"Blutbad über den Wolken", titelt La Dernière Heure. "298 Tote", schreibt De Morgen. "Absturz oder Abschuss?", fragt Het Belang van Limburg auf seiner Titelseite. Le Soir zur Flugzeugkatastrophe: "Wer steckt dahinter?" La Libre Belgique schreibt auf Seite eins: "Der dunkle Schatten der pro-russischen Separatisten". "Unglück oder Massenmord?", so die Frage von Het Nieuwsblad. Und De Standaard meint: "Der Konflikt in der Ukraine betrifft jetzt die ganze Welt".
Die Titelseiten und Kommentare der Zeitungen stehen ganz im Zeichen der Flugkatastrophe in der Ostukraine. Malaysia Airlines-Flug MH17 von Amsterdam nach Kuala Lumpur mit vielen Touristen an Bord endete gestern Nachmittag tragisch in der Nähe von Donezk. "Kein einziger Passagier hat den Crash überlebt", berichtet Het Laatste Nieuws. Die meisten der knapp 300 Opfer, nämlich 154, stammen aus den Niederlanden. Mindestens fünf Belgier sind bei dem Absturz ebenfalls ums Leben gekommen. Ganz Europa, aber vor allem unsere niederländischen Nachbarn, sind in tiefer Trauer. Verzweiflung und Tränen bei den unzähligen Angehörigen: Das Land kann den Vorfall noch gar nicht fassen, schreibt die Zeitung.
Absturz oder Abschuss?
Inzwischen gibt es immer mehr Hinweise, dass die Passagiermaschine vom Typ Boeing 777 von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden ist. Le Soir benennt die drei in Frage kommenden Schuldigen: Entweder waren es die Russen oder die ukrainische Armee oder die pro-russischen Rebellen, die seit Monaten den Osten der Ukraine besetzt halten.
De Morgen meint dazu: Auch wenn es noch keine endgültige Klarheit gibt, so ist es doch am wahrscheinlichsten, dass die Rakete von den aus Moskau gelenkten Rebellen abgefeuert wurde. Vermutlich hat es sich um ein Versehen gehandelt und die pro-russischen Aufständischen wollten ein ukrainisches Militärflugzeug treffen. Damit ist dieser dramatische Crash zugleich der absurdeste Vorfall im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, findet das Blatt.
Gazet van Antwerpen glaubt ebenfalls an eine Verwechslung, da in den letzten Wochen bereits mehrere ukrainische Militärmaschinen in der Region durch Rebellen abgeschossen worden sind. Andererseits könnten die Aufständischen geplant haben, mit dieser Provokation mehr Unterstützung aus dem Kreml zu bekommen.
Het Laatste Nieuws fühlt sich wie in einem Alptraum gefangen. Auch wenn es ein Versehen gewesen sein sollte, das Unglück weckt böse Erinnerungen an Terrorakte wie die des 11. September.
Der Ukraine-Konflikt ist bei uns angekommen
Eines ist sicher, meint De Standaard: Der ukrainische Bürgerkrieg ist nun auch in unseren Wohnzimmern angekommen. Der russische Präsident Wladimir Putin steht im Mittelpunkt dieses Konflikts. Niemand weiß und versteht genau, welches Spiel er dort spielt. Het Nieuwsblad meint: Moskau wird tun, was es immer tut - seine Hände in Unschuld waschen und jegliche Verbindung zu den Rebellen abstreiten.
Doch diesmal wird Putin sich nicht so einfach aus der Affäre ziehen können. Wenn ein Krieg mit seinem Geld, seinen Waffen und seiner Unterstützung geführt wird, dann ist es sein Krieg und damit auch seine Verantwortung, hält Het Nieuwsblad fest. Ohne Moskau hätten die Rebellen keine Raketen, mit denen Flugzeuge abgeschossen werden können.
De Morgen findet, dass die internationale Gemeinschaft jetzt gute Gründe hat, um den russischen Herrscher durch umfassende Handelssanktionen weiter zu isolieren. Das wird die 298 unschuldigen Opfer von Flug MH17 leider nicht wieder lebendig machen. Aber es wird zumindest den Mann, der in den blutigsten Konflikten dieser Welt seine Finger im Spiel hat, in die Schranken weisen.
Wer hat Schuld: Russland oder die Ukraine?
L'Echo bemerkt: Das Massaker mit 300 unschuldigen Opfern - es ist ein Crash, der es einem eiskalt den Rücken herunter laufen lässt. Die Zeitung spielt ein Was-wäre-wenn-Szenario durch: Falls wider Erwarten nicht die pro-russischen Rebellen, sondern die ukrainische Armee hinter dem Abschuss stecken sollte, wird die EU ein handfestes Problem haben. Haben die Europäer doch politisch auf die neue Regierung in Kiew gesetzt.
Het Nieuwsblad fordert eine unabhängige und professionelle Untersuchung des Vorfalls. Die Angehörigen der Opfer haben ein Recht darauf, zu erfahren, was genau im Himmel über Donezk passiert ist. Und nicht nur sie, sondern die ganze Welt.
Der Konflikt in der Ukraine befindet sich nun an einem Wendepunkt, meint Gazet van Antwerpen. Der Abschuss der malaysischen Boeing kann weitreichende und gefährliche Folgen haben und die ganze Welt in die Zeit des Kalten Krieges zurückversetzen. Die Zeitung ruft alle Seiten trotz des furchtbaren Vorfalls zur Besonnenheit auf. Genauso sieht es De Standaard: Die Reaktionen der Europäer müssen nicht aggressiver, aber entschlossener werden.
L'Echo stellt sich noch eine ganz andere Frage: Wie kann es sein, dass Passagierflugzeuge über Kriegsgebiete geleitet werden? Seit gestern Abend ist der Luftraum über der Ostukraine nun geschlossen - leider zu spät.
Bild: Dominique Faget (afp)