"Argentinien glanzlos im Finale", titelt L'Avenir. "Holland kann nach dem Elfmeterschießen die Koffer packen", schreibt De Standaard auf Seite eins. Für die meisten Zeitungen kam das Ergebnis des zweiten Halbfinalspiels zu spät.
Stattdessen beschäftigen sich viele noch mit dem spektakulären 1:7-Debakel der Brasilianer. "Wie kann man so eine Schmach verarbeiten?", fragt sich Le Soir. Für De Morgen ist die "Götterdämmerung" angebrochen. "Wenn man schon 64 Jahre an einer 2:1-Niederlage knabbert - das Maracana-Trauma von 1950 - wie lange wird es wohl brauchen, ehe dass 1:7 verarbeitet ist?", fragt sich das Blatt.
Götterdämmerung in Brasilien
Einige Zeitungen spekulieren gar über mögliche politische oder wirtschaftliche Auswirkungen des verkorksten Halbfinalspiels. "Die Niederlage wird die Konjunktur in Brasilien unterminieren", analysiert etwa L'Echo. Hier geht es vor allem um Massenpsychologie. Die Brasilianer können sich jetzt für verflucht halten, nach dem Motto: Es ging uns ja schon schlecht, aber jetzt können wir nicht einmal mehr Fußball spielen.
La Libre Belgique will ihrerseits politische Auswirkungen nicht ausschließen. Im Oktober stehen Präsidentschaftswahlen in Brasilien an. Und bislang hatte Präsidentin Dilma Rousseff versucht, auf der Welle der Begeisterung zu surfen. Das Fest hat sich aber über Nacht in einen Alptraum verwandelt. Und jetzt stehen mit einem Mal wieder die sozialen Ungleichheiten im Fokus. Da wird es wohl schwierig, das Ruder noch mal rumzureißen.
Israel-Palästina: 3-1
Fußball kann schon mal die Kraft eines schweren Erdbebens entwickeln, notiert Het Laatste Nieuws. "Ein ganzes Land weint, dabei sind nur Tore gefallen, keine Toten. Brasilien-Deutschland endete mit 1:7. Bei Israel-Palästina stand es vor einigen Tagen 3:1: drei ermordete israelische Jugendliche, ein ermordeter junger Palästinenser. Finden Sie diese parallele zynisch?", wendet sich das Blatt an seine Leser. Zynisch ist allenfalls, dass die Tränen der Brasilianer uns so viel mehr berühren als das Leid in Israel und Palästina.
Eine Reihe von Zeitungen geht heute auf die neue Eskalation im Nahostkonflikt ein. "Angst regiert in Israel und Palästina", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Nach dem Luftangriff", so die Schlagzeile von De Standaard. Abgebildet sind Bewohner des Gaza-Streifens, die bei einem israelischen Luftangriff verletzt wurden. Het Laatste Nieuws kennt "fünf Gründe, warum es zwischen Israelis und Palästinensern niemals Frieden geben wird".
Staatsschuld: Plus 30 Milliarden?
"Dunkle Wolken über der belgischen Staatsschuld", titelt unterdessen Le Soir. Das Europäische Statistikamt Eurostat will eine Neubewertung der Staatsschuld vornehmen. Demnach sollen auch die Passiva der sozialen Wohnungsbaugesellschaften und auch die der so genannten PPP-Projekte in die Berechnung der Gesamtschuld mit einfließen. Sollte Eurostat ernst machen, dann würde sich die Staatschuld über Nacht um 30 Milliarden Euro erhöhen, das entspricht 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
In ihrem Kommentar appelliert Le Soir aber an das Augenmaß der EU-Kommission. Besagte PPP-Projekte, also Partnerschaften zwischen der Öffentlichen Hand und dem Privatsektor, sind noch vor einiger Zeit von eben dieser EU-Kommission ausdrücklich gefördert worden. Niemand stellt darüber hinaus die Notwendigkeit einer Sanierung der Staatshaushalte in Frage. Europa sollte aber nach einem Mittelweg suchen, und nicht den wirtschaftlichen Aufschwung im Keim ersticken.
Regierungsbildung
"Für Charles Michel geht's um seinen Kopf", bemerkt derweil L'Avenir. Der Informator muss am kommenden Montag dem König erneut Bericht erstatten. Gerade innerhalb der eigenen Reihen ist der MR-Chef aber zum Erfolg verdammt, glaubt L'Avenir. Zu viele Leute wären zu enttäuscht, wenn sich die Liberalen am Ende mit Krümeln abspeisen lassen müssten, beziehungsweise ganz leer ausgehen würden. Dann dürfte Michel wohl die längste Zeit MR-Präsident gewesen sein.
In die flämische Regierungsbildung ist offensichtlich wieder Bewegung gekommen, berichtet Het Laatste Nieuws. Demnach ist das Vertrauen zwischen N- VA und CD&V wieder hergestellt.
Gazet Van Antwerpen ruft beide Parteien dazu auf, klare Entscheidungen zu treffen. Das wäre zum Beispiel die Abschaffung der Provinzen, wie sie ja auch die N- VA gefordert hat. Die Flamen haben immer der föderalen Ebene ihre faulen Kompromisse vorgeworfen. Jetzt ist es an der Zeit, es besser zu machen.
Ein Beispiel dafür ist der neue Senat, wie auch De Morgen in seinem Leitartikel hervorhebt. Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Hölle kann man im vorliegenden Fall durch Senat ersetzen. Der ist nach der Sechsten Staatsreform eigentlich überflüssig. Und doch tagen dort 60 gutbezahlte Politiker, die noch dazu direkt gewählt sind. Das befeuert nur populistisches Gedankengut. Und das ist nicht gut, nicht für die Politik und auch nicht für die Senatoren.
Tour de France im Dauerregen
Schließlich wird es doch noch mal sportlich. Die Tour de France hat ja am Mittwoch in Ypern an den ersten Weltkrieg erinnert. Aus sportlicher Sicht heben die Zeitungen das Ausscheiden von Vorjahressieger Chris Froome hervor. Er fiel den katastrophalen Wetterbedingungen zum Opfer.
Aber a propos Wetter: "Schon 48 Stunden Non-Stopp Regen", titelt Het Laatste Nieuws. Die Folgen: Pfadfinderlager mussten geräumt werden, Vergnügungsparks waren geschlossen und es gab allein am Mittwoch vier schwere Unfälle mit LKW. Das ist wohl nicht alles, meint Het Laatste Nieuws: Noch die ganze Woche über wird es nass sein. L'Avenir weiß das aber in seinem Kommentar zu relativieren. Im Juli 1936 gab es 29 Regentage. Alles eben nur eine Frage der Wahrnehmung.
"Das Road-Pricing funktioniert", so die Aufmachergeschichte von De Morgen. Hier geht es um die Kilometerabgabe, die sich nach der Route beziehungsweise der Tageszeit berechnet. Und man hat ja einen Modellversuch durchgeführt. Über 1.000 Autos wurden mit einem elektronischen Maut-Gerät ausgestattet. Resultat: Die Autofahrer haben ihre Routen angepasst. So könnte man also den Verkehrsinfarkt bekämpfen, glaubt De Morgen.
Archivbild: Fabrice Coffrini (afp)