"Die Schwedische Note von Peeters I", titelt De Morgen. "So findet man 5,3 Milliarden Euro", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Viele Tageszeitungen haben die Note der Regierungsbildner Peeters und Michel einsehen können, die ja als Grundlage für die Koalitionsverhandlungen dient. Daraus wird, zumindest im Ansatz, ersichtlich, welchen Weg die wahrscheinliche Koalition aus N- VA, CD&V MR und OpenVLD einschlagen dürfte.
Laut Het Laatste Nieuws sehen die Partner für 2015 einen Indexsprung vor. Zudem soll der Preis für Dieselkraftstoff dem Benzinpreis angeglichen und soll die Mehrwertsteuer auf manche Produkte von 21 auf 22 Prozent erhöht werden. Nach Informationen von De Morgen will die wahrscheinliche Koalition das Timing für den Atomausstieg überdenken. Geplant ist auch die Einführung einer Grundversorgung im Streikfall; dieser Minimaldienst würde insbesondere für die SNCB gelten.
La Libre Belgique und La Dernière Heure ist noch eine andere Maßnahme zu Ohren gekommen, die die neue Regierung ergreifen könnte: "Die MR will die Einkünfte von Arbeitslosen unter die Lupe nehmen", so die Schlagzeile. Weitere mögliche Neuerung: Das Arbeitslosengeld würde nicht mehr von den Gewerkschaften ausgezahlt, sondern gleich von der ONEM, also dem föderalen Arbeitsamt.
Harte Maßnahmen, aber doch erst der Anfang
Der Inhalt der Note ist noch vergleichsweise harmlos, analysiert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Was erstaunt, ist nicht so sehr, was der Entwurf enthält, sondern was er nicht enthält. Bislang hatte es doch immer geheißen, dass die Haushaltssituation eine der schlimmsten seit dem Zweiten Weltkrieg sei. Von einem vermeintlich knallharten Sanierungskurs ist aber nicht sehr viel zu sehen. Das kann nur eins bedeuten: Die Verhandlungen dürften noch lange dauern.
Ähnlich sieht das De Morgen. Bislang kennen wir nur punktuelle Maßnahmen, wie etwa die Anhebung der Akzisen. Man ahnt inzwischen, wo die Reise hingehen soll. Unklar ist bislang aber noch, was die wahrscheinliche Mitte-Rechts-Koalition nicht will. Fest steht: Irgendeiner wird die Feier bezahlen müssen. Und das kann noch einen ausgewachsenen Kater zur Folge haben.
Gazet van Antwerpen nennt das Ganze ein "schwedisches Puzzle". Mit den großen Leitlinien dürfte wohl prinzipiell jeder einverstanden sein. Wenn es aber darum geht, das in konkrete Maßnahmen umzusetzen, dann könnte sich das Klima am Verhandlungstisch sehr schnell verschlechtern. Bislang versuchen die Partner noch, die positiven Aspekte der Note herauszustellen; wir können aber getrost davon ausgehen, dass in den nächsten Wochen auch noch weniger gute Neuigkeiten ans Licht kommen werden.
Wieder Ärger um Arco
Anscheinend gibt es aber auch schon erste Unstimmigkeiten zwischen den vier Parteien. "Erste Misstöne innerhalb der Schwedischen Koalition", titelt L'Echo. Demnach wird über den Umgang mit der Akte "Arco" gestritten. Arco, das war ja der finanzielle Arm der Christlichen Arbeiterbewegung. Die Gesellschaft musste im Zuge der Dexia-Pleite ebenfalls Konkurs anmelden. Die Regierung Leterme hatte aber eine Regelung zur Entschädigung der knapp 800.000 Anteilseigner beschlossen. Dagegen war die N- VA in der Vergangenheit Sturm gelaufen. Die CD&V will aber nichtsdestotrotz daran festhalten.
