"427 Gerettete", titelt Het Laatste Nieuws. "Aber nicht jeder hatte so viel Glück", fügt das Blatt gleich hinzu. Beim Brand des Fährschiffs Norman Atlantic zwischen Griechenland und Italien sind nach dem derzeitigen Stand der Dinge zehn Menschen ums Leben gekommen, Dutzende werden noch vermisst.
Einige Blätter bringen Augenzeugenberichte von Überlebenden: "Meine Schuhe sind geschmolzen, aber ich lebe noch", sagt ein Mann aus Hasselt auf Seite eins von Het Belang Van Limburg und Het Nieuwsblad. "Sie hatten uns schon darum gebeten, Abschied zu nehmen", berichten auch drei LKW-Fahrer aus Antwerpen auf Seite eins von Gazet Van Antwerpen.
Comeback des Grexit
Griechenland steht aber auch noch aus einem anderen Grund in den Schlagzeilen. "Griechisches Drama", titelt De Standaard. Im Parlament in Athen ist die Wahl eines neuen Staatspräsidenten gescheitert. Der Kandidat der Regierung bekam nicht die erforderliche Mehrheit. Konsequenz: Jetzt stehen Neuwahlen an. Umfragen zufolge liegt die linksgerichtete Syriza-Partei in Führung. Deren Galionsfigur, Alexis Tsipras, verspricht, den radikalen Sparkurs zu beenden. Allerdings: Die internationalen Geldgeber - allen voran EU und IWF - wollen nicht über die bisherigen Vereinbarungen verhandeln. "Und da ist sie wieder: die Eurokrise", steht denn auch in Blockbuchstaben auf Seite eins von De Morgen. La Libre Belgique ist nüchterner: "Griechenland bedroht wieder die europäische Stabilität" schreibt das Blatt auf Seite eins.
Das Wort "Grexit" hatten wir ja fast schon vergessen, bemerkt dazu Het Laatste Nieuws. In diesem Jahr wurde es von Begriffen wie "Kamikaze-Koalition" oder "Blackout" verdrängt. Jetzt stellen wir aber fest: Die Probleme verschwinden nicht, nur weil man nur darüber nicht mehr spricht. Viele Griechen sind inzwischen buchstäblich am Ende. In Anlehnung an das Fährdrama kann man nur sagen: Man hilft einem Überlebenden, indem man ihn in ein Rettungsboot hievt, jedenfalls nicht, indem man ihn weiterstrampeln lässt.
Helfen statt fürchten
Der "Grexit" also der mögliche Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone, ist plötzlich wieder ein Thema geworden, konstatiert auch De Morgen. Prompt stürzt die Athener Börse ab und bombardieren zahllose europäische Verantwortungssträger die Griechen mit der Warnung, doch bloß nicht der extrem linken Syriza-Partei ihre Stimme zu geben. Hat sich mal einer die Frage gestellt, warum die Menschen diese Partei wählen wollen? Inzwischen sagen ja auch namenhafte Ökonomen, dass die von der EU verordnete Rosskur die griechischen Probleme eher noch verschärft hat. Die EU wird ihre Legitimität jedenfalls nicht steigern, wenn sie an ihrem blinden Sparkurs festhält.
Europa sollte Griechenland helfen statt es zu fürchten, findet auch La Libre Belgique. Auch ein Alexis Tsipras wird einsehen müssen, dass er im Grunde keine andere Wahl hat, als die Bedingungen der Geldgeber zu akzeptieren. Europa muss seinerseits verstehen, dass man den Griechen endlich eine vernünftige Perspektive geben muss.
Alle zusammen werden einen politischen Routenplaner auspacken müssen, rät Het Nieuwsblad. Über das Ziel darf kein Zweifel bestehen: Griechenland muss wieder auf die Beine kommen, auch finanziell. Über die Route dahin kann man allerdings diskutieren. Dabei sollte auch die EU ihre bisherige Politik einmal selbstkritisch hinterfragen. In jedem Fall muss es da einen Verhandlungsspielraum geben.
Zumal sich die makroökonomischen Rahmenbedingungen verändert haben, bemerkt auch L'Echo in seinem Leitartikel. Die Inflation ist quasi auf dem Nullpunkt, zugleich lässt das Wachstum auf sich warten. Das ist Grund genug, um die Griechenland-Politik zu überdenken. Das würde nicht nur in Griechenland den Vormarsch von radikalen Parteien stoppen, sondern auch den Populisten, die anderswo in Europa von der Krise profitieren, das Wasser abgraben.
Vertrauen
Die eher mauen Wirtschaftsaussichten lassen jedenfalls auch die Belgier nicht optimistisch in die Zukunft blicken. Het Belang Van Limburg verweist auf eine Studie des Zeitarbeitsunternehmens Randstad. Demnach glaubt in Belgien nur einer von drei Arbeitnehmern, dass das nächste Jahr besser wird. Dabei gibt es eigentlich keinen Grund für diesen Pessimismus, konstatiert Het Belang Van Limburg in seinem Leitartikel. Die Ölpreise sind niedrig, was den Unternehmen mehr Spielraum gibt. Der etwas schwächere Euro-Kurs befeuert zudem die Exportwirtschaft. Warum sind wir doch so pessimistisch? Das hat wohl vor allem mit mangelndem Vertrauen zu tun. Vertrauen ist äußerst subjektiv. Hier muss denn auch die Regierung ansetzen: Vertrauen schaffen durch klare Kommunikation und kohärente Politik. Das ist die erste Priorität im Neuen Jahr.
Halbgare Reform
Eine Neuerung ab dem ersten Januar wird auch die zeitliche Befristung der so genannten Eingliederungszulage sein. Diese Hilfen waren für Menschen bestimmt, die nicht lang genug gearbeitet haben, um in den Genuss von Arbeitslosenunterstützung zu kommen. Nach einem Beschluss der Regierung Di Rupo läuft diese Eingliederungszulage nach drei Jahren aus.
Le Soir warnt in seinem Kommentar vor den Auswirkungen der Reform. Die Maßnahme kommt zu früh. Alle Beteiligten sind noch nicht ausreichend vorbereitet. Unklar ist sogar, wie viele Menschen übermorgen aus dem System herausfallen. Das kann im Grunde nur schief gehen.
Banken-Hitparade
Le Soir und De Standaard beschäftigen sich heute mit den Sparprodukten der Banken. Le Soir bringt sogar eine "Hitparade der Sparbücher". Das Fazit: Die großen Banken sind eindeutig die schlechten Schüler, schreibt die Zeitung. Bei den Großen bekommt man am wenigsten.
"Und der Unterschied wird nur noch größer", hat De Standaard herausgefunden. "Wer bei Preisbrechern sein Geld anlegt, erzielt starke Vorteile", so die Schlagzeile. "Die Renditen bei kleinen Banken sind um bis zu acht Mal günstiger als bei den Bigplayern", schreibt auch Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Bild: Marina Militare/AFP