"Belgien schließt sechzig geheime Steuerdeals ab", titelt heute De Standaard. Unser Land hat Vereinbarungen mit multinationalen Konzernen getroffen, inwieweit ihre Gewinne steuerlich belastet werden. Über den genauen Inhalt herrscht bislang peinliches Schweigen. Dazu meint die Zeitung: Nicht nur der LuxLeaks-Skandal, sondern auch sein belgisches Gegenstück scheint viel schlimmer zu sein als vermutet. Die öffentliche Meinung muss die Politik unter Druck setzen. Die erste Forderung ist Transparenz. Solche geheimen Absprachen darf es nicht geben. Die zweite Forderung ist Fairness, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Sowohl bei den Sparmaßnahmen als auch bei den Steuergesetzen.
Die Proteste vom 06. November hatten ein klares Signal gegeben. Die Politik ist nicht fair, nicht ehrlich und nicht gerecht genug. Diese Botschaft ist mittlerweile untergegangen. Die Gewerkschaften haben die Sache an sich gerissen und mit ihren politischen Streiks vermasselt. Mitte des Monats ist dieser Blödsinn vorbei. Dann kann die wahre Botschaft wieder in den Vordergrund gerückt werden. Und die lautet: Es ist nicht fair, nicht gerecht und nicht ehrlich, dass reiche Familien und große multinationale Konzerne steuerliche Vergünstigungen erhalten. Es ist nicht ehrlich, gerecht und fair, dass vor allem die Menschen, die von einem Lohn oder Sozialleistungen leben, kürzer treten müssen. Es ist nicht fair, gerecht und ehrlich, dass derjenige, der sein Geld mit Arbeit verdient, viel abgeben muss und derjenige, der sein Geld mit der Arbeit der anderen oder seinem Vermögen verdient, nichts bezahlen muss. Die Regierung, ob Mitte-Rechts oder nicht, muss das wieder geradebiegen. Und das heißt: Tax Shift, meint De Standaard.
Bahn muss mit Pünktlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit überzeugen
Einige Zeitungen kommentieren den heutigen Streik bei der Bahn, zu dem die unabhängige Lokführergewerkschaft SACT aufgerufen hat. Sie will eine Harmonisierung der Prämien und eine Anpassung der Gehaltsbarema. Dazu meint L'Echo: Die Situation ist heute so, dass die Zug-Pendler hilflos sind. Es könnte sein, dass sie sich vom Transportmittel Zug abwenden. Dabei trägt die Bahn dazu bei, die Umweltverschmutzung zu verringern und unsere Straßen zu entlasten. Die belgische Bahn muss die Pendler mit Pünktlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit überzeugen. Der Zeitpunkt für einen Streik ist daher unpassend. Die SNCB muss erhebliche Einsparungen vornehmen. Jetzt so zu tun, als ob nichts wäre und die Brieftasche zu öffnen, wäre deplatziert.
Ähnlich sieht es auch La Libre Belgique. Der Streikaufruf zeigt, dass es innerhalb dieses strategisch wichtigen Unternehmens keine vernünftige Konzertation gibt. Die häufigen Streiks schwächen die SNCB, sowohl finanziell als auch in punkto Image. Das ist bedauerlich. Sie könnte eine wichtige Rolle spielen in einem Land, in dem die Straßen jeden Morgen und jeden Abend überfüllt sind. Das geht aber nur, wenn die SNCB finanziell gesund und zuverlässig ist. Dazu bedarf es eines sozialen Friedens im Unternehmen, der nicht an der kleinsten Forderung oder Frustration zerbricht, meint La Libre Belgique.
In Belgien fehlen stabile Rahmenbedingungen
Het Belang van Limburg kommentiert den Streik im Steinkohlekraftwerk Genk-Langerlo am Mittwoch. 120 Arbeitnehmer hatten die Arbeit niedergelegt. Das Kraftwerk musste abgeschaltet werden. Die Arbeitnehmer sind besorgt um ihre Zukunft, weil Besitzer E.ON die Zentrale verkaufen will. Die Zeitung nimmt den Streik zum Anlass, ein generelles belgisches Problem anzusprechen. In unserem Land herrscht Unsicherheit. Langfristige stabile gesetzliche Rahmenbedingungen fehlen. Das schreckt Investoren ab. Unsere Politiker lassen sich zu oft von der Hysterie des Tages anstecken. Das gilt sowohl für die Politiker der Mehrheit als auch für die der Opposition. Wir brauchen mehr langfristige Politik und Rechtssicherheit, meint Het Belang van Limburg.
USA treten Rechtsstaat mit Füßen
De Morgen erinnern die Foltermethoden des US-Geheimdienstes CIA an den Holocaust. Der Wegfall von Verantwortung durch lange Befehlsketten, die Bürokratisierung von Sadismus, die Entmenschlichung von Verdächtigen - das alles hatte schon vor einem Dreivierteljahrhundert den Nazi-Terror möglich gemacht. Natürlich hinkt der Vergleich. Aber die unbeschreiblichen Taten der CIA sollten zumindest ins Bewusstsein bringen, wie eine führende Demokratie wie die Vereinigten Staaten die Grenzen des Rechtsstaates mit Füßen tritt. Es ist erstaunlich, wie schnell Barack Obama Prinzipien über Bord geworfen hat. Die Hoffnung einer ganzen Nation und eines großen Teils der Welt ruhte auf seinen Schultern, als er vor sechs Jahren sein Amt antrat. Damals schien es, als könnte er, genau wie Kennedy, Reagan oder Clinton, eine ganze Generation beeinflussen. Insgesamt ist da nicht viel draus geworden, so De Morgen.
Le Soir meint vor demselben Hintergrund: In punkto Menschenrechte ist Belgien auch nicht ganz frei von Schuld. Über das Verhalten belgischer Polizisten könne man sicherlich streiten. Auch die überfüllten Gefängnisse sind eine Schande. Und wegen der Ausweisung von Nizar Trabelsi in die USA ist Belgien vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerade erst bestraft worden.
Archivbild: Nicolas Lambert (belga)