"Teenager, Schwesterchen und Mutter getötet durch Trucker unter Drogen", titelt Het Laatste Nieuws. "LKW-Fahrer im Gefängnis", schreibt De Standaard.
Vor allem in Flandern berichten die Zeitungen teilweise in großer Aufmachung über den grausigen Unfall in Denderleeuw. Dabei kamen ein zwölf- und ein 16-jähriges Mädchen sowie deren Mutter ums Leben. Ein Lastwagen war ungebremst auf sieben haltende Autos aufgefahren. Der Fahrer stand offenbar unter Drogen.
Diese Information sei aber mit Vorsicht zu genießen, sagt ein Experte in Het Belang Van Limburg. Ein positiver Speicheltest weist lediglich darauf hin, dass die betreffende Person in den letzten Tagen Drogen konsumiert hat. Ob der Fahrer im Moment des Unfalls noch unter dem Einfluss von Rauschgift stand, das können solche Tests nicht mit Bestimmtheit feststellen.
Tragödien zu Jahresbeginn
Einige flämische Zeitungen machen mit einer anderen Tragödie auf: "18 Kilometer von einem Lastwagen mitgeschleift", schreiben Gazet Van Antwerpen und Het Belang Van Limburg auf Seite eins. Aus bisher ungeklärter Ursache wurde ein LKW-Fahrer im Hafen von Antwerpen von einem anderen Lastwagen überfahren. Der Fahrer hatte das zunächst gar nicht gemerkt. Erst 18 Kilometer weiter stellte er fest, dass ein Toter unter seinem Lastwagen hing.
In der Wallonie steht vor allem das Drama in Petit-Rechain bei Verviers im Fokus: "Er tötet seine Frau, schießt auf seine Tochter und bringt sich dann um", so die Schlagzeile auf Seite eins von L'Avenir. Der Täter hatte offenbar die bevorstehende Trennung von seiner Partnerin nicht verwunden.
Flüchtlingsdramen: "eine industrielle Ebene"
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute auch mit den Flüchtlingsdramen der letzten Tagen. Im Mittelmeer sind innerhalb kürzester Zeit zwei Frachtschiffe gestoppt worden, die hunderte Flüchtlinge an Bord hatten. In beiden Fällen hatte die Mannschaft den Führerstand verlassen, die Schiffe waren im Grunde auf Autopilot unterwegs.
Die Menschenschmuggler haben ihr zynisches Handwerk offensichtlich auf eine industrielle Ebene gebracht, bemerkt De Standaard dazu in seinem Leitartikel. Früher wurden noch irgendwelche Schaluppen gebraucht, um Flüchtlinge bei Nacht und Nebel nach Europa zu bringen. Jetzt sind es schon Frachtschiffe. Im vergangenen Jahr kamen so 150.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer. Wie viele dabei ihr Leben verloren, kann man nur schätzen. Im Grunde zieht Europa diese Leute aber wegen seiner halbgaren Haltung fast schon an: Ab dem Moment, wo die Flüchtlinge europäischen Boden betreten, bekommen sie automatisch Asyl. Heißt: Wir zwingen die Menschen indirekt dazu, sich in die Hände von Schleusern zu begeben. Europa braucht endlich eine kohärente Einwanderungspolitik. Und das beinhaltet auch effiziente Hilfe in den Krisengebieten.
Die EU muss die Immigration regeln, fordert auch Gazet Van Antwerpen. Das Mittelmeer ist ein Massengrab und Europa hat keine Antwort auf dieses himmelschreiende Problem. Allerdings muss man festhalten, dass die EU-Mitgliedsstaaten auch nicht bereit sind, die enormen Flüchtlingsströme aufzunehmen. Frage ist also: Wie kann man Flüchtlingstragödien verhindern und zugleich der Forderung vieler Bürger nach einer restriktiven Einwanderungspolitik gerecht werden? Das kann nur die EU regeln. Ansonsten hat Brüssel doch auch für jedes Kinkerlitzchen eine Regel parat.
