"Ab Mittwoch erste belgische Bomben auf IS", titelt Het Nieuwsblad. "Die Eskalation", so Le Soir. "F16 auf Kriegsmission", schreibt Het Laatste Nieuws. In allen Tageszeitungen ist die Teilnahme Belgiens an einem internationalen Militärbündnis gegen die Terrororganisation Islamischer Staat ein Thema.
Le Soir meint dazu: Der Einsatz wirft viele Fragen auf. Ist dieser Krieg erlaubt, ist er gerechtfertigt, ist er die einzige Lösung? Die barbarischen Akte des IS rechtfertigen wahrscheinlich alles. Die Enthauptung der französischen Geisel Hervé Gourdel hat dann auch all diejenigen bestätigt, die die Dringlichkeit eines Einsatzes gepredigt hatten. Militärische Lösungen hatten sich auch damals im Irak, in Afghanistan oder Libyen aufgedrängt. Die Welt besser gemacht haben sie nicht. Auch dieser neue Konflikt wird die Instabilität in der Region nicht lösen. Frieden erreicht man nicht allein durch Kanonen, sondern durch nachhaltige Zusammenarbeit. Das Recht ist zweifelsfrei auf der Seite der Soldaten, für unsere Gesellschaft ist es das Scheitern einer versäumten Integration. Es ist das Resultat einer Perspektivlosigkeit, die viele zu extremen Lösungen greifen lässt, auch hier bei uns in Belgien.
Belgien konnte sich nicht entziehen
La Libre Belgique sieht das ähnlich. Das Attentat auf das Jüdische Museum in Brüssel vom vergangenen Mai ist das Resultat eines exportierten Terrorismus. Viele Belgier haben sich aufgemacht, um für den Islamischen Staat zu kämpfen. Bei ihrer Rückkehr sind es menschliche Bomben. Die internationale Gemeinschaft musste jetzt handeln. Und Belgien konnte sich dem nicht entziehen. Dabei darf man aber nicht vergessen, über den Sinn solcher Interventionen nachzudenken. Die militärischen Interventionen der letzten Jahre haben nichts gelöst. Oft war die Situation anschließend genauso kompliziert wie vorher.
Het Belang van Limburg meint: Nur der Irak hat ausdrücklich um Hilfe gebeten, Syrien nicht. Deshalb ist es richtig, dass die belgischen Jagdbomber nur im Irak eingesetzt werden. Wir müssen uns an internationale Regeln halten, denn ein gültiges UN-Mandat gibt es immer noch nicht. Der Einsatz belgischer F16 ist nicht ohne Risiko. Nicht nur für unsere Soldaten, sondern auch für uns hier in Belgien. Man kann nicht ausschließen, dass IS-Kämpfer ihre Kameraden hier in Belgien zur Gewalt aufrufen. Wir müssen nur hoffen, dass unsere Sicherheitsdienste darauf vorbereitet sind. Der Kampf gegen das IS- Regime ist zweifellos gerecht, doch müssen wir aufpassen, dass es kein Kampf des Westens gegen den Islam wird. Di Rupo hat Recht, wenn er sagt, die Militäroperation wird das Problem nicht lösen. Anschließend sind auch politische, diplomatische, finanzielle, so wie wirtschaftliche und humanitäre Anstrengungen nötig.
Schmerzhafte Einschnitte in Flanderns Kulturbetrieben
"There Will Be Blood" - es wird Blut fließen. De Morgen widmet sich den Sparplänen der flämischen Regierung eine Sonder-Kommentarbeilage. Der Kulturbereich ist von den Plänen besonders betroffen. Im Kunstsektor stehen die härtesten Einsparungen aller Zeiten an. Die neue flämische Regierung dreht die "kulturelle Uhr" 15 Jahre zurück. Der neue liberale Kulturminister Sven Gatz will die Subventionen für Kulturbetriebe um durchschnittlich fünf Prozent kürzen. Bei manchen sind es sogar bis zu 7,5 Prozent. Es stimmt, so De Morgen, Kunst erreicht nur einen Teil der Bevölkerung.
Einsparungen im Kulturbereich sind kein rein flämisches Phänomen. In England und Dänemark sterben die Bibliotheken aus. In Deutschland sind seit dem Fall der Berliner Mauer ein Viertel aller Orchester verschwunden. Überall in Europa schließen Museen, Theater, Opernhäuser. Trotz der, übrigens falschen, Annahme, dass Kultur nur Kosten verursacht, was sagt das über unsere Gesellschaft aus? Eine Kultur, die nach den Gesetzen des freien Marktes um ihr Überleben kämpfen muss oder ausstirbt. Ist in unserer Gesellschaft noch Platz für Immaterielles, für Zweifel, Selbstreflektion, für den Spiegel, den der Künstler uns vorhält? Gibt es in unserem Zusammenleben noch etwas anderes als Profit, Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Haushaltsgleichgewicht?
Flämische Hyperaktivität oder föderale Aufschieberitis?
Die Anzahl der Sparmaßnahmen ist groß, so De Standaard. Aber viel mehr als "etwas" spüren werden die meisten nicht. Die Maßnahmen sind in der Regel nicht tiefgreifend. Doch jeder findet diejenigen unnötig, die ihn selbst betreffen. Jeder spürt, dass "etwas" passieren musste, aber musste dieses "etwas" so viel sein? Die Betroffenen werfen der flämischen Regierung Hyperaktivität vor. Doch was ist schlimmer? Die flämische Hyperaktivität oder die zukünftige Föderalregierung, die das Ende der Verhandlungen Tag für Tag hinauszögert? Aufschieberei nennt das der Psychiater. Doch warum? Nicht, weil es das Beste für das Land oder den Bürger ist, nicht weil sie nicht wissen, was zu tun ist. Es ist, weil sie denken, dass ihre eigene Partei morgen einen besseren Ausgangspunkt haben wird als heute. Das Gefühl für die Dringlichkeit ist verschwunden. Schon in zwei Wochen müssen sie der Europäischen Kommission einen Haushalt vorlegen. Aber keine Partei bewegt sich. Die MR, die den Premierminister stellen soll, weigert sich, das Steuer in die Hand zu nehmen. Sie befürchtet, dann den Kopf hinhalten zu müssen. Was gut für Land und Bürger ist, kommt erst an zweiter Stelle. Zuerst kommen die Parteiinteressen.
Archivbild: belga