"Der Leidensweg der Eisenbahn", titelt La Libre Belgique. "Spontane Streiks in der Wallonie", schreibt Le Soir. "Erstes Kräftemessen zwischen den Gewerkschaften und der neuen Verkehrsministerin", bemerkt La Dernière Heure.
Nach La Louvière am Freitag und gestern Charleroi hat heute ein Teil des Bahnpersonals in Lüttich die Arbeit niedergelegt. Dadurch müssen sich Reisende erneut auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen.
Der Protest der Gewerkschaftsmitglieder in der Wallonie richtet sich gegen die Sparpläne der neuen Föderalregierung. Wie La Libre Belgique berichtet, muss die SNCB-Gruppe im kommenden Jahr zusätzlich zu den bereits von der Regierung Di Rupo beschlossenen 150 Millionen weitere 188 Millionen Euro einsparen. Bis zum Ende der Legislaturperiode werden es insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro sein.
Arbeitsplätze sollen nicht gestrichen werden, erklärte die neue Verkehrsministerin Jacqueline Galant von der MR. Stattdessen sollen geplante Großprojekte verschoben werden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden die Ticketpreise erhöht. Die Gewerkschaften befürchten zudem, dass kleinere, unrentable Bahnstrecken abgebaut werden könnten.
Nicht an der falschen Ecke sparen
La Libre Belgique findet: Angesichts der stark gestiegenen Passagierzahlen sollte die Regierung sich ganz genau überlegen, wo sie den Rotstift ansetzt. Natürlich gibt es bei der SNCB - wie überall - Sparpotential durch eine verbesserte Produktivität und weniger Ressourcenverschwendung. Es wäre allerdings extrem kontraproduktiv, das Angebot für die Reisenden einzuschränken, jetzt wo dringend nach Alternativen für die verstopften Straßen gesucht wird.
Le Soir fügt hinzu: Wie immer reden Regierung und Gewerkschaften aneinander vorbei. Die einen wollen eine inhaltliche Debatte über die Zukunft der SNCB, die anderen sehen sich bedroht und greifen bereits zur Streikwaffe. Jede Seite folgt wie immer ihrer eigenen Logik und ihrem eigenen Tempo. Der Dumme am Ende ist jedoch wie immer der den Zug nehmende steuerzahlende Wähler - also wir, hält die Zeitung fest. L'Echo findet, dass die Streiks zu früh begonnen haben.
L'Avenir sieht die neue Verkehrsministerin Galant in der Pflicht. Sie hätte sich etwas mehr Zeit nehmen müssen, um sich besser in die Materie einarbeiten zu können, bevor sie waghalsig und verfrüht die Verwirrung um die Höhe der Einsparungen bei der SNCB losgetreten hat.
Studieren in Flandern wird teurer
Die flämischen Zeitungen befassen sich mit der Erhöhung der Studiengebühren in Flandern. Ab dem kommenden Jahr steigt die Einschreibegebühr an den Universitäten und Hochschulen im Norden des Landes von 600 auf knapp 900 Euro. Das ist durchaus vertretbar, meinen De Standaard und Het Laatste Nieuws, wenn man bedenkt, dass der Staat für die Bildungslaufbahn vom Kindergarten bis zum Studienabschluss pro Person fast 118.000 Euro ausgibt.
Für jeden Euro, den die Eltern für die Bildung ihrer Kinder ausgeben, zahlt der Staat neun Euro dazu, erklärt die flämische Unterrichtsministerin Hilde Crevits. Schaut man auf die Niederlande oder Großbritannien, dann bleiben die Studiengebühren in Flandern vergleichsweise günstig. In der Französischen Gemeinschaft betrug die Einschreibegebühr ohnehin schon länger knapp 900 Euro - wie jetzt eben auch im Norden des Landes.
Gazet van Antwerpen meint: Auf den ersten Blick scheint die Erhöhung akzeptabel, allerdings muss man etwas genauer hinschauen. Auch für eine ganze Reihe anderer Dienstleistungen hat die flämische Regionalregierung die Preise erhöht. Für die untere Mittelklasse droht die Rechnung damit am Ende unbezahlbar zu werden. Sollte die Sparpolitik der Mitte-Rechts-Regierungen scheitern und der Wirtschaftsmotor nicht wieder anspringen, dann droht den Parteien bei den nächsten Wahlen ein Debakel, prophezeit das Blatt.
Einbruch bei den Ökostrominvestitionen und billiges Benzin
Nach Angaben von De Morgen sind die Investitionen in erneuerbare Energiequellen in Belgien drastisch gesunken. Es werden kaum noch neue Windräder errichtet, Biogas-Anlagen gebaut und Photovoltaik-Anlagen installiert. Belgien droht damit, die europäischen Ziele in Sachen Ökostrom zu verfehlen.
"Benzin ist derzeit so günstig wie seit Ende 2010 nicht mehr", berichtet Het Belang van Limburg. Grund ist die Entdeckung von Schieferöl in den USA. Dadurch wird deutlich weniger europäisches Benzin nach Amerika exportiert. Laut Experten werden die niedrigen Preise an der Zapfsäule noch mindestens zwei Jahre anhalten, weil die Weltwirtschaft mit angezogener Handbremse unterwegs ist.
Flämische Nationalisten suchen frankophone Mitarbeiter
"Die N-VA ist händeringend auf der Suche nach französischsprachigen Mitarbeitern", titelt Gazet van Antwerpen. Gesucht werden Berater für die vier neuen föderalen Minister und Staatssekretäre der Partei. Weil die flämischen Nationalisten aber über keine Schwesterpartei im Süden des Landes verfügen und zudem im Clinch mit der halben Wallonie liegen, gestaltet sich die Mitarbeitersuche als besonders schwierig.
Illustrationsbild: Nicolas Maeterlinck/BELGA