"Bitte: Essen Sie unsere Birnen und retten Sie uns". Dieser Hilferuf der belgischen Obstbauern ist heute in Het Nieuwsblad zu lesen. Wegen des russischen Einfuhrverbots für Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte aus der westlichen Welt droht hierzulande für viele Erzeuger ein wichtiger Absatzmarkt wegzubrechen.
Den Schaden für die belgische Wirtschaft beziffern die Zeitungen unterschiedlich: L'Echo spricht von 200 Millionen Euro, Het Belang Van Limburg von bis zu 600 Millionen.
Die limburgischen Obstbauern - vor allem die Birnenproduzenten - befürchten ein zweites Drama à la Ford Genk für ihre Provinz. Fast die Hälfte des heimischen Birnenertrags wurde im vergangenen Jahr nach Russland exportiert. Die Fleisch verarbeitende Industrie warnt sogar vor Arbeitsplatzverlusten in Belgien.
Bier und Schokolade aus Belgien problemlos nach Russland
Het Laatste Nieuws zählt auf, welche belgischen Lebensmittel der russische Präsident Wladimir Putin in seinem Land doch noch zulässt. Dazu gehören Bier, Schokolade sowie Plätzchen und Kekse. Im vergangenen Jahr wurden fast sieben Millionen Liter belgisches Bier nach Russland geliefert, mehr als 7.000 Tonnen Kekse, über eine Million Liter Eis und belgische Schokolade im Gegenwert von 25 Millionen Euro.
Nach Ansicht von Le Soir ist zwischen Russland und dem Westen jetzt tatsächlich ein Handelskrieg ausgebrochen. So sieht es auch Gazet Van Antwerpen: Der russische Bär zeigt seine Krallen. Die in Europa betroffenen Betriebe fragen sich zu Recht, was sie mit dem Konflikt zu tun haben. Trotzdem meint die Zeitung, dass der Westen keine andere Wahl hatte als Putin für seine Provokationen zu sanktionieren. Wäre das Vorgehen unbeantwortet geblieben, hätte man Putin seine erpresserischen Methoden durchgehen lassen - unter anderem auf der Krim und bei der Destabilisierung der Ostukraine, ist die Zeitung überzeugt.
Auch Het Belang Van Limburg verteidigt die Sanktionen des Westens. Wir dürfen nicht vergessen, worum es bei diesem Konflikt geht: Flug MH17 wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Rakete russischer Herkunft abgeschossen und die Aktion von pro-russischen Rebellen durchgeführt. Putin hat diesem "Haufen Idioten" bestimmt nicht den Auftrag erteilt, die Passagiermaschine aus Amsterdam abzuschießen, aber er hat sich bis heute nicht von den Übeltätern in der Ostukraine distanziert. Der Westen musste reagieren, hält das Blatt fest.
Wer gewinnt das Pokerspiel?
Het Nieuwsblad bemerkt: Die Welt ist durch die Sanktionen und Gegensanktionen wieder ein Stück unsicherer geworden. Das war zu erwarten, meint L'Echo. Doch wie weit können Putin und die Europäer den Handelskrieg noch auf die Spitze treiben? Auf beiden Seiten hat man wohl schon die Rechenschieber ausgepackt.
Für Het Laatste Nieuws steht fest, dass Putins Russland den Handelskrieg gegen den Rest der Welt auf Dauer nur verlieren kann. Einzige Bedingung: Europa muss geschlossen hinter seinen Entscheidungen stehen und standhalten. Auch die Nato wird den Russen deutlich machen müssen, dass sie einsatzbereit ist. Denn nur so wird der Kreml verstehen, dass jede weitere Aggression auch die eigene Sicherheit in Moskau in Gefahr bringt. Den bestraften Erzeugern hierzulande bleibt nichts anderes übrig als dem geopolitischen Pokerspiel zuzusehen. Einige von ihnen werden dabei untergehen, schlussfolgert nüchtern De Morgen.
Sabotage in Doel?
Laut Het Nieuwsblad geht die Panne im Kernreaktor Doel 4 möglicherweise auf Sabotage zurück. Der Atommeiler bei Antwerpen musste am Dienstag nach einem Öl-Leck heruntergefahren werden. Nach gründlicher Prüfung durch die Aufsichtsbehörde stellte sich jetzt heraus, dass der Ölhahn möglicherweise absichtlich von einem Electrabel-Mitarbeiter geöffnet wurde. Die Justiz hat Ermittlungen aufgenommen.
OpenVLD: VRT hat zu hohen Marktanteil
Laut Het Laatste Nieuws wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Flandern kräftig sparen müssen. Die neue Regierung plant ab dem kommenden Jahr Kürzungen in Höhe von 15 Millionen Euro. Am Ende der Legislaturperiode soll die VRT sogar mit knapp 30 Millionen weniger im Jahr auskommen - das wäre ein Zehntel der jährlichen Dotation.
Wie De Standaard schreibt, wollen die flämischen Liberalen bei der VRT das Hackbeil einsetzen. Der Verkauf des Hitradios MNM sei kein Tabu mehr, erklärt OpenVLD-Fraktionsführer Bart Tommelein in der Zeitung. Begründung: Die VRT sei zu dominant, habe zu große Marktanteile. Mit dem Radiosender MNM bewege sich der Öffentlich-Rechtliche zudem auf dem Parkett der Privaten. Es gebe zu viel Unterhaltungsinhalt und Werbung. Die VRT müsse aber in erster Linie Informations- und Kulturangebote liefern, so Tommelein.
Mit 100 Jahren noch hinterm Steuer
La Dernière Heure macht mit einem 100-jährigen Rentner auf, der noch immer hinterm Steuer sitzt. Der ehemalige Motorradprofi Auguste Goffin aus der Nähe von Lüttich besitzt seinen Führerschein seit 1934. In regelmäßigen Abständen verlangt die Versicherung aber von ihm, dass er seine Fahrtauglichkeit unter Beweis stellt. Das hat er gestern erneut gemacht, und die Prüfung mit Bravour bestanden. Goffin dürfte damit mit Abstand Belgiens ältester geprüfter Autofahrer sein.
Bild: Herwig Vergult/BELGA