"Lichtblick an der sozialen Front", titelt Le Soir. "Teures Weihnachtsgeschenk", meint Het Nieuwsblad, "der Sozialfriede kostet 100 Millionen Euro". "Die Regierung stimmt dem Abkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften zu", hält L'Echo auf Seite eins fest.
"Der Sozialfriede hat unter dem Weihnachtsbaum Platz gefunden", erklärte Premierminister Charles Michel am Dienstag nach Abschluss der letzten Ministerratssitzung des Jahres. Das Kabinett hat den Kompromiss der sogenannten Zehnergruppe aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern abgesegnet. Der sieht unter anderem eine zeitweilige Lockerung der Bedingungen für die Frührente sowie für die Rente in besonders anstrengenden Berufen vor.
Wunderkerzen statt Rauchbomben
Die Regierung Michel beendet das Jahr auf einer positiven Note, bemerkt Le Soir. Indem sie dem Kompromiss der Sozialpartner zugestimmt hat, zeigt auch die Koalition, dass sie bereit ist, Wasser in ihren Wein zu schütten. Die Regierung hat damit den ersten Schritt getan und beweist, dass es Verhandlungsspielraum gibt. Zu Beginn des neuen Jahres starten die Tarifverhandlungen, die diesmal besonders schwierig werden dürften. Unter anderem, weil der Indexsprung weiterhin ein Tabuthema bleibt: Für die Gewerkschaften unannehmbar, für die Arbeitgeber unumgänglich und für die Regierung unverhandelbar. Nicht nur inhaltlich punktet die Regierung in diesen Tagen, sondern auch personell. Le Soir stellt vor allem Arbeitsminister Kris Peeters, Premier Charles Michel und Außenminister Didier Reynders ein gutes Zeugnis aus. Gelobt wird auch die Arbeit der beiden N-VA-Minister Jan Jambon und Theo Francken: Sie haben sich keine neuen Patzer geleistet und gehen offen auf die Frankophonen zu.
De Morgen meint: Die "Waffenruhe" zu Weihnachten war nur möglich, weil die Gewerkschaften in den vergangenen Wochen ihre Muskeln haben spielen lassen. L'Avenir spricht vom zerbrechlichen "Weihnachtsfrieden". Arbeitgeber, Gewerkschaften und Regierung: Sie alle können nun Weihnachten feiern und statt Rauchbomben Wunderkerzen anzünden.
"Das dicke Ende kommt erst im März", prophezeit unterdessen De Standaard. Im Frühjahr will die Föderalregierung ihren Haushalt nachbessern. Erst dann wird deutlich werden, wieviel Spielraum es für den Sozialdialog tatsächlich gibt. Scheitern die Verhandlungen, dann wird dem Kabinett nichts anderes übrig bleiben, als sein Koalitionsprogramm durchzuboxen. Vizepremierminister Peeters und seine CD&V, die sich gerne als Brückenbauer profilieren würden, müssten dann mitmarschieren.
Weniger "anti" und mehr "pro"
La Libre Belgique findet: Das Land braucht weniger Raymondes, dafür mehr Malalas. Raymonde war ja die Gewerkschaftsdelegierte der FGTB, die beim Generalstreik in Namur Arbeitswillige anging, Kleidungsstücke aus den Regalen riss und durch die Gegend warf. Die 17-jährige Pakistanerin Malala hingegen hat den Friedensnobelpreis bekommen, nachdem sie von Islamisten beinahe ermordet wurde, weil sie sich für die Rechte von Frauen in ihrer Heimat einsetzte.
Belgien ist in diesen Tagen politisch so tief gespalten wie seit langem nicht mehr. Wie konnte es überhaupt so weit kommen?, fragt sich Gazet van Antwerpen. Vielleicht waren wir 2014 zu sehr "anti" und nicht genug "pro". Die N-VA ist gegen die PS, die Gewerkschaften sind gegen die Sparmaßnahmen der Regierung und legen das Land lahm. Wir sollten im kommenden Jahr anders handeln und Alternativen vorschlagen, anstatt immer auf Konfrontation zu setzen. Genauso sieht es Het Belang van Limburg: Wir sollten mit mehr Optimismus in die Zukunft blicken.
Het Laatste Nieuws stimmt nachdenklichere Töne an: Die Hauptsorge vieler Menschen heute ist, ob sie alle Geschenke besorgt haben und ob das Festessen rechtzeitig auf den Tisch kommt. Das gilt aber nicht für diejenigen von uns, die sich weder das Eine noch das Andere leisten können. Aus diesem Grund fordert die Zeitung, sich auf die wahren Werte von Weihnachten wie Liebe, Glück und Mitgefühl zu besinnen.
Frohe Weihnachten!
Laut einer Umfrage von La Dernière Heure sind wir Belgier ausgesprochene Familienmenschen. Vor allem Frauen und Jugendliche legen besonderen Wert auf die Familienbande. 80 Prozent der Befragten erklären, mehr Zeit mit ihren Lieben verbringen zu wollen. Die Belgier schätzen besonders langjährige Traditionen und mögen es gar nicht, wenn etablierte Routinen verändert werden, wie etwa der feste Platz für jedes Familienmitglied am Esstisch daheim.
Einen ungeplanten Heiligabend über den Wolken werden 257 Belgier verbringen. Wegen einer Flugzeugpanne verzögerte sich ihr Rückflug aus der Karibik um einen Tag, so landen sie erst heute Nacht in Zaventem. Der Reiseveranstalter verspricht aber in Het Laatste Nieuws, für ein zünftiges Weihnachtsfest im Flieger zu sorgen. Und obendrauf gibt es natürlich eine finanzielle Entschädigung, damit es doch noch ein gutes Fest wird.
Das ganze Team des BRF-Studios in Brüssel wünscht Ihnen frohe Weihnachten.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)