"Katholische Kirche vor Kurswechsel?", fragt De Morgen auf seiner Titelseite. Erzbischof André-Joseph Léonard will so schnell wie möglich in Rente gehen. Im Mai kommenden Jahres, zu seinem 75. Geburtstag, wird er dem Vatikan sein Rücktrittsgesuch einreichen.
Wie Léonard der Zeitung erklärt, hofft er, dass sein Amt nicht verlängert wird. "Niemand auf Erden ist unentbehrlich", so der Erzbischof wörtlich. Léonard würde künftig gerne als Priester in einem Wallfahrtsort arbeiten - am liebsten in Frankreich.
Die Flucht nach vorn hat gute Gründe, bemerkt das Blatt. Die Ansichten des konservativen Erzbischofs stimmen überhaupt nicht mit denen von Papst Franziskus überein. Léonard hatte ja mit umstrittenen Äußerungen unter anderem zu Homosexualität und AIDS für Empörung gesorgt.
Als mögliche Nachfolger werden der Lütticher Bischof Jean-Pierre Delville und sein Antwerpener Kollege Johan Bonny genannt. Der hatte die Katholische Kirche vor kurzem zu mehr Offenheit aufgerufen. Beobachter sind sich einig, dass nach dem Rücktritt von Erzbischof Léonard ein frischer Wind durch die Kirche wehen wird.
Bröckelt die Gewerkschaftsfront?
Viele Zeitungen kommen auf den dritten regionalen Streiktag Montag in Brüssel und Brabant zurück. Auch wenn die Gewerkschaften ihre Streikposten als Erfolg bewerten, ist L'Avenir deutlich nüchterner.
Man hat deutlich sehen können, dass die Streikbereitschaft abnimmt, schreibt die Zeitung. Viele Geschäfte in der Hauptstadt waren geöffnet, zahlreiche Gewerbegebiete in Flämisch-Brabant problemlos erreichbar. Außerdem nehmen die Spannungen zwischen Streikenden und Menschen, die arbeiten wollen, zu.
La Dernière Heure bezeichnet die Gewerkschaftsdemo in Wavre, der Heimatstadt von Premierminister Charles Michel, gar als Flopp. Nur wenige hundert Demonstranten waren gekommen - angekündigt worden war dagegen ein Monsteraufgebot von rot-grün-blauen Protestlern.
Die CGSP, die sozialistische Gewerkschaft im öffentlichen Dienst, schaltet unterdessen einen Gang höher, berichtet Le Soir. Noch vor dem Generalstreik am 15. Dezember hat sie eine Streikankündigung hinterlegt - und zwar auf unbegrenzte Dauer. Jede Protestaktion im öffentlichen Dienst und in Staatsbetrieben wie der Bahn sei damit gedeckt.
Die Entscheidung der CGSP sorgt für Erstaunen, auch in Gewerkschaftskreisen. L'Avenir stellt sich sogar die Frage, ob die Gemeinschaftsfront der drei großen Gewerkschaften gerade dabei ist, zu bröckeln. Das Vorgehen der CGSP geht einigen Gewerkschaftsanhängern eindeutig zu weit, konstatiert das Blatt.
Kompromissbereitschaft gefordert
Het Nieuwsblad findet: Beide Seiten müssen sich jetzt aufeinander zu bewegen. Die Gewerkschaften müssen auf die Frage antworten: "Wo wollen wir eigentlich hin?". Von ihrer Maximalforderung, dass die Regierung alle geplanten Reformen kippen soll, müssen sie absehen. Schließlich hat das Mitte-Rechts-Bündnis eine demokratische Mehrheit in der Kammer und hat das Recht Entscheidungen zu treffen, die den Gewerkschaften nicht gefallen.
Die Regierung wiederum muss sich fragen, wie viel ihr der soziale Frieden wert ist. Die Koalition sollte ernsthaft darüber nachdenken, welche Ecken und Kanten des Regierungsprogramms abgerundet werden können. Ohne Einlenken beider Seiten drohen wir, immer tiefer in die Sackgasse einzudringen, denkt Het Nieuwsblad.
De Morgen fordert die Regierung auf, endlich für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen. Einer aktuellen Umfrage zufolge sind 84 Prozent der Belgier für die Einführung einer Kapitalertragssteuer. Worauf wartet das Kabinett eigentlich noch?, fragt sich die Zeitung. Eine solche Vermögenssteuer könnte zudem das aprobate Mittel sein, um den Zorn der Gewerkschaften zu besänftigen.
Het Belang Van Limburg meint: Liebe Gewerkschaften, beendet eure Streiks! Sorgt lieber dafür, dass die Regierung Michel schrittweise eine gerechte Steuerreform durchführt ,und übt Druck auf die EU-Kommission aus, damit in Europa ein Mindestmaß an gemeinsamer Steuergesetzgebung zu Stande kommt. Den ungerechten Steuerdeals à la Luxleaks muss ein Ende bereitet werden, findet auch Het Laatste Nieuws.
Geeinte Grüne und Belgier im Irak?
La Libre Belgique begrüßt das Vorhaben der Grünen, künftig über die Sprachgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten und sich als nationale Partei zusammenzuschließen. Groen! und Ecolo bilden derzeit schon im föderalen Parlament eine gemeinsame Fraktion. Das braucht unser Land, meint die Zeitung: Bundestreue, einen erwachsenen Föderalismus und Teilstaaten, die zusammenarbeiten können.
Wie Le Soir berichtet, könnten schon bald belgische Soldaten als Ausbilder im Irak eingesetzt werden. Die USA haben eine entsprechende Anfrage an unsere Armee gestellt. Das Kernkabinett wird sich mit der Frage befassen müssen und gegebenenfalls zustimmen. Die Rede ist laut Le Soir von 50 belgischen Ausbildern, die die irakischen Streitkräfte im Kampf gegen die Terrorgruppe IS beraten und weiterbilden sollen.
Bild: Dirk Waem (belga)