Wo ist denn da die Logik?, fragt sich Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Die schon beschlossenen Sparmaßnahmen bedeuten unterm Strich, dass unsere Gesellschaft weniger solidarisch sein wird; weniger Solidarität mit Studenten, mit Eltern von Kleinkindern, mit Vereinigungen und Jugendgruppen. Auf der anderen Seite würde aber eben diese Gesellschaft für die Verluste der Arco-Anteilseigner aufkommen. Mit anderen Worten: für die Fehler und die unverantwortlichen Risiken, die Arco in seiner Gier eingegangen war. Also: Auf der einen Seite müssen wir 17 Milliarden Euro einsparen, auf der anderen Seite sollen wir für das Arco-Debakel geradestehen.
Die CD&V bewegt sich hier auf dünnem Eis, analysiert L'Echo. Die Christliche Arbeiterbewegung stellt quasi den linken Flügel der CD&V. Die flämischen Christdemokraten wollen, koste es was es wolle, die Arco-Entschädigungen beibehalten, um ihre Wähler nicht zu brüskieren. Die CD&V muss aber aufpassen, dass sie ihr Blatt nicht überreizt. Im Augenblick boxt sie nämlich schon über ihrer Gewichtsklasse, weil sie trotz ihres vergleichsweise bescheidenen politischen Abschneidens einen Regierungsbildner stellt. Man kann aber nicht alles haben.
Stromkrise: Der Staat hat versagt
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute auch mit den möglichen Folgen eines allgemeinen Stromausfalls. "Blackout: die Anweisungen an die Gemeinden", titelt Le Soir. Die föderalen Behörden arbeiten ja an einem sogenannten Abschalt-Plan für den Fall eines Blackouts. Demnach würde im Ernstfall der Strom gezielt in gewissen Regionen abgeschaltet.
Bis vor Kurzem war das noch ein absurder Gedanke, wettert De Standaard. Und jetzt fühlen sich die Belgier noch einmal in ihrer Meinung bestätigt, dass man sich in diesem Land auf den Staat nicht verlassen kann. Die politischen Verantwortlichen haben auf der ganzen Linie versagt. Und das in einem so fundamentalen Bereich wie der Versorgungssicherheit. Es wird Zeit, dieses verloren gegangene Vertrauen wiederherzustellen.
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich: Unsere Politiker tragen in dieser Sache eine erdrückende Verantwortung. Seit man vor zwölf Jahren den Atomausstieg angekündigt hat, ist nichts passiert, keine Investitionen in brotnötige Alternativen. Das Mindeste, was wir jetzt erwarten können, ist eine transparente Kommunikation.
IS: Wo bleibt der Aufschrei der Muslime?
"Hetzjagd auf John, den Henker aus London", schreiben heute mehrere Blätter. Die Rede ist von dem maskierten Mann, der den amerikanischen Journalisten James Foley vor laufender Kamera exekutiert hat. Die islamistische Terrormiliz IS sorgt inzwischen fast täglich für Entsetzen. Und laut Het Laatste Nieuws sind insgesamt 270 Belgier Mitglied der Organisation.
Eine solche Vereinigung ist nur schwer zu besiegen, glaubt Het Nieuwsblad. Jedenfalls beschränkt sich das nicht auf rein militärische Aspekte. Die Vergangenheit zeigt, dass aus den Trümmern einer plattgebombten Extremistengruppe meist Nachfolger erstehen, die noch radikaler sind. Man kann IS dem Erdboden gleichmachen, die Ideologie, die ihre Grundlage bildet, ist hartnäckiger.
Letztlich können nur die Muslime selbst den Islamischen Staat ausmerzen, mahnt Le Soir. Jene Sunniten, die die Organisation anfangs wohlwollend betrachtet und sogar unterstützt haben, dürfen jetzt nicht ihre Hände in Unschuld waschen. Hier geht es inzwischen um den Ruf ihrer Religion. Alle Muslime dieser Welt sollten jetzt auf die Straße gehen und klarmachen, dass IS nicht gleichbedeutend mit dem Islam ist.
Archivbild: Jens Wolf (epa)