"Neue Regierung, alte Grabenkämpfe", titelt das GrenzEcho. Viele Zeitungen beleuchten am Samstag zum Teil ausgiebig die Regierungsbildung in Eupen. Le Soir spricht von einer "Verjüngungskur" in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Für De Morgen hat eine "Revolution" stattgefunden, in dem "ansonsten doch so ruhigen Osten des Landes". "Wer ist eigentlich Oliver Paasch?", fragt sich La Libre Belgique. Die Antwort: "Ein Autonomist, ma non troppo". Was so viel heißt wie: Aber nicht übertrieben. De Standaard nennt Paasch seinerseits den "deutschsprachigen Bart De Wever", fügt aber einschränkend hinzu, dass Paasch nicht den Hang zum Spalten besitzt.
"Ich bin nicht der deutschsprachige Bart De Wever", zitiert aber De Morgen den neuen DG-Ministerpräsidenten. De Morgen weist darauf hin, dass alle traditionellen Parteien in der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Forderung nach mehr Autonomie mittragen. Die Zeitung erinnert nichtsdestotrotz an die alte PDB und auch an die Niermann-Affäre aus den 80er Jahren. "Ich war nie Mitglied der PDB, ich bin meinen eigenen Weg gegangen", betont Paasch.
DG: Ende einer Ära
Um den neuen DG-Ministerpräsidenten Oliver Paasch zu charakterisieren, greift De Standaard auf ein Zitat des Vivant-Politikers Michael Balter zurück. Dessen Analyse: "Paasch ist mindestens so intelligent wie ein Computer, vielleicht sogar noch schlauer, besitzt aber keinen Funken Charisma".
Das GrenzEcho spricht in seinem Kommentar vom "Ende einer Ära". Der bald 62-jährige Lambertz räumt das Feld für die jungen Kollegen. Die müssen sich nun beweisen und den Kopf hinhalten, so wie es der Schoppener lange Zeit gemacht hat. Nicht mehr MP zu sein, wird vielleicht an seinem Ego nagen. Lambertz ist es aber gelungen, seine Sozialisten an der Macht zu halten.
De Wevers Erfolgschancen
In der Brüsseler Rue de la Loi und in Namur hat der Koalitionspoker derweil gerade erst begonnen. Auf föderaler Ebene führt Informator Bart De Wever weiter Sondierungsgespräche. Am Dienstag soll er dem König eine erste Zwischenbilanz präsentieren. "Das könnte aber zugleich schon der Abschlussbericht sein", zitiert De Morgen eine ungenannte N-VA-Quelle. De Wever hat wiederholt den Verdacht geäußert, dass Christdemokraten, Sozialisten und Liberale ihn lediglich eine Ehrenrunde drehen lassen, um die N- VA dann doch ins Abseits zu stellen.
Het Laatste Nieuws schätzt ebenfalls die Erfolgschancen von Bart De Wever als eher gering ein. Das hat vor allem damit zu tun, dass das Misstrauen auf frankophoner Seite enorm groß ist. Kernproblem: De Wever kennt die frankophonen Partei-Vorsitzenden gar nicht. In dieser Woche etwa ist er zum allerersten Mal mit dem CDH-Vorsitzenden Benoît Lutgen zusammengetroffen. De Wever will also eine Regierung bilden mit Leuten, von denen er keine Ahnung hat. Das ist, als würde Fußballnationaltrainer Marc Wilmots einen Kader für die WM zusammenstellen mit Spielern, die er noch nie gesehen hat.
Het Nieuwsblad wendet sich in einem offenen Brief an Bart De Wever: Darin gibt Chefredakteurin Liesbeth Van Impe dem Informator einige Tipps, wie er seine Aufgabe angehen sollte. Die wohl wichtigste Botschaft: "Starten Sie mit einem weißen Blatt Papier. Und darauf müssen alle Optionen vermerkt werden; auch die Koalitionsformel mit den Sozialisten".
