"Reichensteuer spaltet die Regierung", titelt De Standaard. "Steuer auf Kapitaleinkünfte: MR öffnet die Tür", heißt es bei Le Soir. "Zwei Milliarden Euro durch Steuer auf Aktienverkäufe", schreibt De Morgen.
Einige belgische Tageszeitungen gehen auf eine mögliche Besteuerung von Kapitaleinkünften ein. Die christdemokratische CD&V will dieses Thema auf die Tagesordnung der Regierung setzen. Die frankophonen Liberalen der MR sind zumindest bereit, darüber zu diskutieren. Die N- VA und die flämischen Liberalen der OpenVLD wollen vorläufig davon nichts wissen und verweisen auf das Regierungsabkommen.
Dazu meint Het Nieuwsblad: Das Argument, dass nichts davon im Regierungsabkommen steht und es deshalb indiskutabel ist, kann nicht ewig Bestand haben. Die Stärke einer Regierung misst sich daran, wie sie auf Dinge reagiert, die sie nicht hat kommen sehen. Die LuxLeaks-Affäre ist so etwas Neues. Die größte Schande ist nicht, wie wenig Steuern gezahlt wurden, sondern dass solche Konstruktionen legal sind. Die gute Nachricht: Die Politik kann etwas daran tun. Wenn die Politik sich aber darauf beschränkt, ihre eigene Ohnmacht festzustellen, dann schadet sie ihrer Glaubwürdigkeit. Vor allem, wenn sie mit Plattitüden wie "den Gürtel enger schnallen" oder "alle müssen Opfer bringen" um sich wirft, so Het Nieuwsblad.
Größtes Versäumnis der neuen Regierung
Le Soir meint: Eine Nicht-Besteuerung von Kapital und hohen Einkommen war das größte Versäumnis der neuen Regierung. Und das, obwohl MR und CD&V im Wahlkampf für eine Steuerreform eingetreten waren, jedoch am Nein ihrer Koalitionspartner gescheitert waren. Sie haben Recht, wenn sie jetzt darauf wieder zurückkommen. Der Tax shift wird dringend benötigt. Dabei geht es nicht darum, das Kapital zu bestrafen. Das Wichtigste ist, dass die radikalen Reformen von denen akzeptiert werden, die sie erleiden. Sie müssen das Gefühl haben, dass die Maßnahmen zu Arbeitsplätzen führen und dass sie nicht die einzigen sind, die dafür bezahlen müssen, so Le Soir.
De Standaard kommentiert: Es ist ein politischer Klassiker. Die CD&V aber auch die Mitte-Rechts-Parteien spüren den Druck der Basis. N- VA und MR lassen durchblicken, darüber sprechen zu wollen. Das kann zwei Dinge bedeuten: Entweder sind sie ehrlich dazu bereit, oder sie tun es, um die Basis zu beruhigen. Es gibt aber auch Gegenstimmen. N- VA-Vizepremier Jan Jambon und Teile der OpenVLD sagen "Vergesst es". Das kann heißen "Vergesst es wirklich" oder "Die CD&V muss schon mehr bieten". Bei diesem Pokerspiel darf man eines nicht vergessen: Eine gerechtere Verteilung der Lasten ist nötig. Auch die Anhänger der Mitte-Rechts-Parteien sind dafür sensibel.
Harte Zeiten für die PS
Het Belang van Limburg geht auf die gestrige Protestaktion der Brüsseler Polizei ein. Mehr als 500 Beamte waren zum Brüsseler Rathaus gezogen, um Bürgermeister Yvan Mayeur, PS, ihre Unzufriedenheit mitzuteilen. Die Polizisten fühlen sich von ihrem Chef im Stich gelassen. Beim Aktionstag waren mehr als hundert Beamte verletzt worden. Dazu meint die Zeitung: Bei der PS, die in den letzten Wochen so enthusiastisch in die Opposition gegen die Michel-Regierung gegangen war, rollen jetzt die Köpfe.
Da war zum einen Elio Di Rupo, der sich am Donnerstag an die Spitze der Demonstranten stellte, um gegen Maßnahmen zu protestieren, die er zum größten Teil noch selbst beschlossen hatte. Zum anderen ist da die unschöne Sache rund um den frankophonen Parlamentspräsidenten Luperto. Und jetzt die Affäre Mayeur. Diese ist aber nicht nur ein Test für den Brüsseler Bürgermeister und die PS, sondern auch für Innenminister Jan Jambon und seine N- VA. Dieser hatte sich bislang nicht als besonders subtiler Politiker hervorgetan. Und Bart De Wevers Abneigung gegen alles "Sozialistische" wird von Tag zu Tag deutlicher. Beide Seiten müssen jetzt Beherrschung zeigen.
Affäre Luperto: Vorsicht und Zurückhaltung angesagt
La Libre Belgique kommentiert die Affäre Luperto: Bisher ist Luperto nicht beschuldigt. Es ist an der Justiz, herauszufinden, was wahr und was falsch ist. Mit ihren verhaltenen Reaktionen hat die Politik gezeigt, dass sie das verstanden hat. Jean-Charles Luperto ist homosexuell. Das ist glücklicherweise kein Verbrechen mehr. Luperto war auf der Suche nach gleichgesinnten Partnern. Das "wie" mag schockieren, ist aber nicht strafbar, solange die Grenzen des Anstands nicht verletzt werden. Deshalb sind Vorsicht und Zurückhaltung geboten, so La Libre Belgique.
L'Echo meint, die Affäre zum jetzigen Zeitpunkt zu kommentieren sei delikat. Deshalb beschränkt die Zeitung sich auf einige Feststellungen. Erstens: Die Unschuldsvermutung ist unantastbares Recht aller Bürger. Zweitens: Man muss der Justiz vertrauen. Der Prokurator des Königs von Namur war kurz vor den Wahlen mit einer ersten Anzeige konfrontiert worden und hat sich die Zeit genommen, den Fall näher zu untersuchen. Drittens: Das Untersuchungsgeheimnis wurde offensichtlich verletzt. Und viertens: Politiker, auch wenn sie Menschen sind, müssen ein tadelloses Verhalten an den Tag legen. Ihre Taten und Gesten werden von der Öffentlichkeit genauestens unter die Lupe genommen.
Bild: Jonas Roosens (belga)