"Monsieur Non", titeln sowohl Le Soir, L'Echo als auch Gazet van Antwerpen und Het Nieuwsblad. "CDH torpediert De Wever", meint De Standaard. "Wochenlang für dumm verkauft", schreibt Het Laatste Nieuws. "Lutgen lässt De Wever abblitzen", so die Schlagzeile von L'Avenir.
Die französischsprachigen Christdemokraten, CDH, haben die Note von Informator Bart De Wever am Abend verworfen. Und das, obwohl der N- VA-Chef massenhaft Wasser in seinen Wein geschüttet hat, bemerkt Het Laatste Nieuws. Er hatte die Latte für sein Mitte-Rechts-Bündnis ziemlich tief gehängt. Von Konföderalismus und anderen Tabu-Themen, wie einem Indexsprung oder der zeitlichen Befristung des Arbeitslosengeldes, war in der Note keine Rede. De Wever war bereit, große Teile seines Programms fallen zu lassen, um eine Föderalregierung ohne die PS auf die Beine zu stellen. Obwohl er die Latte so tief gelegt hat, weigerte sich die CDH zu springen.
"Wolf De Wever noch kein Schaf"
De Morgen schreibt: Die Schafswolle, in die De Wever seinen Vorschlag eingewickelt hat, hat die frankophonen Christdemokraten nicht überzeugen können. Am Inhalt der Note kann es jedenfalls nicht gelegen haben, stellt La Dernière Heure fest. Darin findet man keine Programmpunkte, die die Frankophonen grundsätzlich abschrecken könnten. Trotzdem hat die CDH "Nein" gesagt.
Nach 2007 und "Madame Non" Joëlle Milquet bringt die CDH jetzt mit Benoît Lutgen "Monsieur Non" hervor. Es gebe keine Schutzgarantien vor der separatistischen Grundhaltung der N- VA. Außerdem fehle es an Vertrauen, erklärte Lutgen am Abend im Fernsehen die ablehnende Haltung seiner Partei.
L'Echo meint ketzerisch: Bei der CDH kennt man nur noch zwei Wörter - "Nein", wenn es darum geht, mit der N- VA zu verhandeln und "Ja", wenn die PS zum Tanz auffordert. Damit macht sich die CDH definitiv zum Schoßhündchen der Sozialisten.
"Gefährliches Spiel" und Verständnis
Auch La Libre Belgique ist der Auffassung, dass die frankophonen Zentrumshumanisten ein gefährliches Spiel spielen. Sie führen De Wever vor, dass er immer Recht hatte. Dass wir tatsächlich in zwei verschiedenen Demokratien leben. Flandern wird noch mehr seinen Glauben an das Mutterhaus Belgien verlieren und weitere Zuständigkeiten einfordern.
De Standaard meint: De Wever hat einmal mehr die Allmacht der PS bewiesen. Die Argumentation Lutgens, um die De Wever-Note zu verwerfen, war hauchdünn. Er hat sich um Kopf und Kragen geredet. Die CDH scheint inzwischen bombenfest an der PS zu kleben, fügt Het Nieuwsblad hinzu.
Laut L'Avenir stand Lutgen vor einem Dilemma: Entweder er wäre der Maulwurf der PS in einer Föderalregierung ohne Sozialisten geworden, oder er wird zum Wegbereiter für eine Rückkehr der PS an den föderalen Verhandlungstisch. Die CDH hat die zweite Option gewählt.
Einzig Le Soir kann Verständnis für die Haltung der frankophonen Christdemokraten aufbringen. De Wevers Versprechen, von seinen konföderalistischen Plänen Abstand zu nehmen, ist nicht ausreichend. Lutgen ist davon überzeugt, dass die De Wever-Note nur eine Attrappe ist, eine Falle der flämischen Nationalisten, in die er nicht tappen will. De Wever erntet damit, was er jahrelang gesät hat: nämlich tiefes Misstrauen, bemerkt das Blatt.
Krisenuhr tickt wieder
Alle Zeitungen sind überzeugt, dass wir erneut auf eine lange politische Krise zusteuern. De Morgen findet: Welchen Lauf die Dinge auch immer nehmen werden, es wird viel Zeit brauchen, um die gerissenen Wunden zu heilen, um wieder Vertrauen herzustellen.
Was jetzt?, fragt sich Gazet van Antwerpen. Der einzige Vorteil am "Nein" der CDH ist, dass sie damit ein für alle Mal für Klarheit gesorgt hat und dass das "Nein" bereits nach vier Wochen gekommen ist und nicht wie 2007 erst nach einem halben Jahr. Der König wird jetzt einen Frickler ins Feld schicken müssen, um zu versuchen, die Bruchstücke wieder zusammenzusetzen.
Mit seinem "Nein" bringt Lutgen König Philippe jedenfalls in die Bredouille, meint La Libre Belgique. L'Echo wendet sich an den König und schreibt: "Hier ist Ihre erste politische Krise, Sire". Der Ball liegt jetzt unvermeidlich bei den französischsprachigen Sozialisten, findet De Standaard.
Soll Elio Di Rupo sich doch eine blutige Nase holen, meint Gazet van Antwerpen. Eine offensichtliche Alternative zum Mitte-Rechts-Bündnis liegt nicht wirklich auf der Hand. Die sogenannte Kamikaze-Koalition nur mit der liberalen MR auf frankophoner Seite birgt viele Risiken. Einer Fortführung der aktuellen Mehrheit werden die CD&V, aber vor allem die MR nach dem Vorpreschen der PS auf regionaler Ebene nicht einfach so zustimmen. Und auf eine konföderale Koalition aus N- VA, CD&V, PS und CDH - darauf hat nun wirklich niemand Lust. Das Fazit der Zeitungen lautet denn auch: Die Krisenuhr tickt wieder...