Fast alle Zeitungen berichten heute auch in großer Aufmachung über das geplante Burka-Verbot und die Einigung im Hinblick auf eine Reform des Justizwesens.
Beim Lesen der Zeitungen darf man aber auch nicht vergessen, dass heute der 1. April ist ...
Brandstifter
„Wieder Krise“ titelt heute lapidar Het Laatste Nieuws. Le Soir meint auf Seite 1: „Maingain bleibt bei seinen Aussagen, Leterme verurteilt sie“.
Das BHV-Karussell dreht sich wieder. Angefangen hatte alles mit der Ankündigung des flämischen N-VA-Innenministers Geert Bourgeois, der klarmachte, er werde die nicht ernannten frankophonen Bürgermeister aus den drei Brüsseler Randgemeinden nie und nimmer einsetzen. Die Reaktion des FDF-Vorsitzenden Olivier Maingain sorgte dann jedoch vor allem im Norden des Landes für einen Sturm der Entrüstung. Maingain verglich die Haltung der flämischen Regierung in der Bürgermeisterproblematik mit den Verhältnissen unter deutscher Besatzung. Und Maingain bleibt dabei. Le Soir zitiert ihn mit den Worten, er sehe keine Notwendigkeit darin, seine Aussagen zu korrigieren oder zu rechtfertigen.
Im RTBF-Fernsehen kritisierte Premierminister Yves Leterme die Aussagen des FDF-Chefs, hielt sich aber sichtbar zurück, wie viele Zeitungen bemerken. Stattdessen rief der Regierungschef zur Besonnenheit auf. Dies vor allem vor dem Hintergrund des derzeitigen politischen Kontextes: Nach den Osterferien soll Alt-Premier Jean-Luc Dehaene eine Lösung für das Problem BHV vorlegen, die eine Spaltung des Wahlbezirkes auf dem Verhandlungsweg ermöglichen soll.
Dazu bemerkt La Libre Belgique: Wenn noch jemand eine Illustration der derzeitigen Nervosität in der Rue de la Loi brauchte, der musste sich gestern nur das Gesicht und die rhetorischen Windungen des Yves Leterme in der RTBF anschauen.
Das Thema steht auch im Mittelpunkt der Kommentare in den meisten Zeitungen.
BHV - Mission Impossible?
Für Gazet Van Antwerpen ist klar: Jean-Luc Dehaene steht vor einer unlösbaren Aufgabe. Es ist vor allem bemerkenswert, dass sich MR-Chef Didier Reynders von dem grotesken Maingain mit seinen lächerlichen Vergleichen nicht distanziert. Der Grund dafür ist sonnenklar: Reynders hat Maingain nötig - dies auch, weil die MR ihre Felle wegschwimmen sieht. Soll man also am Ende Maingain und Reynders Recht geben? Soll man vielleicht sogar einige Randgemeinden in die Region Brüssel integrieren? Jede flämische Partei, die so etwas absegnen würde, unterschreibt ihr Todesurteil. Dann muss die Regierung Leterme eben stürzen.
Auf dem Teppich bleiben!
Die meisten anderen Leitartikler rufen demgegenüber zur Besonnenheit auf.
Zwar gibt La Libre Belgique Maingain in der Sache Recht. Es ist tatsächlich skandalös, dass die Bürgermeister von Kraainem, Linkebeek und Wezembeek-Oppem immer noch nicht ernannt sind. Das ist eine Missachtung der Demokratie. Doch wer für die Achtung eben dieser Demokratie eintritt, der muss auch denjenigen respektieren, mit dem man reden muss. Maingains verletzende und beleidigende Vergleiche sind hier absolut fehl am Platz.
Für Le Soir hat Maingain mit seinem Nazi-Vergleich eindeutig die Grenzen überschritten. Natürlich müssen die Rechte der Frankophonen verteidigt werden. Doch haben die Brandstifter selten zur Lösung von Problemen beigetragen. Alle politisch Verantwortlichen, die guten Willens sind, mögen sich jetzt kurzzeitig die Ohren zuhalten und nicht weiter Öl ins Feuer gießen. Das ist der einzige Weg zu einem Kompromiss.
N-VA und FDF: Verbündete im Geiste?
Für Het Belang van Limburg lässt das Ganze nur eine Schlussfolgerung zu: Die N-VA und die FDF sind im Endeffekt Verbündete. Beide Parteien verfolgen dasselbe Ziel, beide wollen keine Lösung für das Problem BHV. Doch könnte die FDF dadurch zum Erfüllungsgehilfen der N-VA werden, denn ohne eine Lösung droht die Implosion des Landes.
Auch für De Morgen könnte es fast so aussehen, als hätten sich N-VA und FDF miteinander abgesprochen. Niemand geht genüsslicher auf Provokationen ein als ein Provokateur. Auch die anderen frankophonen Mehrheitspartner gehen zu Maingain und auch zur MR auf Distanz. Natürlich wird es keine schöne Lösung sein, doch bedarf es einer, damit man sich in diesem Land endlich um die wirklichen Probleme kümmern kann. In der Zwischenzeit kann man die Kinder ja im Sandkasten spielen lassen.
Belgiens Burka-Verbot
Fast alle Zeitungen berichten heute auch über das geplante Burka-Verbot. Vers l'Avenir etwa widmet dem Thema seine Titelseite. Gestern hat der zuständige Kammerausschuss einen Gesetzesentwurf verabschiedet, wonach das Tragen von Ganzkörper-Schleiern in der Öffentlichkeit untersagt werden und unter Strafe gestellt werden soll. Wird das Gesetz auch vom Plenum gutgeheißen, dann wäre Belgien das erste Land in Europa mit einem derart restriktiven Verbot.
Vor diesem Hintergrund kann sich Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel nur wundern. In diesem Land wird nichts beschlossen, keine Reform des Pensionssystems, keine Neuordnung des Arbeitsmarktes, kein gar nichts. Und dann werden wir wohl das erste Land der Welt sein, dass die Burka verbietet. Seltsam, dass diese Problematik hierzulande Top-Priorität genießt, geht es doch letztlich nur um einige Dutzend ganzverschleierte Frauen landesweit.
Justizreform - oder Reförmchen?
Viele Zeitungen berichten heute auch über die gestern beschlossene Reform des Justizwesens. Demnach soll u.a. die Zahl der Gerichtsbezirke von 27 auf 16 reduziert werden. Das Ganze soll einhergehen mit einer grundlegenden Neuordnung der internen Funktionsweise der Justiz. „Endlich gibt es eine Einigung“, notiert dazu De Standaard auf Seite 1. Zwar geht auch diese Reform noch nicht weit genug, meint das Blatt kommentierend, doch ist die Reform dennoch ein gewaltiger Fortschritt, ein Schritt, ohne den alle weiteren unmöglich wären.
Der 1. April lässt grüßen
La Derniere Heure bringt ihren Aprilscherz auf der Titelseite. Demnach wird derzeit ernsthaft darüber nachgedacht, ob der Löwe von Waterloo abgerissen werden soll.
Originell ist auch Le Soir mit der Meldung, dass König Albert II zu den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit des Kongo mit dem Schiff anreisen wird. Grund sind die ewigen Probleme mit den belgischen Flugzeugen. Auch DG-Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz wird mit von der Partie sein. Er habe sich bereit erklärt, im Rettungsboot zu übernachten, auch als Hommage an Professor Bienlein.