"Das große Ziel: 100.000 Menschen auf der Straße", titelt L'Avenir. "Der erste Stresstest für die Regierung Michel", meint La Libre Belgique.
Brüssel bereitet sich auf die morgige Großdemo der Gewerkschaften vor. CSC, FGTB und CGSLB wollen gegen die Sparmaßnahmen der neuen Föderalregierung protestieren - allen voran gegen den Indexsprung und die Erhöhung des Rentenalters. Um von einem Erfolg sprechen zu können, müssen die Gewerkschaften mindestens 100.000 Anhänger mobilisieren und durch die Straßen der Hauptstadt ziehen lassen, bemerkt L'Avenir. Das Blatt befürchtet allerdings: Auch nach dem Protesttag werden Regierung und Gewerkschaften weiter aneinander vorbeireden.
L'Echo blickt auf die Kosten der morgigen Großdemo: Die Arbeitnehmervertretungen werden dafür 3,5 Millionen Euro berappen müssen. Pro Teilnehmer zahlen die Gewerkschaften eine Lohnausfallsentschädigung von 30 Euro. Soweit die offiziellen Zahlen. Über wieviel Mittel die Gewerkschaften in ihren Streikkassen tatsächlich verfügen, gehört zu den bestgehütetsten Geheimnissen des Landes. Über die Höhe der sogenannten Kriegskassen machen die Organisationen aus taktischen Gründen keinerlei Angaben.
Bahn macht Demo zum Event
La Libre Belgique empört sich über die Bahn. Der Grund: Die SNCB bietet vergünstigte Tickets für die An- und Abreise zur Demonstration in Brüssel an. Die Zeitung findet es unmöglich, dass ein Unternehmen, das zum Großteil mit Steuergeldern finanziert wird, Menschen dabei unterstützt, Brüssel lahmzulegen. Sarkastisch rät das Blatt Tagesausflüglern, die günstig in die Hauptstadt reisen wollen, sich einfach als Streikende zu verkleiden und das Sonderangebot auszunutzen.
Le Soir beklagt, dass sich auch in der neuen EU-Kommission anscheinend nichts an der grundlegenden Politik geändert hat. Das wurde am Dienstag bei der Vorstellung der Wachstumsprognosen sichtbar: Europa setzt immer noch schwerpunktmäßig auf Haushaltskonsolidierung und Sparmaßnahmen. Het Laatste Nieuws hat dagegen Verständnis dafür. Schließlich beträgt das aktuelle Haushaltsdefizit in Belgien drei Prozent. Im Klartext heißt das: Von der Föderalregierung über die Gemeinschaften und Regionen bis hin zu den Kommunen wurden zwölf Milliarden Euro zu viel ausgegeben. Pro Einwohner werden die Verantwortlichen allein in diesem Jahr mehr als 1.000 Euro neue Schulden machen. Auch diese Zahl sollten sich die Protestler am Donnerstag einmal durch den Kopf gehen lassen. Genauso sieht es Het Belang van Limburg: Die Regierung muss sparen. Nicht damit es uns Bürgern schlechter geht, sondern um künftigen Generationen keinen noch größeren Schuldenberg zu hinterlassen.
Finanzminister beklagt Einseitigkeit der Gewerkschaften
Im Gespräch mit De Standaard meint Finanzminister Johan Van Overtveldt, dass die Gewerkschaften zu kurzsichtig argumentieren. Zwar würden drei Viertel der Belgier durch die Sparmaßnahmen an Kaufkraft einbüßen - und das sei alles andere als schön. Im Gegenzug könnten aber 80.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Darauf würden die Gewerkschaften nicht hinweisen, beklagt der N- VA-Minister. Die Zeitung meint: Weder die Regierung noch die Gewerkschaften sollten von Alternativlosigkeit sprechen. Natürlich führt kein Weg an strukturellen Reformen und Einsparungen vorbei. Andererseits sollte die Regierung aber Perspektiven bieten - etwa durch eine Steuerverschiebung. So müsste Arbeit geringer besteuert werden, Kapitalerträge dagegen mehr, fordert das Blatt.
"Kein kultureller Blackout", verspricht Außenminister Didier Reynders auf der Titelseite von Le Soir. Der MR-Minister ist ebenfalls für die föderalen Kultureinrichtungen zuständig. Die Monnaie-Oper, die Bozar-Museen und das Nationalorchester müssten deutlich weniger sparen als zunächst befürchtet. Statt über fünf Millionen Euro werden die Kürzungen im kommenden Jahr 2,7 Millionen betragen. Außerdem werde es keinen Personalabbau geben.
"Kein Strom, keine Züge"
Sollte der Strom in Teilen des Landes abgeschaltet werden müssen, dann muss der Zugverkehr im gesamten Land eingestellt werden. Das berichtet De Morgen unter Berufung auf einen internen Sicherheitsbericht des Schienennetzbetreibers Infrabel. Zwar wäre die Stromversorgung der Züge selbst nicht betroffen, aber alle Signalanlagen, Schranken und Weichen sind vom lokalen Stromnetz abhängig. Der teilweise Ausfall des Netzes würde sich dominoartig auf das ganze Land auswirken. "Kein Strom, keine Züge", bringt Bahnchef Jo Cornu es auf den Punkt.
Unzuverlässige Navigationssysteme
"Navigationssysteme kennen 15 Prozent unseres Straßennetzes nicht", so ein Experte in Het Laatste Nieuws. Ein neuer Kreisverkehr, eine Straße, die erst kürzlich in eine Einbahnstraße umgewandelt wurde oder ein neue Autobahnausfahrt: Selbst wer sein Kartenmaterial regelmäßig aktualisiert, kann sich nicht hundertprozentig auf sein Navi verlassen. Beispiel die Dauerbaustelle am Autobahnkreuz im niederländischen Eindhoven, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Belgien entfernt: Hier verirren sich ständig Autofahrer, weil sie den falschen Anweisungen ihrer Geräte blind vertrauen.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)