"Die Armee bekommt Polizeizuständigkeiten", titeln Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. "Die Regierung will die Telefonüberwachung ausdehnen", so die Schlagzeile von L'Echo. "Wie soll man mit Syrien-Rückkehrern umgehen?", fragt sich L'Avenir auf Seite eins.
Viele Zeitungen beschäftigen sich mit der Frage, wie man denn jetzt auf die Anschläge von Paris reagieren soll.
"Den Schwung mitnehmen..."
Man würde sich nur wünschen, dass jetzt schnell etwas passiert, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. Noch stehen wir unter dem Eindruck der großen Kundgebungen in Paris und auch in Brüssel. Eigentlich müsste man versuchen, diesen Schwung nicht verpuffen zu lassen. Man würde sich wünschen, dass all diejenigen, die Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können, ihre Aktionen danach ausrichten: Bürgermeister, Lehrer, Polizisten, Journalisten und auch religiöse Verantwortliche. Ansonsten bleibt am Ende nicht mehr als nur der Eindruck, dass man lediglich einem großen Ereignis beigewohnt hat.
Die Regierung jedenfalls will jetzt offensichtlich so schnell wie möglich eine Reihe von Maßnahmen auf die Schienen setzen, um auf die Bedrohung zu reagieren. So soll etwa die Armee künftig im Öffentlichen Raum eingesetzt werden können, um die Polizei zu unterstützen. Nach Informationen der Zeitungen Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg bereiten Innenminister Jambon und Verteidigungsminister Vandeput dafür die gesetzliche Grundlage vor.
Wollen wir Soldaten in den Straßen?
Gazet van Antwerpen hält das für keine gute Idee. Die beiden N-VA-Minister wollen da offensichtlich nur ein Steckenpferd ihres Parteichefs Bart De Wever in die Praxis umsetzen. Nur hat De Wever selbst schon Argumente geliefert, die gegen eine solche Maßnahme sprechen. Als im vergangenen Jahr Schausteller gegen die Verlegung ihres Kirmesplatzes in Antwerpen protestierten, drohte Bürgermeister De Wever damit, die Armee einzusetzen. Genau das kann es aber nicht sein. Wenn überhaupt, dann müssen die Bedingungen klar definiert werden, wann die Streitkräfte eingesetzt werden dürfen. Amerikanische Verhältnisse, wo bei Kinkerlitzchen gleich Panzer eingesetzt werden, das kann doch keiner wollen.
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich. Seien wir doch mal ehrlich: In Paris haben auch die Soldaten im Straßenbild leider die Anschläge nicht verhindern können. Hier geht es wohl mehr um den Symbolcharakter. Genau der kann aber auch eine gegenteilige Wirkung haben: Soldaten im Öffentlichen Raum flößen den Menschen Angst ein. Wir erinnern uns an die 1980er Jahre und die Psychose um die Killer von Brabant und die CCC. Die massive Polizeipräsenz hat damals nur dazu geführt, dass sich das Klima der Angst noch verstärkte.
A Propos Klima der Angst: "Polizeibeamte wollen Waffen mit nach Hause nehmen", titelt Het Nieuwsblad. Das ist eine Reaktion auf die jüngste Drohung der Terrororganisation IS. Die hatte ja ihre Mitglieder aufgerufen, französische Polizisten anzugreifen. Diese Drohung gilt möglicherweise auch für belgische Beamte. Der belgische Anti-Terrorstab jedenfalls hat Polizisten und ihre Familien zur Vorsicht aufgerufen.
Het Laatste Nieuws bringt auf Seite eins noch eine andere Konsequenz aus der Terrordrohung: "In kugelsicherer Weste und nicht mehr alleine auf Patrouille", so die Schlagzeile.
Repression alleine reicht nicht
Einige Zeitungen rufen dennoch dazu auf, jetzt einen kühlen Kopf zu bewahren.
"Die Tränen und die Angst dürfen uns nicht blind machen", warnt etwa Le Soir. Die Antwort auf die terroristische Bedrohung, das kann nicht allein eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen sein. Klar ist gerade für Politiker die Versuchung groß, lediglich diese Karte auszuspielen. Wir sollten aber, bei aller Besorgnis, nicht die Grundwerte unserer Gesellschaft aus den Augen verlieren. Deutlich schwieriger, als eine Polizeirazzia zu organisieren, wäre da zum Beispiel zu hinterfragen, warum gewisse junge Männer in die Radikalität abgleiten.
De Standaard schlägt in dieselbe Kerbe. So mancher macht es sich im Moment zu einfach. Das gilt zum Beispiel für die flämische Regierung. Ministerpräsident Geert Bourgeois verwies quasi postwendend auf die föderale Ebene, die ja für den Bereich "Repression" zuständig sei. Dabei blendet er die Prävention vollends aus. Die Gemeinschaften haben durchaus die Möglichkeiten und auch die Befugnisse, um gegen Radikalisierung vorzugehen. Hier ist allerdings ein koordiniertes Vorgehen nötig: Alle Machtebenen müssen hier Hand in Hand gehen.
La Dernière Heure scheint jedenfalls einen Anlass zu liefern, die bisherige Politik in Frage zu stellen: "Die Waffen des Attentats kamen aus Belgien", schreibt das Blatt auf Seite eins. Demnach haben die Attentäter von Paris zumindest einige ihrer Waffen in Brüssel gekauft.
Insbesondere De Morgen berichtet über die PEGIDA-Demonstrationen in Deutschland. "Dresden im Griff der extremen Rechten", schreibt das Blatt. Die Anti-Islam-Kundgebungen seien inzwischen ein enormer Erfolg. Deutschland könne jedenfalls nicht mehr so tun, als gäbe es das Phänomen nicht. Dabei wird eine Erkenntnis deutlich: Die Grenze zwischen "pro Charlie" und Anti-Islam ist mitunter extrem dünn.
Wichtig ist der Ausgleichstreffer
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit der Wiederaufnahme des Sozialen Dialogs. Arbeitgeber und Gewerkschaften sind am Montag zum ersten Mal nach der Streikwelle im Rahmen der sogenannten Zehnergruppe zusammengekommen. Und "das Klima ist gut", diagnostiziert Het Laatste Nieuws. "Zumindest im Januar wird es keine neuen Streiks geben", glaubt L'Echo.
Hier geht es um Symbole und um Pfennige, resümiert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Erstens werden die Gewerkschaften weiter für eine gleichwie geartete Vermögenssteuer eintreten. Und zweitens wird es wohl auch um mögliche Lohnerhöhungen gehen.
Da sollten Arbeitgeber und Regierung aber hart bleiben, mahnt Het Laatste Nieuws. Das belgische Lohnhandicap ist gerade erst im Begriff, kleiner zu werden. Im Vergleich zu den Nachbarländern gleichen sich die belgischen Löhne wieder an. Wer jetzt Gehaltserhöhungen akzeptiert, der macht all diese Anstrengungen gleich wieder zunichte. Es steht jetzt 1:2, Ziel muss der Ausgleichstreffer sein.
Archivbild: Martin Bureau (afp)