"Der Kaiser von Flandern", titelt Gazet van Antwerpen. "Monsterscore", heißt es bei Het Nieuwsblad. Und Het Laatste Nieuws schreibt: "Hattrick, aber kein gewonnenes Spiel".
Auf allen flämischen Titelseiten ist heute ein Mann ganz groß abgebildet: N-VA-Chef Bart De Wever, der große Sieger der Wahlen von Sonntag. Die meisten Zeitungen zeigen ihn in Siegerpose mit dem Victory-Zeichen.
Aber die Blätter weisen auch darauf hin, dass noch nichts klar ist. Denn die anderen großen flämischen Parteien sind nicht abgestraft worden. "Großer Triumph, ein vorsichtiger Sieger", heißt es entsprechend bei De Standaard. Denn, so weiter: Die anderen drei großen Parteien, nämlich CD&V, OpenVLD und SP.A, können gemeinsam regieren, ohne die N-VA.
"Das hatte sich De Wever anders vorgestellt"
Het Nieuwsblad kommentiert: Das hatte sich Bart De Wever anders vorgestellt. Monatelang wurden die 30 Prozent als die magische Grenze genannt, an der sich Erfolg oder Niederlage bemessen. Jetzt hat De Wever mehr als 30 Prozent bekommen, doch er muss feststellen, dass das noch nicht genug ist. Was ist schief gelaufen? Kurz gesagt: Die N-VA hat Wähler von den falschen Parteien abgezogen. Die 30 Prozent hätten gereicht, wenn OpenVLD und CD&V deutliche Verluste hätten hinnehmen müssen. Aber die N-VA hat vor allem beim Vlaams Belang und der Liste Dedecker gewildert. Diese neugewonnenen Wähler bringen der N-VA aber kaum etwas, so Het Nieuwsblad.
Ähnlich die Analyse bei Le Soir. Es liegt jetzt an Bart De Wever, Koalitionsverhandlungen zu beginnen, sowohl in Flandern als auch auf föderaler Ebene. De Wever ist sich dessen bewusst. Er hat sich am Sonntag als Politiker dargestellt, mit dem man reden kann. Als ein Mann, der seinen Aufgaben gewachsen ist. Ganz anders noch als bei dem Auftritt nach seinem Triumph in Antwerpen. Aber wenn am Sonntag auch die N-VA als großer Sieger aus den Wahlen hervorgegangen ist, so ist sie nicht unentbehrlich. De Wever und die Seinen haben es nicht geschafft, den traditionellen flämischen Parteien Wähler abzujagen. Diese Parteien haben eine andere Vision für das Land und könnten eine Mehrheit in Flandern bilden. Am Sonntagabend lag der Schlüssel zum Sieg von De Wever in den Händen der CD&V, meint Le Soir.
CD&V Zünglein an der Waage
De Standaard stimmt dem zu und schreibt: Während De Wever schnell Klarheit über die künftige Zusammensetzung der Regierung in Flandern haben will, sollte die CD&V erst abwarten, was sich auf föderaler Ebene tut. Dort wird sich sicherlich keine frankophone Partei finden, die mit der N-VA zusammenarbeiten will. Die Sechsparteienkoalition von Elio Di Rupo ist eine brauchbare Alternative. Warum also in Flandern mit der N-VA regieren? Das wäre ein großes Risiko, vor allem weil auch noch die Sechste Staatsreform umgesetzt werden muss, so De Standaard.
L'Avenir schaut auf die Erfolge der anderen Parteien: Die PS war am Sonntag schnell dabei, zu behaupten, dass die Sozialisten, im Norden und im Süden zusammengenommen, weiter die stärkste politische Kraft im Land seien. Dann kam die MR mit anderen Zahlen, und Zweifel machten sich breit. Das lag auch daran, dass es eine Informatikpanne gegeben hat. Viele Ergebnisse konnten zunächst nicht übermittelt werden. Endgültige Zahlen liegen deshalb noch nicht vor. Dieses technische Problem hat die politische Unsicherheit noch verstärkt, findet L'Avenir.
Zurück zur Papierwahl?
Beim GrenzEcho heißt es zur Wahlpanne in Ostbelgien: Zurück zur Papierwahl wurde am Sonntag schnell gerufen. Mal mehr, mal weniger laut. Angesichts eines veralteten Informatiksystems, das auf Disketten als Speichermedium zur Datenübertragung setzt, ist dies ein nachvollziehbarer Schritt. In welcher Form man in Ostbelgien künftig sein "Kreuzchen" macht, birgt nun jede Menge Gesprächsstoff. Die Diskussion hierüber dürfte mit der gestrigen Panne jedenfalls eröffnet sein - und vielleicht wird sie sogar spannender als der erst soeben beendete Wahlkampf, mutmaßt das GrenzEcho.
Feiges Attentat
Zum Mordanschlag im Jüdischen Museum am Samstag in Brüssel, bei dem mindestens drei Menschen erschossen wurden, schreibt La Libre Belgique: Ziel dieses feigen Attentates war die jüdische Gemeinschaft, aber die Wirkung geht über diese Gemeinschaft hinaus. Es hat einhelliges Entsetzen hervorgerufen, über Partei- und Konfessionsgrenzen hinaus. Die Tatsache, dass der Anschlag gegen einen kulturellen Ort des Erinnerns gerichtet war, hat starken Symbolcharakter. Er ist damit auch ein Anschlag auf unsere Werte der Toleranz, die in der jüngsten Zeit durch populistische Strömungen, auch in der Politik, leider gefährdet wurden. Dieser blinde Akt der Gewalt erfordert eine starke und einstimmige Antwort. Denn wir sind alle betroffen, findet La Libre Belgique.
Bild: David Stockman (belga)