"Champions!", titelt L'Avenir. "Anderlecht ist Meister", so die Schlagzeile von Het Belang Van Limburg. Auf fast allen Titelseiten prangen heute große Fotos von den jubelnden Spielern des RSC Anderlecht. Die Veilchen haben gestern ihren 33. Meistertitel errungen, den dritten in Folge.
"Es ist ein Last-Minute-Champion", schreibt Het Laatste Nieuws. In der Tat: Die nackten Zahlen sind eher schmeichelhaft: "Elf Niederlagen, vier Unentschieden, 37 Gegentore: So wird man in Belgien Meister", frotzelt De Morgen auf Seite eins. Auch Het Nieuwsblad spricht von einer "Katastrophensaison" des RSC Anderlecht - gerettet haben die Brüsseler die überragenden Play-Offs. "Ist Anderlecht dafür ein 'kleiner Meister'?", fragt sich La Dernière Heure. Die Antwort in Blockbuchstaben: "Nein!"
Jean-Luc
Abgesehen vom Fußball steht in dieser letzten Woche vor der Wahl ganz klar der Wahlkampf im Mittelpunkt. "Die CD&V nimmt ihren Jean-Luc mit in die Kampagne", titeln De Standaard und Het Nieuwsblad. Die Parteispitze hatte zuvor die Familie des verstorbenen Jean-Luc Dehaene um Erlaubnis gebeten, mit dem Altpremier werben zu dürfen.
Unter anderem gibt es jetzt ein Wahlplakat, auf dem Jean-Luc Dehaene als CD&V-Führungspersönlichkeit gewürdigt wird. In einem Internetvideo hat auch schon der CD&V-Spitzenkandidat Kris Peeters Jean-Luc Dehaene ins Spiel gebracht. "Kann Dehaenes Begräbnis die Wähler beeinflussen?", fragt sich auch das GrenzEcho. Fakt ist wohl, dass die anderen Parteien mitunter panische Angst davor haben, dass der Tod von Dehaene der CD&V neuen Auftrieb geben könnte, wie verschiedene Zeitungen hervorheben.
Die flämischen Christdemokraten bewegen sich hier auf einem schmalen Grat, warnt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Es ist bestimmt verlockend, sich die Verdienste von Jean-Luc Dehaene an die Fahne zu heften. Dehaene war in gewisser Weise der Gegenentwurf von Bart De Wever, für ihn stand der Kompromiss im Mittelpunkt. Doch darf die CD&V den Bogen nicht überspannen. Beruft man sich zu nachdrücklich auf Dehaene, dann kann das unstatthaft wirken und sich am Ende gegen die CD&V wenden.
Kater für die N-VA
Het Laatste Nieuws und De Morgen veröffentlichen heute die Ergebnisse einer neuen Umfrage. Ermittelt wurden die Wahlaussichten in den einzelnen Wahlkreisen, also den Provinzen. Das Fazit: Die N- VA schneidet längst nicht überall gleich stark ab. Alles hängt davon ab, welchen Spitzenkandidaten die Gegner aufbieten.
Ein Beispiel steht auf Seite eins von Het Laatste Nieuws. "Maggie ist genauso groß wie die N- VA", so die Schlagzeile. In der Provinz Flämisch-Brabant holt die scheidende Asylstaatssekretärin Maggie De Block fast genauso viele Stimmen wie die N- VA. Ähnliches Bild in West-Flandern, wo die flämische CD&V-Ministerin Hilde Crevits und der SP.A-Vizepremier Johan Vande Lanotte der N- VA die Schau stehlen. In beiden Provinzen landet die N- VA weit unter den angepeilten 30 Prozent. "Kater für die N- VA", titelt denn auch De Morgen.
Das Rennen ist noch nicht gelaufen, bemerkt dazu De Morgen in seinem Leitartikel. Klar: Eine Umfrage ist nicht mehr und nicht weniger als eine Umfrage. Und doch lässt die neue Erhebung zumindest eine Schlussfolgerung zu: Wenn die anderen Parteien populäre Galionsfiguren haben, dann schneidet die N- VA unterdurchschnittlich ab.
Het Laatste Nieuws stellt auf der Grundlage der neuen Umfrage eine eindeutigere Diagnose: Flandern zweifelt, glaubt das Blatt. Es mag so aussehen, als könnte der erwartete Sieg der N- VA am Ende doch nicht so spektakulär ausfallen. De Wever selbst hat die Schwelle von 30 Prozent als "kritische Grenze" bezeichnet.
Ob seine Partei die knacken wird, ist inzwischen wieder fraglich. Schlechte Umfragen können aber auch wie ein Weckruf wirken und ein neuer Ansporn sein, doch für die Partei zu stimmen. Es ist wie bei den diesjährigen Play-Offs in der ersten Fußballdivision: Alles entscheidet sich am letzten Spieltag. Erst am Sonntag kennen wir den Champion.
"De Wever fordert Di Rupo heraus", schreibt De Standaard auf Seite eins. Der N- VA-Chef will unbedingt ein Fernsehduell mit dem scheidenden Premier: "Notfalls sogar auf Deutsch, wenn es sein muss", sagt De Wever.
"Das mächtigste Parlament der Welt"
De Standaard befasst sich in seinem Leitartikel mit der Europawahl, die ja ebenfalls am kommenden Sonntag stattfindet. Herman Van Rompuy bezeichnete das EU-Parlament am Wochenende als das "mächtigste Parlament der Welt". Das allerdings muss sich erst noch zeigen, glaubt das Blatt. Die Parteien gehen ja jetzt mit Spitzenkandidaten ins Rennen, die sich für das Amt des Kommissionspräsidenten bewerben. Es ist aber nicht sicher, dass einer dieser fünf Spitzenkandidaten auch tatsächlich den Posten bekommt. Es ist denkbar, dass die Staats- und Regierungschefs sich über das Parlament stellen und seinen Kandidaten für den Kommissionsvorsitzenden verwerfen. Dann allerdings droht eine politische Krise ohne Beispiel.
Killer oder Angeber?
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute weiter mit den neusten Entwicklungen im Fall der so genannten "Killer von Brabant". Am vergangenen Freitag hatte die ermittelnde Staatsanwaltschaft von Charleroi die Festnahme eines Verdächtigen bekanntgegeben. Inzwischen ist klar: Dabei handelt es sich um Jean-Marie Tinck.
"Er soll der Fahrer der Killerbande gewesen sein", schreibt Het Nieuwsblad. Das jedenfalls soll Tinck einem Bekannten gegenüber erklärt haben. Tinck war 1997 schon ins Fadenkreuz der Ermittler geraten, weil ihn Zeugen auf einem Phantombild wiedererkannt zu haben glaubten. Und doch sind viele Zeitungen skeptisch. "Tinck ist ein Angeber", urteilen etwa Het Belang Van Limburg und Gazet Van Antwerpen. L'Avenir glaubt denn auch, dass der Verdächtige möglicherweise schnell wieder freikommt.
In jedem Fall stellt sich die Frage, ob die Verjährungsfrist von 30 auf 40 Jahre verlängert werden soll. La Libre Belgique plädiert für Vorsicht: Gesetze mit der heißen Nadel zu stricken unter dem Druck der öffentlichen Meinung, das hat sich noch selten als glücklich erwiesen.
Bild: Virginie Lefour (belga)