"1:7", dieses Ergebnis steht auf vielen Titelseiten. Mit eins zu sieben hat Gastgeber Brasilien im WM-Halbfinale gegen Deutschland verloren. "Unfassbar", schreibt Gazet Van Antwerpen. "Unglaublich", so die Schlagzeile von La Dernière Heure. Het Nieuwsblad spricht vom "Abgang des Jahrhunderts". De Standaard und Le Soir benutzen ihrerseits das Wort "Erniedrigung".
"Brasilien ist kaputt"
Noch nie ist ein Gastland derartig gedemütigt worden. L'Avenir bringt ein deutsches Wort in seine Schlagzeile: "kaputt". "Brasilien ist kaputt", schreibt das Blatt auf Seite eins.
Für La Libre Belgique hat sich für die Brasilianer das Fest zum Alptraum entwickelt. Für die 200 Millionen Fans in Brasilien war eine Niederlage absolut kein Thema. Entsprechend geschockt ist die Fußballnation jetzt, erst recht nach einem solchen Debakel.
Sportlich geht es auch weiter auf Seite eins von Het Nieuwsblad: "Die Tour de France ist in Belgien - Die Polizei befürchtet zu enthusiastische Fans", schreibt das Blatt. Die Ordnungskräfte appellieren jedenfalls an die Radsportfreunde, bei aller Begeisterung nicht die Fahrer zu gefährden.
Hetzjagd
In Flandern sorgt ein Vorstoß der Selbstständigenorganisation Unizo für Diskussionsstoff. Nach Ansicht des Verbands sollen Arbeitgeber, die mit offensichtlichen Scheinbewerbungen konfrontiert sind, den Fall beim Arbeitsamt melden. Nach Erkenntnissen von Unizo waren bereits sieben von zehn Unternehmern mit Menschen konfrontiert, die nur zum Vorstellungsgespräch gekommen sind, um nicht ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren.
Unizo predigt genau das, was man selbst ablehnt, notiert dazu Het Laatste Nieuws. Der Arbeitgeberverband beklagt in regelmäßigen Abständen, dass man Unternehmer allzu oft nur als potentielle Betrüger betrachtet. Und was macht die Organisation jetzt? Sie suggeriert, dass alle Arbeitslosen potentielle Faulpelze sind. Jeder Bewerber hat das Recht, grundsätzlich mit einem Vertrauensvorschuss empfangen zu werden und nicht von vornherein schief angeschaut und begutachtet zu werden. Was Unizo da predigt hat nichts mit Bürgersinn zu tun, sondern gleicht eher einer Hetzjagd.
Hier werden alle Arbeitssuchenden über einen Kamm geschert und stigmatisiert, meint auch Het Belang Van Limburg. Natürlich wird durch Menschen, die allein vom System profitieren wollen, besagtes System unterminiert. Natürlich sind Phänomene wie Scheinbewerbungen zu verurteilen. Der Punkt ist: Hier geht es um eine kleine Minderheit von Arbeitslosen. Für die große Mehrheit von ihnen gilt, dass sie schlicht und einfach keinen Job finden und das hat vor allem mit den hohen Lohnkosten in Belgien zu tun.
De Morgen sieht in dieser Geschichte ein Zeichen der Zeit. Jeder ist immer des anderen Sündenbock. Selbstständige stehen im Verdacht, notorische Betrüger zu sein. Beamte sind sprichwörtlich faul und bekommen außerdem noch viel zu viel Pension. Und Lehrer haben immer Urlaub. Vielleicht ist ja ein Fünkchen Wahrheit in diesen Klischees. Zur Lösung unserer Probleme trägt das Ganze aber herzlich wenig bei. Warum glauben wir eigentlich, dass Neid und Missgunst, dass mit dem Finger auf den anderen zu zeigen, besser ist als konstruktiver Dialog.
Das Theater der CD&V
Ebenfalls in Flandern sind die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regionalregierung ins Stocken geraten. Zwischen N- VA und CD&V hängt der Haussegen schief. Laut Het Nieuwsblad sind die Gespräche festgefahren. Bei den Christdemokraten hieß es am Dienstag sogar erstmals, dass ein Scheitern der Verhandlungen nicht auszuschließen sei, berichtet Het Laatste Nieuws.
Die CD&V steht derzeit gehörig unter Druck, bemerkt dazu Gazet Van Antwerpen. Im Zusammenhang mit Arco und auch mit BNP Paribas sieht sich der amtierende Finanzminister Koen Geens mit sehr legitimen Fragen konfrontiert. Und der CD&V-Spitzenpolitiker Kris Peeters will jetzt, da er wohl nicht mehr flämischer Ministerpräsident werden kann, offensichtlich föderaler Premier werden. Das alles stört die laufenden Verhandlungen. Da kann die CD&V noch so unumgänglich sein, sie sollte doch bitte mit ihrem Theater aufhören.
BNP Paribas: Belgien machtlos
A propos BNP Paribas: Viele Zeitungen beschäftigen sich auch heute mit den Verstrickungen der französischen Großbank und den Folgen. Finanzminister Geens hat jetzt den Druck auf das Geldhaus erhöht. Schließlich ist der belgische Staat der größte Aktionär von BNP Paribas. La Libre Belgique spricht aber von einem "verspäteten Erwachen von Koen Geens in dieser Akte". BNP Paribas wurde ja zur Zahlung eines Rekordbußgelds verurteilt, weil die Bank gegen US-Embargorichtlinien verstoßen hat.
"Wir konnten doch nicht einfach den Sudan verlassen", rechtfertigt sich Emiel van Broekhoven, belgisches Verwaltungsratsmitglied, in De Standaard. Van Broekhoven unterstreicht dabei, dass er nur als unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat tagt, nicht als Vertreter des belgischen Staats. Er wache denn auch über die allgemeinen Interessen der Bank, und nicht die belgischen.
Es wird Zeit, dass die Rolle des belgischen Staates in dieser Sache aufgeklärt wird, fordert La Libre Belgique in ihrem Kommentar. Es ist offensichtlich, dass die Bank die belgische Regierung nicht beizeiten über die drohende Strafe informiert hat.
"Wie kann eine Regierung zehn Prozent der Anteile an einer Bank übernehmen und zugleich damit einverstanden ein, dass man im Aufsichtsrat nichts zu sagen hat?", wettert Het Nieuwsblad. Das ist, mit Verlaub, total verrückt. Und die Rechtfertigungen der belgischen Aufsichtsratsmitglieder grenzen an Zynismus. Wenn wir schon nichts zu sagen haben, dann wollen wir zumindest Verwaltungsratsmitglieder, die über ein Gewissen verfügen. Aber wer an die Spitze will, für den ist es wohl besser, wenn Worte wie Moral oder Ethik nicht in seinem Lebenslauf vorkommen.
Karikatur: Valentine Lilien/BRF