"Ich bin Charlie", titelt Gazet van Antwerpen. "Wir sind alle Charlie", schreiben La Libre Belgique und das GrenzEcho. Der Schock sitzt tief angesichts des furchtbaren Anschlags in den Redaktionsräumen des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo. Dabei sind zwölf Menschen ums Leben gekommen, elf weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Unter den Toten sind auch vier der bekanntesten Karikaturisten Frankreichs.
L'Echo bringt auf Seite eins die berühmtesten Titelbilder von Charlie Hebdo, die fast alle aus der Feder dieser Zeichner stammten. Darunter sind auch die Mohammed-Karikaturen, die dem Blatt soviel Ärger und Drohungen eingebracht hatten - und die wohl auch der Hintergrund für die barbarische Tat gewesen sind.
Auch De Standaard zeigt auf Seite eins eine berühmte Titelseite von Charlie Hebdo: "Die Liebe ist stärker als der Hass", so lautete die Schlagzeile. Das Blatt hatte damit auf den Brandanschlag auf seine Redaktionsräume im November 2011 reagiert. Darunter war eine dieser typischen Zeichnungen von Charlie Hebdo: Ein bärtiger Moslem und ein Zeichner von Charlie Hebdo küssen sich auf den Mund.
"Totgelacht"
Andere Zeitungen bringen auf Seite eins Zeichnungen ihrer jeweiligen Karikaturisten, die sich vor ihren ermordeten Kollegen verneigen. Le Soir macht mit einer Zeichnung von Kroll auf: ein Fadenkreuz, mit Bleistiften bewaffnete Zeichner in einem Schützengraben, einer von ihnen liegt in einer Blutlache. Die Schlagzeile: "Totgelacht".
Ähnliche Symbolik auf Seite eins von De Morgen: Die Zeichnung von Zak zeigt einen bewaffneten und vermummten Mann in der Tür. Ein Zeichner richtet einen Bleistift auf ihn, "Sie sind bewaffnet", ruft der Angreifer aus.
Marec von Het Nieuwsblad spricht von einem "Schwarzen Tag für den Propheten". Der Prophet Mohammed hält die Hände vor seine Augen und sagt: "Ich darf mich nirgendwo mehr sehen lassen". Dubus von La Dernière Heure hat seinerseits einen zerbrochenen Bleistift gezeichnet, darunter ein Blutfleck. Aus dem Bleistift ragt eine erhobene Hand hervor, die den Mittelfinger ausstreckt.
"No pasarán"
Das war ein neuer 11. September, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Was in Paris passiert ist, das ist der blanke Horror, Barbarei. Wir müssen auf diese Tat angemessen reagieren, denn kein Zweifel, diese Leute haben uns den Krieg erklärt. Die Reaktion auf Hass darf aber nicht Hass sein, Naivität allerdings auch nicht. Wer unsere Werte nicht respektiert, der hat keinen Platz in unserer Mitte.
"No pasarán", so der Titel des Leitartikels von De Morgen. Bis hierhin und nicht weiter. Das war ein Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit. Wir sind heute alle, ob Journalisten oder nicht, Mitglieder der Redaktion von Charlie Hebdo. Wir müssen diesen Barbaren klarmachen, dass wir eine solche Tat niemals akzeptieren werden. Die Frage ist allerdings, wie wir darauf reagieren werden. Eine Beschneidung der persönlichen Freiheiten oder auch politische Extreme sind wohl nicht die Lösung. Man sollte sich vielleicht, so naiv es klingen mag, an das Titelbild von Charlie Hebdo erinnern: "Liebe ist stärker als Hass".
Wir reiben uns immer noch die Augen, hält Het Nieuwsblad fest. Der Anschlag auf Charlie Hebdo war zugleich ein Angriff auf die trügerische Sicherheit, dass die freie Meinungsäußerung ein allgemein anerkanntes Grundrecht ist, das nicht mehr unter Einsatz des Lebens verteidigt werden muss. Das Attentat beweist jedenfalls nicht, dass die Cartoonisten von Charlie Hebdo zu weit gingen, sondern im Gegenteil: dass sie Recht hatten. Frei nach George Orwell: Wenn Freiheit etwas bedeutet, dann das Recht, Menschen das zu erzählen, was sie nicht hören wollen.
"Weiter lachen"
Wir müssen weiter lachen, mahnt auch De Standaard. Satire ist frei. Es ist die Freiheit, lachen zu dürfen. Es ist die Freiheit, zu veröffentlichen, was wir denken. Auf diese Freiheit haben drei maskierte Männer gestern in Paris einen Mordanschlag verübt. Darauf sollten wir mit dem Verhalten reagieren, das diese Wirrköpfe uns verbieten wollen: Nicht mit Angst und Hass, sondern eben indem wir weiter lachen.
Denn wenn uns das Lachen vergeht, dann haben die Extremisten gewonnen, meint auch Het Laatste Nieuws. Und wir sollten auch aufhören, uns selber die Schuld an der Wut der Moslemextremisten zu geben. Denn wenn sich gläubige Muslime gekränkt fühlen durch simple Cartoons, dann ist das in erster Linie ihr Problem. Wer dafür zu den Waffen greift, der ist jedenfalls moralisch betrachtet auf einer Stufe unter uns. Mit solchen Leuten müssen wir nicht über Toleranzgrenzen diskutieren.
... doch was kommt danach?
Und doch wissen wir, dass es wie auch beim 11. September ein "davor" und "danach" geben wird, meint La Dernière Heure. Der 7. Januar 2015 ist wohl ein Scheitelpunkt. Uns wird schmerzlich bewusst, dass das Klima des Hasses, das derzeit in Westeuropa herrscht, inzwischen die Grundfesten der Demokratie angreift. Lasst uns zusammenstehen. Lasst uns ihnen zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.
Le Soir wirft dennoch einen besorgten Blick in die Zukunft. Wie kann man verhindern, dass der Graben zwischen den verschiedenen Gemeinschaften im Land noch tiefer wird, als er ohnehin schon ist? Wie kann man verhindern, dass das Attentat auf Charlie Hebdo jetzt erst recht den Hass entfesselt? Vielleicht sollten jetzt auch die Muslime selbst das Wort ergreifen und laut und deutlich klar machen, dass sie ebenfalls unter den Opfern dieser barbarischen Tat sind. Nur sie können diesen wahnsinnigen Fanatikern das Recht absprechen, im Namen ihrer Religion und ihres Gottes zu töten.
Bild: BRF