"Lächelnd auf der Suche nach 17 Milliarden Euro", titelt Gazet van Antwerpen und zeigt die beiden Regierungsbildner Kris Peeters und Charles Michel demonstrativ gut gelaunt bei der Eröffnung der entscheidenden Phase der Verhandlungen. "Schwedische Koalition verordnet Belgien eine strenge Diät", schreibt De Standaard. "Das wird kein Sonntagsspaziergang", wird Peeters in allen Blättern zitiert. "Harte Eingriffe bei Rente und sozialer Sicherheit zu erwarten", warnt De Morgen.
Unter anderem La Libre Belgique will erfahren haben, was in der 150- seitigen Note der Regierungsbildner steht und macht mit den ersten geplanten Sparmaßnahmen auf. So soll der Gesamtertrag aus der Mehrwertsteuer durch eine Harmonisierung der unterschiedlichen Sätze erhöht werden. Geplant ist außerdem, das Mindestalter für Frühverrentungen von 55 auf 60 Jahre anzuheben. Die Ausgaben im Gesundheitssystem dürfen nur noch höchstens um 1,5 Prozent steigen. In den föderalen Ministerien sind ebenfalls Einschnitte vorgesehen. De Morgen meint: Da werden einige heilige Kühe der Sozialisten geschlachtet, jetzt wo die PS zum ersten Mal seit 25 Jahren keine Regierungsverantwortung auf föderaler Ebene mehr trägt.
25 statt 33 Prozent: Entlastung für Arbeitgeber
Trotz der drastischen Sparvorgaben will das Mitte-Rechts-Bündnis Geld für die Wirtschaft locker machen. Nach Angaben von L'Echo haben sich N- VA, CD&V, OpenVLD und MR darauf verständigt, die Arbeitgeberabgaben von 33 auf 25 Prozent zu senken. Die Maßnahme kostet zwar zwei Milliarden Euro, soll aber die Unternehmen entlasten und kurzfristig 30.000 neue Arbeitsplätze in Belgien schaffen. Die Zeitung findet: Die Parteien der Schwedischen Koalition machen den Unternehmern damit ein schönes Geschenk. Aber es ist längst überfällig. Arbeitgeberabgaben in Höhe von 25 Prozent, damit würde sich Belgien an die Nachbarländer anpassen und den Titel des meistbesteuerten Landes in der EU endlich abgeben.
Angesichts der harten Sparmaßnahmen, die die neue Regierung beschließen werden muss, ist mit viel Protest, vor allem von den Gewerkschaften, zu rechnen. Trotzdem ist Het Belang van Limburg überzeugt, dass die vier Parteien keine Wahl haben. Wenn wir jetzt keine strukturellen Reformen anstoßen, dann fahren wir den Sozialstaat gegen die Wand. Zudem sind N- VA, CD&V, OpenVLD und MR zum Erfolg verdammt. Scheitern die Verhandlungen, dann steht uns ein Krisenszenario wie 2010 bevor - und das kann und will sich mit Sicherheit niemand wieder leisten.
Ähnlich sieht es Het Laatste Nieuws. Trotz des zu erwartenden Widerstands empfiehlt die Zeitung der Koalition: "Augen zu und durch!"
Frankophone ausreichend vertreten?
De Standaard drückt sich ähnlich aus, sieht aber ein grundsätzliches Problem: Auf französischsprachiger Seite ist mit der MR nur eine Partei vertreten. Le Soir äußert die gleichen Befürchtungen. Drei frankophone Staatsrechtler, darunter Marc Uyttendaele von der Freien Universität Brüssel, geben zu bedenken, dass eine Beeinträchtigung der Interessen der Französischsprachigen nicht auszuschließen ist. "Kann eine einzige frankophone Partei gegen drei flämische Partner die Interessen ihrer ganzen Gemeinschaft durchsetzen?", fragt die Zeitung. Die MR gibt zwar an, über eine "Wunderwaffe" zu verfügen, nämlich die Möglichkeit, die Regierung zu stürzen. Die kann sie allerdings nur ein einziges Mal einsetzen. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt? Wann werden die frankophonen Interessen so stark verletzt worden sein, dass sich die MR zu dieser Maßnahme gezwungen sieht?
De Standaard bemerkt, dass die neue Koalition in Sachen Stromkrise Klarheit von der scheidenden Regierung verlangt. Die zuständigen Minister und Staatssekretäre müssten den Unterhändlern umgehend alle Informationen zur Verfügung stellen. Die drohenden Blackouts und die Energiepolitik sollen in Kürze Thema bei den Koalitionsverhandlungen sein.
De Morgen meint: Die neue Regierung muss eine nachhaltige Energiepolitik auf den Weg bringen. Aufgrund der Versäumnisse ihrer Vorgänger kann sie sich hier beweisen. Aber sie sollte Gedankenspiele über neue Atomkraftwerke und anderen nuklearen Unsinn sofort unterlassen, urteilt die Zeitung.
Laut Le Soir könnte der sogenannte Wohnbonus, also die steuerliche Absetzbarkeit von Hypothekendarlehen, in der Wallonie komplett gestrichen werden. Die Regionen sind ab dem kommenden Jahr dafür zuständig. Während die Förderung in Flandern stark zurückgefahren wird, denkt die neue Regierung in Namur darüber nach, sie ganz abzuschaffen.
Entbinden und Sterben im Urlaub
"Jeden Tag sterben drei Belgier im Urlaub", titelt Het Laatste Nieuws. Seit Beginn der Sommerferien sind bereits 115 Landsleute im Ausland ums Leben gekommen. Das sind deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Als Grund nennt die Zeitung, dass immer mehr Senioren auf Reisen gehen. 80 Prozent der Verstorbenen sind über 50 Jahre alt. Die meisten von ihnen starben eines natürlichen Todes und nicht durch Unfälle. Gleichzeitig gab es aber auch noch nie so viele belgische Neugeborene an Badeorten im Ausland: Seit Anfang Juli kamen 13 belgische Babys im Urlaub zur Welt.
Bild: Eric Lalmand (belga)