"Béatrice hatte die Hände gefesselt und eine Kordel um den Hals", titeln L'Avenir und Het Laatste Nieuws. "Béatrice gefesselt und gewürgt", so auch die Schlagzeile von Het Belang Van Limburg.
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute mit dem tragischen Tod der 14- jährigen Béatrice Berlaimont aus Arlon. Das Mädchen war am 21. November spurlos verschwunden. Zehn Tage später, am vergangenen Montag, wurde sie in einem Waldstück tot aufgefunden. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft von Arlon hat bislang noch keine Einzelheiten über die genauen Todesumstände bekanntgegeben. La Libre Belgique spricht denn auch von einem "Rätsel". Viele Zeitungen haben aber aus gut unterrichteten Quellen erfahren, dass alles auf ein Gewaltverbrechen hindeutet.
Eine Spur im Fall Béatrice?
Das bringt De Morgen zu einer doch beängstigenden Schlagzeile: "Wandelt wieder ein Dutroux durch die Ardennen", schreibt die Zeitung auf Seite eins. Gewisse Parallelen liegen jedenfalls auf der Hand, wie Le Soir hervorhebt. Einige Protagonisten in dieser Akte kennt man schon aus den Zeiten der Dutroux-Affäre: Der ermittelnde Untersuchungsrichter ist auch diesmal Jaques Langlois. Die zuständige Staatsanwältin von Arlon ist Sarah Pollet, sie war in der Vergangenheit eine der Anwälte der Dutroux-Ex-Frau Michèle Martin.
Wie Het Nieuwsblad berichtet, gibt es aber anscheinend eine erste Spur: "Die Justiz fahndet nach einem Mann in Armeekleidung", so die Schlagzeile. Offenbar haben Zeugen in dem Waldstück, wo man Béatrice gefunden hat, einen "Sonderling" gesehen, schreibt die Zeitung. Demnach haben die Justizbehörden auch schon ein Phantombild des Mannes anfertigen lassen. Besonders seltsam ist der Umstand, dass besagtes Waldstück gleich nach dem Verschwinden des Mädchens schon einmal durchsucht worden war, ohne Ergebnis. Deswegen gehen die Ermittler davon aus, dass die Leiche wohl am Wochenende dort hingebracht worden ist, wie L'Avenir berichtet.
Medien auf dünnem Eis?
Das Ganze hält jedenfalls in Arlon alle Welt in Atem: "Wir würden ja gerne trauern, es ist aber unmöglich", sagen die Eltern von Béatrice auf Seite eins von La Dernière Heure. Pikantes Detail: Het Laatste Nieuws bringt Fotos der Eltern, auf denen diese unkenntlich gemacht wurden, offenbar auf deren ausdrücklichem Wunsch hin. La Dernière Heure zeigt die Eltern auf Seite eins ohne Verpixelung oder schwarzen Balken.
Für die Medien ist ein solcher Fall eine heikle Gratwanderung, bemerkt L'Avenir in seinem Leitartikel. Auf der einen Seite müssen Journalisten informieren, auf der anderen Seite gilt es, die Gefühle der Beteiligten, vor allem die der Familie, zu respektieren. Der eine oder andere sollte jedenfalls der Versuchung widerstehen, den Fall zum Spektakel auszuschlachten und am Ende gar die Dämonen der Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Jetzt bedarf es Worte aber vor allem Stille.
Anerkennung Palästinas?
"Belgien bereitet die Anerkennung Palästinas vor", titeln De Standaard und Le Soir. Demnach würde Belgien das zweite Land in Europa, das den Palästinenserstaat offiziell anerkennt. Bislang haben weltweit 135 Staaten das getan, in Westeuropa gilt das aber nur für Schweden. In Großbritannien, Spanien und am Dienstag auch in Frankreich haben immerhin die Parlamente die jeweilige Regierung aufgerufen, Palästina als regulären Staat zu betrachten.
Belgien hätte damit die Zeichen der Zeit richtig erkannt, glaubt Le Soir in seinem Leitartikel. Es kann doch nicht sein, dass Israel auf immer und ewig über ein Vetorecht verfügt und den Palästinensern das Recht auf einen eigenen Staat verweigern kann. Und eine Anerkennung Palästinas hätte auch mehr als nur symbolische Bedeutung: Man muss Israel klarmachen, dass die Welt das Status quo nicht mehr akzeptiert.
Firmenwagen: De Wever würgt Debatte ab
In den Kommentaren der flämischen Zeitungen gibt es indes nur ein Thema: die Firmenwagen. Der N-VA-Finanzminister Johan van Overtveldt hatte vor einigen Tagen eine Debatte über Sinn und Unsinn der Bezuschussung von Firmenwagen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Am Dienstag wurde er von seinem Parteichef Bart De Wever zurückgepfiffen: "Über Firmenwagen wird nicht diskutiert", machte De Wever klar.
Damit ist noch einmal deutlich geworden, wer der eigentliche Premierminister ist, bemerkt dazu De Morgen. Ein Satz aus dem Rathaus von Antwerpen reicht, um eine Debatte zu beenden. Ein Mann entscheidet, worüber geredet werden darf. "Wie heißt sie nochmal, fragt sich De Morgen, wie heißt sie nochmal diese Staatsform, in der ein Mensch glaubt, allein über gesellschaftspolitische Debatten befinden zu dürfen?" Die Antwort bleibt der Leitartikler schuldig.
Elektoraler Selbstmord?
Andere Zeitungen bringen ein gewisses Verständnis für die Haltung des N-VA-Chefs auf. De Wever weiß ganz genau, dass das Thema Firmenwagen viel zu heiß ist, glaubt Het Nieuwsblad. Viel zu viele Arbeitnehmer kommen in den Genuss dieses Vorteils. Grund sind vor allem die hohen Lohnnebenkosten in Belgien. Um ihre Mitarbeiter angemessen entlohnen zu können, stellen also viele Unternehmen ihren Personalmitgliedern ein Auto zur Verfügung, oft mit Tankkarte. Wer daran rüttelt, der vergreift sich an der Mittelklasse. Und das ist wahlstrategischer Selbstmord.
Firmenwagen sind in Belgien quasi eine Notwendigkeit, notiert auch Gazet Van Antwerpen. Man kann zwar über Sinn und Unsinn der Formel diskutieren. Klar ist es absurd, angesichts endloser Staus und der umweltpolitischen Herausforderungen Autos zu bezuschussen. Firmenwagen kosten dem Staat immerhin vier Milliarden Euro. Doch muss man eben auch die Hintergründe sehen: Die Lohnnebenkosten sind einfach zu hoch.
Man kann diese Diskussion nur auf breiterer Ebene führen, bemerkt De Standaard. Wer sich allein auf Firmenwagen beschränkt, der macht sich tatsächlich unwählbar. Deswegen muss es bei dieser Debatte auch um eine allgemeine Umverteilung gehen. Beispiel: Vermögenssteuer. Man sollte die Diskussion also nicht "par ordre de Mufti" beenden, sondern sie vielmehr zum Anlass nehmen, über eine wirkliche Steuerreform nachzudenken.
Archivbild: Anthony Dehez (belga)