"Belgien bekommt heute für seinen Haushalt grünes Licht von Europa", schreibt De Morgen. Het Nieuwsblad titelt dagegen: "Die EU-Kommission könnte Belgien bestrafen".
Befindet sich unser Land mit seinem Haushalt genau wie Frankreich und Italien in der Gefahrenzone? Die Einschätzungen der Experten gehen weit auseinander. Einigkeit herrscht allerdings darüber, dass das laufende Budget problematisch ist: Der Fehlbetrag dürfte höher ausfallen als die angestrebten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die EU-Kommission kann sich entweder für ein Defizitverfahren entscheiden oder Belgien mit einem blauen Auge davonkommen lassen. Die Lage in den kommenden Jahren dürfte haushaltstechnisch als wesentlich unproblematischer angesehen werden: Wegen der geplanten Ausgabenkürzungen und der strukturellen Reformen dürfte Finanzminister Johan Van Overtveldt ab 2015 Rückendeckung von Europa bekommen.
"Jambon wäre als Comedian besser aufgehoben"
Die meisten Zeitungen kommen auf die Atoma-Heft-Affäre um Innenminister Jan Jambon zurück. Der Spitzenpolitiker der N- VA hatte ja erklärt, die Koalitionsparteien hätten geheime Absprachen über weitere Staatsreformen getroffen. am Donnerstag ruderte Jambon zurück, seine Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Das mit den Atoma-Notizbüchern sei Humor gewesen, ein Witz. Es gebe keine Geheimabsprachen. Gazet Van Antwerpen meint: Jambon wollte uns also mal wieder nur zum Lachen bringen. Langsam wird es schwierig, den Vize-Premierminister überhaupt noch ernst zu nehmen. Er sollte über eine Karriere als Comedian oder Marktschreier nachdenken. Dann darf er den Menschen den lieben langen Tag lang Geschichten erzählen und sie zum Lachen bringen. Als Minister sollte er das unterlassen, rät Gazet Van Antwerpen.
L'Echo ist das Lachen ebenfalls vergangen - auch wenn die Zeitung den Hintergrund der Polemik lächerlich findet. Dass es in Belgien nach 2019 zu einer weiteren Staatsreform kommen wird, weiß jedes Kind. Die gespielte Entrüstung der Opposition ist völlig überzogen. Das wahre Problem ist aber die N- VA, die sich nicht die Bohne für die Kollateralschäden interessiert, die sie mit Auftritten à la Jambon im französischsprachigen Landesteil verursacht. Die Gelackmeierten sind jedes Mal die frankophonen Liberalen von der MR. Die flämischen Nationalisten liefern der PS und dem Rest der Opposition regelrecht auf dem Silbertablett die Peitsche, mit der sie die MR schlagen können. Le Soir fügt hinzu: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde…
Belgien: Immer Chaos nach Amtsantritt
De Morgen findet: Sei es nun aus strategischem Unvermögen, aus ideologischer Überzeugung, wegen mangelnder Erfahrung oder aus Sturheit: Die Regierung hat sich viele Hindernisse selbst in den Weg gestellt. Het Laatste Nieuws gibt zu bedenken: Jeden Tag ein neuer Brandherd. Am Mittwoch war es Ministerin Galant, am Donnerstag die Herren De Croo und Jambon. Und wer ist heute mit einer neuen Polemik an der Reihe? Die Autorität von Premierminister Charles Michel geht unterdessen im Nebel baden.
La Libre Belgique schreibt: Seit die Regierung im Amt ist, lassen sich die Ungeschicklichkeiten nicht mehr an einer Hand abzählen. Ebenso wie die widersprüchlichen Aussagen der Minister und das Durcheinander in der Koalition. Diese Zeilen hat die Zeitung nicht jetzt geschrieben, sie stammen aus einem Leitartikel vom Januar 2012, einen Monat nach Amtsantritt der Regierung Di Rupo. Den Wirrwarr zum Koalitionsstart hat es auch unter Yves Leterme gegeben. Genauso wie beim Start der ersten Verhofstadt-Regierung, wo die Grünen als Störenfried innerhalb der Mehrheit fungierten. La Libre Belgique meint: Das Durcheinander beim Koalitionsstart ist etwas typisch Belgisches. Allerdings darf es nicht mehr allzu lange andauern. Premierminister Michel muss die Zügel fester in die Hand nehmen.
Juncker: "EU mit neuem Leben erfüllen"
De Standaard und Le Soir bringen ein Interview mit dem neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Er will das Image Europas wieder aufpolieren und dafür sorgen, dass die EU wieder mehr ist als Sparvorgaben und Kontrollbehörde der nationalen Haushalte. "Wir müssen die Union mit neuem Leben erfüllen", erklärt Juncker. In 25 Jahren werde kein einziges europäisches Land mehr der G7-Gruppe der stärksten Wirtschaftsnationen der Welt angehören. "Deshalb müssen wir unsere Kräfte bündeln", so Juncker.
Nach der Lux-Leaks-Affäre verteidigt er die Finanzpolitik seines Landes: Das Großherzogtum hatte keine andere Wahl und musste seine Wirtschaft vor Jahren vielseitiger aufstellen.
Ölpreis auf Talfahrt
Der Ölpreis befindet sich im freien Fall, wie Het Nieuwsblad und L'Echo berichten. Die OPEC-Staaten haben am Donnerstag in Wien beschlossen, die Fördermengen nicht zurückzufahren. Damit dürften die Preise an der Zapfsäule kurzfristig auf Rekordtief bleiben. Insgeheim erhoffen sich die Ölstaaten aber mittelfristig, dass sich die Ölförderung in den USA wirtschaftlich nicht mehr rentiert und dass die Nachfrage nach arabischem Öl dann wieder steigt.
Archivbild: Kristof Van Accom (belga)