Regionale Sondierungsrunde
Derweil haben ja die frankophonen Sozialisten am Freitag ebenfalls den Reigen der Koalitionsgespräche eröffnet. In Brüssel und in der Wallonischen Region legte die PS erste Kontakte mit Blick auf die mögliche Bildung neuer Regionalregierungen.
"Welche Mehrheit wird den Olivenbaum ersetzen?", fragt sich La Libre Belgique. Denkbarste Option ist eine klassische Dreier-Koalition aus PS, MR und CDH. Eine Mitte-Rechts-Koalition aus MR und CDH ohne die PS wäre zu dünn. Sie würde nämlich nur über einen Sitz mehr verfügen als die Opposition.
Doch wartet im Augenblick alle Welt auf den Zwischenbericht, den Bart De Wever am Dienstag dem König vorlegen wird, analysiert De Standaard. Vorher dürfte nichts Weltbewegendes passieren. Die entscheidende Frage lautet, wie sich die Zentrumsparteien CD&V und CDH positionieren.
Lichtblicke für De Wever
Het Nieuwsblad glaubt, womöglich die Antwort zu kennen. "MR und CDH halten eine Regierung ohne die PS für denkbar", so die Schlagzeile im Innenteil. Für die N-VA bleibt damit die angestrebte Mitte-Rechts-Koalition machbar. Grundbedingung ist aber, dass die N-VA dafür einen angemessenen Preis zahlt. Und der ist ziemlich hoch, bemerkt Het Nieuwsblad.
Het Laatste Nieuws hebt seinerseits einen Satz des PS-Vorsitzenden Paul Magnette hervor. Der hatte fast schon beiläufig erklärt, dass es zwar wünschenswert sei, dass alle Regierungen über möglichst dieselben Mehrheiten verfügen, zwingend notwendig sei das aber nicht.
Gazet Van Antwerpen sieht darin einen Lichtblick für Bart De Wever. Es mag so aussehen, als könnte sich die PS notfalls damit abfinden, nur in den Regionen Brüssel und Wallonie zu regieren. Die zweite Entwicklung, die für De Wever die Erfolgschancen vergrößern könnte: In der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurde die Schwesterpartei der CDH einmal mehr ins Abseits gestellt, unter anderem von den Sozialisten. Das kann dafür sorgen, dass sich die CDH aus dem Windschatten der PS löst uns sich abnabelt. Eins ist sicher: Der Poker hat gerade erst begonnen.
BNP Paribas Fortis ins Fadenkreuz
"BNP-Paribas: Monster-Geldbuße lässt um Dividende bangen", so die Schlagzeile von L'Echo. Die französische Großbank BNP-Paribas könnte in den USA eine Geldbuße von zehn Milliarden Dollar aufgebrummt bekommen. Die Bank soll die amerikanische Embargo-Politik unterlaufen haben. Demnach hat sie Geschäfte mit Ländern gemacht, die auf der Schwarzen Liste standen. Sollte die Monstergeldbuße tatsächlich verhängt werden, dann müssten die Anleger wohl auf ihre Dividenden verzichten, orakeln L'Echo und auch Het Nieuwsblad. Dabei nicht vergessen: Der belgische Staat ist einer der größten Einzelaktionäre. Im vergangenen Jahr hat Belgien dafür 192 Millionen Euro kassiert.
"Hat der Staat da auf das falsche Pferd gewettet?", fragt sich L'Echo in seinem Leitartikel. Noch vor einiger Zeit hätte Belgien seine BNP Paribas-Aktien gewinnbringend verkaufen können. Jetzt ist der Kurs auf Talfahrt. Von den ausbleibenden Dividenden ganz zu schweigen.
Die Bankenwelt scheint immer noch nicht verstanden zu haben, wettert Le Soir in seinem Leitartikel. Und selbst die Vertreter des Staates in den Verwaltungsräten scheinen es nicht zu schaffen, die Finanzwirtschaft zu bändigen.
Bild: Nicolas Lambert (belga)