"Was bringt der Morgen?", fragt sich auf seiner Titelseite De Morgen. Alle Zeitungen sind gewisser Weise in Wartestellung. Vertreter der vier Parteien der sogenannten Schwedischen Koalition waren Montag Nachmittag zu einer möglicherweise alles entscheidenden Verhandlungsrunde zusammengekommen. Die Gespräche zogen sich aber einmal mehr in die Länge; es wurde die ganze Nacht durch verhandelt.
De Morgen scheint das irgendwie geahnt zu haben. Das Blatt sieht drei mögliche Alternativen: Entweder die Schwedische Koalition landet oder sie dreht eine weitere Warteschleife oder es gibt einen Crash.
Comeback der Gemeinschaftspolitik?
Le Soir glaubt, die Ursache der neuerlichen Verkrampfung zu kennen: "Die N-VA bringt wieder die Gemeinschaftspolitik aufs Tapet", so die Schlagzeile. Anscheinend hat die Partei von Bart De Wever verlangt, im Regierungsabkommen eine Änderung des Verfassungsartikels 195 festzuschreiben. Damit würde man die Tür öffnen für eine neue, große Staatsreform im Jahr 2019.
Grob zusammengefasst würde Artikel 195 es ermöglichen, Belgien in einen konföderalen Staat umzuwandeln. Und das entspricht 1:1 den erklärten Absichten der N-VA. "Die N- VA wirft eine gemeinschaftspolitische Bombe über Charles Michel ab", schreibt denn auch De Standaard auf Seite eins. Laut Le Soir sollte diese Episode aber nicht dazu führen, dass sich die Partner buchstäblich in letzter Sekunde doch noch überwerfen.
"Der letzte Kuhhandel der Schwedischen Koalition", fasst La Libre Belgique das Programm der letzten Tage zusammen. Denn man sollte nicht vergessen: Selbst wenn die Verhandlungen über den Haushalt endlich abgeschlossen sind, wartet ja noch eine Reihe von anderen Knackpunkten. Bis die Minister den Eid ablegen können, bleibt also noch viel zu tun.
Selbst wenn es heute keine Einigung über den Haushalt gibt, dann sagt das nichts über die Erfolgsaussichten der Verhandlungen aus, meint Gazet van Antwerpen. Es gibt nämlich schlicht und einfach keine Alternative. In Flandern wäre eine klassische Drei-Parteien-Koalition mit der PS zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu verkaufen.
De Morgen spricht dennoch bereits von einem Fehlstart. "Die Schwedische Koalition humpelt zum Start", so die Schlagzeile. Offensichtlich ahnen die vier Parteien schon, dass die 135 Tage, die die Verhandlungen bisher gedauert haben, nur ein Vorgeschmack sind; das eigentliche Regieren dürfte auch nicht viel einfacher werden.
Sturmwarnung und politische Polarisierung
Het Laatste Nieuws appelliert derweil an die künftigen Regierungsparteien, standhaft zu bleiben. Die Gewerkschaften und auch die frankophonen Sozialisten haben bereits knallharten Widerstand angekündigt. Für die Gewerkschaften ist insbesondere eine Pensionsreform problematisch. Dabei sollte doch jedem einleuchten, dass auch die 20- und 30-Jährigen von heute ein Recht auf einen würdevollen Ruhestand haben.
Die Gewerkschaften behaupten, dass sie die Ansicht von Millionen ihrer Mitglieder vertreten. Wenn das so wäre, dann hätten die Linksparteien in Flandern wohl besser abgeschnitten, meint Het Laatste Nieuws. Fazit: Sollte sich die Sturmwarnung bewahrheiten, dann muss die Regierung dem Wind trotzen.
L'Avenir sieht in diesem Zusammenhang die Anzeichen für eine wachsende Polarisierung in der politischen Landschaft. Die Zeiten des allgemeinen politischen Konsens' in Kernfragen sind vorbei. Das politische Spektrum ist in zwei Lager zerfallen: rechts gegen links. Und für den Einen ist der jeweils Andere der Leibhaftige in Person, der Inbegriff des Bösen. Am Ende entscheidet aber der Wähler, welche Seite mehr überzeugt.
Apropos Haushaltsberatungen: Die stockenden Verhandlungen auf föderaler Ebene haben auch zur Folge, dass die wallonische Regierung erst einmal abwartet. "Liebe Schweden, schießen Sie zuerst", analysiert L'Avenir. Der Haushalt der wallonischen Region jedenfalls dürfte noch ein wenig auf sich warten lassen.
Crembo in der Defensive
In der Zwischenzeit versucht sich offensichtlich der eine oder andere Politiker als künftiger Minister zu empfehlen. Das zumindest sagen einige Zeitungen dem amtierenden Verteidigungsminister und Vizepremier Pieter De Crem (CD&V) nach. De Crem hatte gestern bereitwillig Auskunft über den ersten wirklichen Kampfeinsatz der belgischen F16 im Irak gegeben.
Vor diesem Hintergrund übten die Gewerkschaften harsche Kritik an dem Minister. "Seien Sie doch bitte etwas diskreter", fordert ein Gewerkschafter in Het Laatste Nieuws. De Crem hatte zudem vollmundig angekündigt, dass die Mission der F16 höchstwahrscheinlich verlängert würde.
De Crem hätte wohl besser den Mund gehalten, urteilt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Erstens tut er genau das, wovor man die Soldaten gewarnt hat, nämlich über Missionen plaudern. Und dann stößt er das Parlament einmal mehr vor den Kopf. Er wollte sich wohl offensichtlich als entschlossener Armeechef profilieren, hat sich dabei aber möglicherweise selbst fatal in den Fuß geschossen.
Airsoft-Dschihadisten und Ladehemmungen
L'Avenir entlarvt derweil eine Knallermeldung der vergangenen Woche als Ente: "Dschihadisten-Camp in den Ardennen: das Foto stammt aus Villers-la-Ville!". Villers-la-Ville liegt in Wallonisch-Brabant. Und zu sehen ist nicht etwa ein paramilitärisches Training sondern eine Partie Airsoft, ein dem Paintball ähnliches Taktikspiel.
"6.000 Polizisten haben Pistolen, die blockieren können", titelt Het Laatste Nieuws. "Polizei ruft 6.000 Pistolen zurück, weil sie nicht schießen", schreibt Het Nieuwsblad. Hier geht es um die neuen Pistolen von Smith & Wesson für die belgische Polizei. Anscheinend gibt es da einen Konstruktionsfehler. Und der führt dazu, dass in bis zu einem Viertel aller Fälle der Schuss nicht ausgelöst wird. Die Polizei entschloss sich daraufhin, die Waffen wieder einzuziehen.
rop - Bild: Jasper Jacobs/belga