"Die N- VA öffnet die Tür für eine Reichensteuer", titelt Het Nieuwsblad. "Die N- VA will eine Steuer auf Börsenmehrwerten, aber nicht für kleine Anleger", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
In die Diskussion um eine Reichensteuer ist Bewegung gekommen. Als Reaktion auf die Großkundgebung der vergangenen Woche hatte insbesondere die CD&V dafür plädiert, die Sparmaßnahmen ausgewogener zu gestalten. Die Gewerkschaften kritisieren ja unter anderem, dass die Anstrengungen im Wesentlichen durch den so genannten "Kleinen Mann" getragen werden. Das Problem: Eine gleichwie geartete Reichensteuer ist nicht im Koalitionsabkommen festgeschrieben. Am Donnerstag in der Kammer deutete der N- VA-Finanzminister Johan Van Overtveldt aber Kompromissbereitschaft an: Die Einführung einer Steuer auf Börsenmehrwerten wäre demnach denkbar; wie Het Nieuwsblad berichtet, müsste die CD&V dafür aber einen hohen Preis zahlen.
"Mittel-Brabant"
Im Mittelpunkt vieler Leitartikel steht ein Vorschlag mehrerer Bürgermeister aus dem Großraum Antwerpen. Die haben eine auf den ersten Blick vielleicht skurril anmutende Idee in den Raum gestellt: Ihrer Ansicht nach sollte die Provinz Antwerpen umgetauft werden in "Mittel-Brabant". Sie führen da gleich mehrere Begründungen an. Erstens: Man will die Provinz nicht auf die Stadt Antwerpen reduzieren und zweitens: Faktisch bekommt die Stadt Antwerpen eine Reihe von Provinzzuständigkeiten, schert also in gewisser Weise aus der Provinz aus, die eigentlich nach ihr benannt ist.
Gazet Van Antwerpen jedenfalls hat sich am Freitag selbst umgetauft: Das Logo auf der Titelseite wurde geändert in "Gazet Van Midden-Brabant". Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Die wenigsten stehen aber der Idee wohlwollend gegenüber; De Morgen etwa fühlt sich an einen Aprilscherz erinnert. "Der Testballon namens Mittel-Brabant ist schon geplatzt", schreibt das Blatt.
Sinn und Unsinn der Provinzen
Het Laatste Nieuws ist in seinem Kommentar besonders bissig: Worüber reden wir hier eigentlich? Hier wollen Politiker eine Provinz umtaufen, wobei doch eigentlich viele gar nichts mehr von der Institution an sich wissen wollen. Mit Ausnahme der Limburger definiert sich niemand über die Provinz, in der er lebt. Was für den Senat gilt, das gilt auch für die Provinzen: Sie gehören abgeschafft. Insofern muss man den Initiatoren der Mittel-Brabant-Idee fast schon wieder dankbar sein, dass sie - wenn auch indirekt - die Diskussion über Sinn und Unsinn der Provinzen wieder angestoßen haben.
De Standaard warnt davor, den Vorschlag einfach nur als Schnapsidee abzutun. Dahinter verbirgt sich nämlich ein durchaus reales Spannungsverhältnis. Große Städte wie Antwerpen oder Gent haben längst eine eigene Dynamik entwickelt. Sie sind faktisch losgelöst von den Provinzen. Dass zulasten ihrer Peripherie, die sozusagen ihrem Schicksal überlassen wird, frei nach dem Motto: Die zwei großen Mäuse bekommen was sie wollen, die kleineren können getrost eingehen.
Gazet Van Antwerpen fühlt sich dennoch an den klassischen "belgischen Surrealismus" erinnert. Im Augenblick ist man gerade in Flandern auf der Suche nach logischen und effizienten Verwaltungsstrukturen. Das treibt die seltsamsten Blüten. In Antwerpen wird bald ein neues Provinzhaus eröffnet, mitten in der Stadt allerdings, die in der Praxis gar nicht mehr zu der Provinz gehört.
Pragmatismus
Auf frankophoner Seite kann sich L'Avenir indes nur wundern. Eigentlich sagt doch der Lateiner: De minimis non curat praetor, der Gesetzgeber kümmert sich nicht um geringfügige Angelegenheiten. Doch was sehen wir? In der Kammer will die N- VA den Kammerausschuss für nationale Verteidigung umbenennen, weil ihr offensichtlich das Wort "national" nicht gefällt. Und in Flandern entbrennt gerade ein Streit um die Provinzen. Städte wie Gent oder Antwerpen bekommen von der flämischen Regierung einen "Sonderweg" ermöglicht. Das Ganze wird als "pragmatische" Vorgehensweise ausgewiesen. Im Namen dieses Pragmatismus kann man viele Dinge in Frage stellen; insofern muss man auf der föderalen Ebene wachsam sein in Bezug auf das, was die flämischen Mehrheitsparteien da sonst noch so planen könnten.
Allgemeinmediziner: Chaos und Notstand
"Allgemeinmediziner: Wir fahren gegen die Wand", so die alarmierende Schlagzeile von Le Soir. Das Blatt hat eine Bestandsaufnahme einsehen können. Zentrale Frage darin: Wie viele Allgemeinmediziner stehen heute und in den nächsten Jahren zur Verfügung? Die Schlussfolgerung: Es werden auf Dauer zu wenige sein. Das dürfte ein neues Argument für die Medizinstudenten sein, die gerade protestieren, weil es nicht ausreichend Zulassungsnummern gibt, meint Le Soir.
"Wer ist schuld an den Schlamassel?", fragt sich das GrenzEcho in seinem Leitartikel. Jedenfalls nicht die föderale Gesundheitsministerin Maggie De Block. Am Pranger steht vielmehr vor allem die Französische Gemeinschaft. Im Gegensatz zu den flämischen Kollegen ist es den Frankophonen nicht gelungen, den föderalen Numerus clausus durch eine geeignete Zulassungsbeschränkung umzusetzen. Das Problem der INAMI-Nummern im frankophonen Landesteil ist hausgemacht.
Le Soir schlägt in dieselbe Kerbe: Die Medizinstudenten sind im Grunde die Geiseln einer blinden Politik in der Französischen Gemeinschaft. Das frankophone Unterrichtswesen kann nicht mehr auf Teufel komm heraus Ärzte ausbilden. Es bedarf eines wirklichen Numerus clausus, wie auch immer der in der Praxis aussehen soll. Allerdings darf sich der Föderalstaat der Bestandsaufnahme auch nicht verschließen. Wenn es erwiesenermaßen zu wenige Hausärzte gibt, dann muss man seine Dogmen auch mal über Bord werfen können.
Lektion nicht gelernt?
"Dritte Pädophilie-Affäre innerhalb zwei Wochen", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Nach dem Wirbel um die Priester von Middelkerke und Hooglede wird das Bistum von Brügge von einem dritten Skandal erschüttert. Auch diesmal steht der Vorwurf im Raum, dass Bischof Jozef De Kesel das Thema Pädophilie nicht ernst nimmt. "Der Bischof konnte eingreifen, er tat es aber nicht", so die anklagende Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Die Kirche hat ihre Lektion nicht gelernt, wettert De Morgen in seinem Leitartikel. Het Nieuwsblad ist etwas nuancierter: De Kesel hat möglicherweise versucht, das Bestmögliche zu tun. Gelungen ist es ihm aber nicht.
Archivbild: Adam Ihse (afp)