"Vor 100 Jahren: Krieg", titelt La Libre Belgique. Le Soir bringt heute eine Sonderausgabe mit dem Titel: "Belgien im Krieg". Aufgemacht ist das Sonderheft wie eine Zeitung von 1914: dasselbe Layout, dieselben Schriftsätze.
Belgien bereitet sich auf die Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges vor. "Belgien auf Kriegsfuß", titelt L'Avenir. "Kriegsfuß" deswegen, weil am Montag in Belgien insgesamt rund 50 internationale Staatsgäste empfangen werden.
Ehrengäste zum Weltkriegsgedenken
Het Nieuwsblad bringt die bekanntesten Besucher ins Bild: allen voran das britische Prinzenpaar William und Kate, dazu Prinz Harry, der britische Premier David Cameron, das spanische Königspaar Felipe und Letizia, der französische Präsident François Hollande, der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck und der luxemburgische Großherzog Henri.
La Dernière Heure gibt einen Überblick über die Gedenkfeiern vom kommenden Montag. Konzentrieren wird sich das Ganze vor allem auf Lüttich, Mons und Löwen. 700 Polizisten, darunter 12 Scharfschützen müssen für die Sicherheit der Gäste sorgen, wie Het Nieuwsblad berichtet.
Heute wird in Lüttich eine große Ausstellung zum ersten Weltkrieg eröffnet. "Es ist die größte Expo aller Zeiten zum Thema 14-18", sagen die Macher in La Libre Belgique. Organisiert wird die Schau vom Team um den Welkenraedter René Schyns. Titel: "J'avais 20 ans en 14 - 1914 war ich 20". "Die Lütticher Ausstellung überzeugt", urteilt La Libre Belgique auf Seite eins.
Sind die Opfer des ersten Weltkrieges umsonst gestorben?, fragt sich La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Allein neun Millionen tote Soldaten, 20 Millionen Verletzte. Eigentlich hätte man geglaubt, dass eine solche Schlachterei die politisch Verantwortlichen auf ewig davon abhalten würde, wieder einen neuen Krieg anzuzetteln. Es dauerte am Ende etwas mehr als 20 Jahre. Und auch heute wird die Welt von einer Reihe von "totalen Kriegen" erschüttert, die mitunter nur einige tausend Kilometer von uns entfernt stattfinden. Die Tragödien der Vergangenheit haben uns offensichtlich nichts gelehrt.
Gaza: Endlosschleife der Gewalt
Einer dieser Konflikte, die die Tagesaktualität prägen, ist der Krieg im Gaza-Streifen. "Gaza, die Waffenruhe dauerte gerade mal 90 Minuten", titelt Le Soir. Het Belang Van Limburg hat auf zwei Stunden aufgerundet. Israel macht die Hamas für die Verletzung der Kampfpause verantwortlich. Direkt im Anschluss nahm die israelische Armee ihre Offensive mit unverminderter Härte wieder auf. "Die palästinensische Bevölkerung steht am Abgrund", schreibt Le Soir.
"Auge um Auge", notiert L'Avenir in einem resignierten Kommentar. Nach weniger als zwei Stunden hat sich die Spirale der Gewalt wieder zu drehen begonnen. Schuldige gibt es auf beide Seiten. Die Hamas lebt quasi von dieser ständigen Konfrontation mit Israel. Israel hat seinerseits jegliches Augenmaß verloren. Gewinner wird es keine geben. Dieser Krieg führt in eine Sackgasse und wird früher oder später neue Auseinandersetzungen zur Folge haben. Verlierer sind eindeutig die Zivilisten. Aber deren Hilferufe will keiner hören.
Die Leiden der palästinensischen Bevölkerung werden live in unsere Wohnzimmer gesendet, konstatiert Le Soir. Und es wird noch immer schlimmer. Wer denkt an die Kinder von Gaza? Die haben ohnehin nie eine wirkliche Perspektive gehabt. Jetzt lautet die Parole eigentlich: "No future", keine Zukunft. Was kann man denn von einer Jugend erwarten, die in regelmäßigen Abständen brutale Kriege erleben muss? Die Antwort lautet wohl: "Noch mehr Hass".
De Morgen warnt jedoch vor Pauschalurteilen. In Antwerpen hatte ein Arzt sich geweigert, eine 90-jährige jüdische Frau zu behandeln. Das ist ja nur die Spitze des Eisbergs, wettert das Blatt. Es ist vollkommen lächerlich, die jüdische Gemeinschaft in diesem Land für die Gewalt im Nahen Osten verantwortlich zu machen. Auf der anderen Seite muss es aber auch erlaubt sein, Kritik an Israel zu üben, ohne gleich als Antisemit gebrandmarkt zu werden. Wenn 90 Prozent der Opfer auf einer Seite fallen, dann kann man doch nicht von Verhältnismäßigkeit sprechen. Diese Haltung ist weder pro-Hamas noch anti-Israel und noch weniger antisemitisch. Sie ist schlicht und einfach menschlich.
Von Eiern, Birnen und Öl
"Belgien dreht mit russischem Öl", titelt De Standaard. Demnach kommt die Hälfte des in Belgien weiterverarbeiteten Rohöls aus Russland; und die Antwerpener Chemieindustrie ist fast vollständig auf den Rohstoff aus Russland angewiesen.
Kommentierend meint das Blatt dazu: Früher schon hat es immer geheißen, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen soll. Oder anders gesagt: Man sollte sich nicht von einem Kunden abhängig machen.
Das hätte sich so mancher hierzulande zu Herzen nehmen sollen. Was stellt sich jetzt nämlich heraus? 90 Prozent der flämischen Birnen werden nach Russland exportiert. Umgekehrt ist die Antwerpener Petrochemie quasi zu 100 Prozent vom russischen Öl abhängig. Dem kann man aber auch zumindest einen positiven Aspekt abgewinnen: Die Tatsache, dass die Weltwirtschaft so verzahnt ist, diese wechselseitige Abhängigkeit, ist die beste Garantie für die Erhaltung des Weltfriedens.
Bye bye Vater Staat
"Die Steuern werden erhöht", titelt De Morgen. Das Blatt beruft sich auf ein Mitglied der CD&V-Verhandlungsdelegation, nämlich Benjamin Dalle. Und der sagt ganz klar: "Wer 17 Milliarden Euro einsparen muss, der kann nicht anders, der muss auch neue Steuern erheben".
Belgien steht vor einem fundamentalen Richtungswechsel, glaubt Het Laatste Nieuws. Die Zeit, in der im wahrsten Sinne des Wortes "Vater Staat" sich um alles kümmerte, von der Wiege bis zum Grab, diese Zeiten sind vorbei. Konkret wird das auch etwa für das Gesundheitssystem gelten. In den letzten Jahren sind hier die Kosten geradezu explodiert. So kann es nicht weiter gehen. Der Bürger wird künftig verstärkt für sich selbst sorgen müssen. Das muss nicht gleich ein Drama sein; wir sind mitunter zu viel mehr fähig, als wir denken.