Kriminelle Ausbeutung
Auch L'Avenir thematisiert in seinem Kommentar die Flüchtlingsproblematik, verweist aber vor allem auf eine Geschichte, die in den Medien nur selten vorkommt. Seit fast 50 Tagen befinden sich illegale Einwanderer in Brüssel im Hungerstreik. Sie sind seit teilweise zehn Jahren in Belgien und fordern jetzt endlich ein offizielles Bleiberecht und eine Arbeitserlaubnis. Bislang hat sich die Gesellschaft ihnen gegenüber scheinheilig und zynisch gezeigt, meint L'Avenir. Viele dieser Illegalen werden nämlich in der Schattenwirtschaft systematisch ausgebeutet. Der Innenminister oder sein Asylstaatssekretär sollten sich mal die Großbaustellen des Landes anschauen, unter anderem die der SNCB im unterirdischen Schuman-Bahnhof. Man wurde wohl staunen, wer da so alles arbeitet. Was da passiert ist richtig gehend kriminell.
"Neustart" der Regierung
Einige Zeitungen blicken schon auf dem kommenden Montag. Dann beginnt in Brüssel wieder der politische Betrieb. Für die Regierung wäre das die Gelegenheit, noch einmal unter neuen Prämissen durchzustarten, glaubt Het Belang Van Limburg. Bislang hat sich die Equipe Michel ja weder durch Effizienz noch durch außergewöhnlichen Tatendrang hervorgetan. Maßnahmen wie die Erhöhung des Renteneintrittsalters oder der Indexsprung haben in der Praxis eher symbolischen Wert. Um die Gewerkschaften zu besänftigen, sollte die Regierung denn auch ein ebenso symbolisches Zugeständnis machen. Eine gleichwie geartete Vermögens- oder Kapitalertragsteuer kann den Eindruck vermitteln, dass die Anstrengungen ausgewogener sind. Symboldossiers sind jedenfalls für beide Seiten wichtig.
Die N-VA und Darwin
Le Soir bringt heute ein Interview mit dem N-VA-Kammerpräsidenten Siegfried Bracke. Der sagt unter anderem, dass die flämische Unabhängigkeit quasi in der Natur der Sache liegt. Das sei eine natürliche Evolution wie bei Darwin. Für alle, die es inzwischen vergessen haben sollten, zeigt Bracke damit noch einmal das wahre Gesicht der N-VA, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Die Partei von Bart De Wever ist keinen Millimeter von ihrer konföderalen Logik abgerückt. Für die N-VA kann man die gemeinschaftspoltitischen Gegensätze nur ausblenden, indem man wirtschafts- und sozialpolitisch einen knallharten rechten Kurs fährt. Auf frankophoner Seite ist die MR aber die einzige, die für eine solche Politik den Kopf hinhalten muss.
Redefreiheit für Rechtspopulisten
Im frankophonen Landesteil sorgt der französische Publizist und Rechtspopulist Eric Zemmour für Diskussionsstoff. Man könnte ihn mit Abstrichen als den frankophonen Thilo Sarrazin bezeichnen. Er polarisiert vor allem durch umstrittene Aussagen über den Islam. Eigentlich sollte Eric Zemmour in einer Brüsseler Bücherei eine Signierstunde geben. Weil sowohl links- als auch rechtsextreme Gruppierungen Kundgebungen angekündigt hatten, machte der Veranstalter aber einen Rückzieher.
La Libre Belgique hält das für das falsche Signal. Es gibt bestimmt gute Gründe, mit Eric Zemmour nicht einverstanden zu sein. Er befeuert Hass und Ausgrenzung. Ihn auszuladen ist aber bedauerlich. Damit gibt man nur den Extremisten nach, für den Autor ist das außerdem noch eine Werbung, die er nicht verdient. Hier kann man nur Voltaire zitieren: Ich bin nicht einverstanden mit dem, was Sie sagen, aber ich würde bis zum Äußersten dafür kämpfen, dass sie es sagen dürfen.
Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA