"Sharia4Belgium, der Mega-Prozess des Dschihad", titelt Le Soir. "Der Dschihadismus von Sharia4Belgium vor Gericht", so die Schlagzeile von La Libre Belgique.
Vor dem Strafgericht von Antwerpen beginnt heute der Prozess gegen Mitglieder der inzwischen verbotenen Islamisten-Organisation Sharia4Belgium. Der Vereinigung wird unter anderem vorgeworfen, Kämpfer für den Bürgerkrieg in Syrien rekrutiert und diese auch in das Krisengebiet geschleust zu haben. Im Mittelpunkt steht vor allem der frühere Chef der Organisation, der 32-jährige Fouad Belkacem. Sein Foto prangt denn auch auf vielen Titelseiten. Insgesamt sind 46 Personen angeklagt, nun vor Gericht erscheinen dürften aber allenfalls acht Beschuldigte; die übrigen befinden sich noch in Syrien oder wurden inzwischen im Kampf getötet.
"Es ist ein Verfahren unter Hochspannung", notiert La Libre Belgique. "Extrem strenge Sicherheitsvorkehrungen für Terrorismus-Prozess", titeln auch Gazet van Antwerpen und La Dernière Heure. So müssen alle Beteiligten und Zuschauer insbesondere vor Betreten des Gerichtssaals eine Sicherheitsschleuse passieren. Das Gebiet um den Justizpalast soll zudem zeitweise abgeriegelt werden.
Islamismus - Behörden auf beiden Augen blind
Das Verfahren gegen Sharia4Belgium dürfte noch einmal demonstrieren, wie komplex der Kampf gegen religiösen Extremismus ist, glaubt Le Soir in seinem Leitartikel. Belkacem und seine Mitstreiter haben sich immer auf die Meinungsfreiheit berufen. Und solange es sich dabei nur um eine Bande von Witzbolden handelte, die etwa das Hissen der islamischen Fahne auf dem Atomium forderte, solange konnten Justiz und Polizei nichts gegen die Umtriebe der Organisation unternehmen. Hätte Sharia4Belgium nicht irgendwann angefangen, Kämpfer zu rekrutieren, dann wären diese Leute wohl nie vor Gericht gelandet. Daraus sollte unsere Demokratie lernen. Radikale auszumerzen, das ist der Heilige Krieg der Demokratie.
La Libre Belgique sieht das ähnlich. Viel zu lange hat man Sharia4Belgium für einen losen Haufen von Spinnern gehalten. Inzwischen hat sich längst gezeigt, dass die Organisation extrem gefährlich war. Insbesondere in Antwerpen und Vilvoorde hat die Gruppe zahlreiche junge Männer in ihren Bann gezogen. Und das konnte nur gelingen, weil die Sicherheitsbehörden den Einfluss unterschätzt haben. Dieser Prozess sollte dazu beitragen, den zuständigen Stellen die Augen zu öffnen.
Angst vor Vergeltung
Das Verfahren gegen Sharia4Belgium bettet sich in einen angespannten internationalen Kontext ein. "In Belgien wächst die Angst vor Terrorismus", titelt De Morgen. "Al Kaida droht", schreibt auch Le Soir auf Seite eins. Am Wochenende hat die Al-Nusra-Front allen Ländern, die sich an der internationalen Koalition beteiligen, mit Vergeltung gedroht. Die Al-Nusra-Front ist der syrische Arm von Al Kaida. Auch IS droht dem Westen mit Gewalt.
Seit dem vergangenen Freitag beteiligt sich Belgien offiziell am Krieg gegen IS. Aus diesem Grund sind denn auch die Anti-Terror-Behörden seit einigen Tagen besonders beunruhigt. "Die Frontlinie von Al-Nusra reicht bis nach Belgien", schreibt De Standaard auf Seite eins. Das hat auch damit zu tun, dass die belgischen Soldaten mitunter vielleicht gegen Landsleute in den Krieg ziehen müssen, bei IS sind ja viele junge Männer aus Belgien.
Apropos: "Syrienkämpfer aus Genk stirbt bei einem Bombenangriff", titelt Het Belang van Limburg. Diese Information wurde bislang aber noch nicht offiziell bestätigt. Lediglich der Vater des jungen Mannes hat bei der Stadt Genk den Tod seines Sohnes gemeldet.
Schwedische Warteschleife
"Wieder keine Stunde der Wahrheit", schreibt unterdessen De Standaard. Die Rede ist von den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Föderalregierung. Le Soir versucht sich an einem Bild: "Es geht vorwärts, aber die Ziellinie rückt weiter weg". Zunächst war erwartet worden, dass die vier Parteien möglicherweise am späten Sonntagabend die Regierung auf die Schienen setzen könnten. Wie sich jetzt herausstellt, wurde am vergangenen Wochenende das Thema "Haushalt" einmal mehr nicht angeschnitten.
Mehr als vier Monate nach der Wahl bleibt die Kernfrage also weiterhin unbeantwortet, bemerkt dazu Het Nieuwsblad. Sparen oder doch neue Steuern erheben?, darüber sind sich die vier Parteien weiterhin nicht einig. Dabei hatte es doch eigentlich geheißen, sie stünden sich ideologisch ach so nah. Man kann nur hoffen, dass das kein Omen für die nächsten viereinhalb Jahre ist.
Im Moment jedenfalls wirkt die Koalition wie eine Allianz wider Natur ohne jeglichen Zusammenhalt.
Da soll mal einer sagen, dass eine Regierung ohne die PS leichter zustande kommt, frotzelt De Morgen. Im Moment gleicht die mögliche künftige Koalition doch eher einem ungeordneten Haufen. Es fängt ja schon damit an, dass nach wie vor offen ist, wer der Premierminister werden soll. Wer will, der darf nicht; und wer es machen sollte, der will nicht. Die Schwedische Koalition ist wie ein Flugzeug, das eine endlose Warteschleife fliegt, weil keiner den Steuerknüppel übernehmen will. In den nächsten Wochen muss man aber landen - oder crashen.
Polizeiliches Laissez-faire
"Die Polizei spielt mit unserer Sicherheit", titelt Het Laatste Nieuws. Das ist ein Zitat des Automobilclubs Touring. Touring reagiert damit auf die angekündigten Protestaktionen bei der Polizei. Die wenden sich gegen eine drohende neue Pensionsregelung. Die Beamten wollen ab Dienstag für eine Woche bei kleineren Vergehen keine Knöllchen mehr verhängen. Auch den geplanten "Blitzmarathon" vom 10. Oktober wollen sie boykottieren. "Ein solcher Boykott ist unverantwortlich", zitiert Het Nieuwsblad auf Seite eins einen Verkehrsexperten. Am Ende denken die Autofahrer doch gleich wieder, dass in Belgien alles erlaubt ist.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)