Charles Michel auf fast allen Titelseiten: Am Tag nach dem großen Generalstreik ist der Premierminister am Dienstag in die Offensive gegangen. am Dienstagmorgen rief Michel seine Minister zur Ordnung auf. Am Abend dann ein großes Fernsehinterview mit dem Sender RTL-TVi.
Die Erklärungen des Premierministers lassen einen perplex zurück, findet Le Soir. Wie sich die Demonstrationen und Streiks des vergangenen Monats auf das Regierungsabkommen auswirken, blieb unerwähnt. Der Indexsprung kommt, eine Steuerreform auch, aber später. Wie sie genau aussehen soll, wird nicht präzisiert. Und der Tax-Shift? Er wurde mit keinem Wort erwähnt, analysiert Le Soir.
Ein großer, charismatischer Führer wird Charles Michel nie werden, meint De Standaard. Er wurde Regierungschef, weil N-VA und CD&V verzichteten. Für seine Partei und für die N-VA hat er einen wichtigen Auftrag: Er soll beweisen, dass man ohne die PS regieren kann. Für das Land gibt es einen anderen Auftrag: Michel muss beweisen, dass dieses Land zu tiefgreifenden Reformen fähig ist. Bei den Renten, der Lohngestaltung, dem Arbeitsrecht, der Sozialen Sicherheit und dem Steuerwesen. Wenn er es schafft, damit unser Land auf eine wirtschaftlich gute Bahn zu bringen, kann er doch noch in die Geschichtsbücher eingehen, meint De Standaard.
Regierung ist nicht glaubwürdig
De Morgen analysiert: Diese Regierung kämpft noch mit strukturellen Problemen. Im französischsprachigen Landesteil vertritt sie nur eine Minderheit. Dieses Glaubwürdigkeitsproblem wird in Flandern unterschätzt. Viel schlimmer ist jedoch, dass auch die Rhetorik dieser Regierung nicht länger glaubwürdig ist. Man kann nicht sagen, dass es keine Alternative zur aktuellen Politik gibt, wenn internationale Organisationen das Gegenteil empfehlen. Für die OECD und den IWF benachteiligt die hohe Steuerlast auf Arbeit unsere Wettbewerbsfähigkeit. Mit einem Tax-Shift hin zu Vermögen, Konsum und Umweltverschmutzung könnte das wieder ausgeglichen werden. Wenn das einzige Gegenargument ist, dass davon nichts im Regierungsabkommen steht, dann ist das ziemlich schwach, meint De Morgen.
Regierung muss sich endlich einig werden
"Was will die Regierung eigentlich?", fragt Het Belang van Limburg. So lange sie in Zeitungsinterviews und Fernsehauftritten Uneinigkeit verbreitet, werden die Gewerkschaften denken, dass noch etwas zu holen ist. Dass Premierminister Michel die Mehrheitsparteien zu einer vorsichtigeren Kommunikation aufgerufen hat, ist ein erster Schritt. Der zweite Schritt muss schnell folgen. Die Regierung muss sich endlich einig werden, wie sie ihre Aufgaben anpacken will. Sie hat zwei Möglichkeiten: Entweder hält sie sich strikt an das Koalitionsabkommen. Dann wird das für noch mehr Gewerkschaftsprotest sorgen. Oder sie geht auf einige Forderungen der Gewerkschaften ein. Kommt die Vermögenssteuer, dann gibt es keine Unterstützung mehr für weitere Gewerkschaftsproteste, meint Het Belang van Limburg.
Het Laatste Nieuws findet hingegen: Mehr noch als eine Vermögenssteuer ist Arbeiten bis 67 die wahre Herausforderung für die Regierung Michel. Jeder weiß, dass es nicht anders geht. Aber niemand hat Lust darauf. Die Regierung muss tun, was sie tun muss. Gleichzeitig muss sie aber auch dafür sorgen, dass die Menschen die Maßnahmen als tragbar empfinden, denkt Het Laatste Nieuws.
Unbegreifliche Tat
Einige Zeitungen kommentieren das Massaker der Taliban in einer Schule in der pakistanischen Stadt Peshawar. 132 Kinder kamen dabei ums Leben. Die Taliban begründen ihre Tat als "Akt der Vergeltung".
Das ist nicht zu begreifen, findet Gazet van Antwerpen. Was haben Kinder mit einem Gotteskrieg zu tun? Welche Fehler haben sie gemacht? Welche Verantwortung tragen sie in einem Konflikt zwischen Terroristen und Militär? Was wir in Afghanistan mit den Taliban und Al-Qaida und dem Islamischen Staat in Syrien und dem Irak erleben, zeigt, dass wir es nicht mehr mit normalen Menschen zu tun haben. Sie sind durch ihren religiösen Fanatismus so verblendet, dass sie jegliches Mitgefühl verloren haben. Das Einzige, was für sie zählt, ist, Ungläubige abzuschlachten - je grausamer, desto besser. Wie man diesen abscheulichen Bildern ein Ende bereiten kann, weiß vorerst niemand. Für jeden getöteten oder gefangengenommenen Terroristen stehen mindestens zwei neue Fanatiker bereit, um als Märtyrer in ihre Fußstapfen treten zu können, so Gazet van Antwerpen.
Für Het Nieuwsblad zeigt das Drama in Pakistan noch einmal, wie verzerrt unser Bild des radikalen Islamterrors ist. Meistens denken wir an Madrid, London oder New York - also dann, wenn Menschen hier im Westen Opfer eines Terroranschlags werden. Meistens spielt sich der Terror jedoch außerhalb unseres Blickfelds ab, und die Opfer sind öfter Muslime als andere. Seien es Selbstmordattentäter auf einem Markt in Bagdad oder Militante des Islamischen Staates auf Raubzug in Syrien oder Entführungen von christlichen und muslimischen Mädchen durch Boko Haram in Nigeria. Nur wenn die Aktionen besonders spektakulär und die Zahl der Toten besonders hoch sind, bekommen sie unsere Aufmerksamkeit, kommentiert Het Nieuwsblad.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)