklärt Omar Abaaoud, Vater des mutmaßlichen Anführers der Terrorzelle von Verviers in La Dernière Heure. "Wir trauen uns nicht mehr aus dem Haus, er hat das Leben unserer Familie zerstört", sagt der im Brüsseler Stadtteil Molenbeek lebende Mann. "Warum, um Gottes Willen, will mein Sohn unschuldige Belgier töten? Unsere Familie hat diesem Land alles zu verdanken.", meint der entsetzte Vater, der vor 40 Jahren als Bergarbeiter nach Belgien gekommen ist.
Der 27-jährige Abdelhamid Abaaoud soll der Kopf der ausgehobenen Terrorzelle sein. Er hält sich vermutlich in Griechenland auf. Möglicherweise hat er vor wenigen Monaten seinen Tod im Irak nur inszeniert, um unterzutauchen und einen Anschlag in Belgien vorzubereiten. "Ich bete dafür, dass Abdelhamid wirklich tot ist", erklärt der Vater abschließend in der Zeitung.
Im Kampf gegen den islamistischen Terror will Innenminister Jan Jambon nach britischem Vorbild verstärkt gegen Propaganda im Internet vorgehen. Außerdem fordert er die europaweite Speicherung von Fluggastdaten - zur Not werde Belgien einen nationalen Alleingang machen. L'Echo warnt vor übereilten Schritten: Das Europaparlament hat ernste Bedenken in Sachen Datenschutz und will einen totalen Überwachungsstaat verhindern. Auch das Blatt meint: Die Speicherung persönlicher Daten muss im Verhältnis zum Nutzen stehen. Die Regierungen müssen zwar handeln, die Bürger erwarten, dass mehr zu ihrem Schutz getan wird. Doch gerade bei unumkehrbaren Maßnahmen sollte man nicht übereilt entscheiden.
Weniger Übergriffe in Bussen
Es gab noch nie so wenige Tätlichkeiten gegen Busfahrer wie im vergangenen Jahr, berichtet L'Avenir. Die wallonische Nahverkehrsgesellschaft TEC meldet "nur" 33 Übergriffe - halb so viele wie im Jahr zuvor. Als Gründe führt die TEC höhere Sicherheitsvorkehrungen wie Videoüberwachung in den Bussen an, sowie drastischere Strafen.
Archivbild: Herwig Vergult (belga)