"Und jetzt liegt es an Ihnen", wendet sich Gazet van Antwerpen an ihre Leser. "Di Rupo oder De Wever?", fragt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Das politische Schicksal des Landes entscheidet sich morgen in den Wahlkabinen", schreibt Le Soir. "Der Kampf um die letzten Prozentpunkte läuft", bemerkt derweil Het Nieuwsblad.
In Belgien findet morgen die langerwartete "Superwahl" statt. Alle Parlamente des Landes sowie die belgischen Vertreter für das Europäische Parlament werden neu bestimmt.
Alle Blicke werden auf die N-VA gerichtet sein: Welches Ergebnis erzielen die flämischen Nationalisten? Davon wird so gut wie alles abhängen, ist Het Belang van Limburg überzeugt. Landet die Partei von Bart De Wever unter 30 Prozent, dann werden alle ihre Gegner das als Niederlage verkaufen und versuchen, eine zweite Regierung Di Rupo auf die Beine zu stellen. Schaffen die Nationalisten dagegen mehr als 30 Prozent, dann haben sie die Karten in der Hand. Morgen Abend wissen wir mehr, fügt Gazet van Antwerpen hinzu.
N-VA auf allen Kanälen
De Morgen meint: Noch eine Zahl wird morgen von Bedeutung sein. Nämlich: Beträgt der Unterschied zwischen N-VA und den flämischen Christdemokraten mehr oder weniger als zehn Prozent? Und: Wie viele Federn muss die PS von Premierminister Elio Di Rupo in der Wallonie lassen?
Le Soir findet: Die Zahl der Nicht- und Weißwähler ist ebenfalls von Bedeutung. Sie zeigt, wie es um das Vertrauen in die Politik bestellt ist. Alle Zeitungen rufen ihre Leser zur Wahl auf. "Sie haben viel Verantwortung, aber auch ein großes Privileg. Machen Sie davon Gebrauch!", meint etwa Gazet van Antwerpen.
Het Laatste Nieuws titelt: "König Philippe hält seinen Terminkalender bis Anfang Oktober frei". Das hat die Zeitung aus gut informierten Kreisen erfahren. Alles ist ab morgen der politischen Aktualität untergeordnet. Nur auf föderaler Ebene hat das Staatsoberhaupt eine Funktion bei der Regierungsbildung. Für den noch unerfahrenen Philippe wird das Feuertaufe und Eiertanz zugleich, meint das Blatt. Allerdings hat der König sich gut darauf vorbereitet, schreibt die Zeitung weiter.
Morgen geht es um mehr als nur um die föderale Ebene, bemerkt Le Soir. Durch die Sechste Staatsreform bekommen die Gemeinschaften und Regionen deutlich mehr Gewicht. Sie werden mehr Einfluss als je zuvor auf Ihren Alltag haben.
Noch nie so viele Belgier unentschlossen
Het Nieuwsblad hält fest: Noch nie waren so viele Belgier am Vortag einer Wahl noch unentschlossen. Jeder Vierte weiß noch nicht genau, wo er morgen sein Kreuzchen machen wird. Die Folge ist große Unruhe bei allen Parteien. Die Nerven liegen aber auch deshalb blank, weil es diesmal um besonders viel geht. Für einige steht schlicht und ergreifend ihr politisches Überleben auf dem Spiel.
Morgen bestimmen wir, in wessen Hände wir unsere Zukunft für die nächsten fünf Jahre legen. Die Pflicht der gewählten Volksvertreter wird es sein, nach den Konfrontationen während des Wahlkampfs dann nach Gemeinsamkeiten und nach Bündnispartnern zu suchen. Vor allem auf der föderalen Ebene dürfte das keine leichte Aufgabe werden. Dass die Regierungsbildung etwas Zeit in Anspruch nehmen wird ist verständlich, aber unter keinen Umständen darf das erneut 500 Tage dauern.
Wahlkampf mit harten Bandagen
La Libre Belgique blickt auf den Wahlkampf zurück, der zum Teil heftig war, so die Zeitung. Zum Glück ging es aber auch um Inhalt, bemerkt L'Echo. Um die Steuerreform, die Lohnkosten, den Index, einen neuen Sparhaushalt und vieles mehr. Trotzdem meint La Libre Belgique: Wir haben in den letzten drei Monaten viel zu oft über die N-VA gesprochen. Aber wenn man sein Land mag und an dessen Zukunft glaubt, ist es normal, dass man die Leute, die sich die Spaltung Belgiens auf die Fahnen geschrieben haben, besonders wachsam im Blick behält.
Die Wahlempfehlung der Zeitung lautet deshalb: Stimmen Sie morgen für Frauen und Männer, die konstruktiv statt destruktiv sind, die an starke Teilstaaten, an ein starkes Belgien und an ein starkes Europa glauben. De Morgen verzichtet dagegen bewusst auf eine Wahlempfehlung: Anstelle des üblichen Kommentars ist ein weißes Feld zu sehen. Darin steht lediglich geschrieben: "Morgen spielt allein Ihre Meinung eine Rolle."
Ostbelgien: Wer wird der nächste Ministerpräsident?
Das Grenzecho schließlich blickt auf die Wahl in Ostbelgien. Alles dreht sich um die Frage: Wer wird der nächste Ministerpräsident: Amtsinhaber Karl-Heinz Lambertz, sein Herausforderer aus der Koalition, Oliver Paasch, oder doch der Kontrahent aus den Reihen der Opposition, Robert Nelles? Lambertz will die vierte Regierung unter seiner Obhut bilden. Aber auch die ProDG spürt Wind in den Segeln. Und auch die Christlich-Sozialen haben bessere Karten als in den vergangenen Jahren, findet das Blatt.
Vielleicht spricht der Wähler aber auch eine ganz andere Sprache als erwartet. Denn dass der Ostbelgier es nicht scheut, die Regierenden abzustrafen, haben die Kommunalwahlen 2012 gezeigt. Da gingen manche Rechenspielchen am Wahlabend alles andere als auf.
Bild: Benoit Doppagne/BELGA