"Boxkampf ohne Knock-out", titelt Het Laatste Nieuws. "Es geht wieder los wie 2010", so die Schlagzeile von Le Soir. Fast alle Zeitungen beleuchten heute das TV-Duell zwischen N-VA-Chef Bart De Wever und dem PS-Vorsitzenden Paul Magnette. Ausgestrahlt wurde die Diskussionsrunde am Abend in den Fernsehsendern RTL-TVI und VTM.
Duell De Wever-Magnette: ein Hauch von Krise
Beide Kontrahenten lieferten sich einen harten Schlagabtausch. Viele Beobachter fühlten sich an einen Boxkampf erinnert; sogar Bart De Wever zog eine Parallele zu dem legendären Fight zwischen Muhammad Ali und George Foreman von 1974, dem berühmten "Rumble in the Jungle". "Am Ende haben beide blaue Flecken und Prellungen davongetragen, aber keiner ging zu Boden", so das Fazit von Het Laatste Nieuws.
Die Zeitungen sind sich einig: Das TV-Duell hat einmal mehr den fast unüberwindlichen Graben zwischen beiden Parteien aufgezeigt. "PS und N-VA sind unversöhnlicher denn je", analysiert La Libre Belgique. Auf die Frage, ob sie denn zusammen regieren wollen, antworteten beide Parteipräsidenten mit "Nein".
All das könnte ein Vorgeschmack sein, glaubt Le Soir. Sollten sich die Umfragen bewahrheiten, dann werden PS und N-VA in ihrer jeweiligen Sprachgruppe stärkste politische Kraft. Und dann droht eine Neuauflage der Krise von 2010.
L'Avenir sieht das in seinem Leitartikel ähnlich. Beide, De Wever und Magnette, haben aneinander vorbei geredet. Das geben sie sogar offen zu. Da ist wirklich die Frage erlaubt, wie die zwei Parteien ab dem 26. Mai einen Kompromiss mit Blick auf die Bildung einer neuen Koalition ausarbeiten sollen. In dem Fernsehstudio wehte schon so ein Hauch von Krise.
Entlarvendes Scheingefecht?
Doch so weit ist es noch nicht, bemerkt Le Soir in seinem Kommentar. Bei dem TV-Duell ist nämlich so manche Maske gefallen. Magnette hat De Wever dazu gebracht, in einigen Punkten Farbe zu bekennen. Der N-VA-Chef sagte ausdrücklich, dass die sozial-wirtschaftlichen Themen eng verknüpft sind mit dem Konföderalismus. Damit ist klar: Die N-VA hat ihre institutionelle Agenda nach wie vor klar vor Augen. Denkbar ist, dass De Wever damit und im Übrigen auch durch seine eiskalte, fast schon klinische Art und Weise zu argumentieren, so manchen Wähler in Flandern verschreckt hat. Eines ist sicher: Auch die Flamen haben jetzt mal andere Töne von der N-VA gehört als die üblichen einlullenden Wiegenliedchen.
Aber eigentlich gibt es nur Gewinner, glaubt Gazet van Antwerpen. Im Grunde war das TV-Duell doch ein Scheingefecht. Beide Parteien treten ja in unterschiedlichen Landesteilen an, jedenfalls nicht direkt gegeneinander. Insofern hatten sowohl De Wever als auch Magnette beide ein Heimspiel. Und das auf demselben Platz. Da konnten beide nur gewinnen.
L'Avenir fasst das in einem prägnanten Bild zusammen: Es ist, als hätte François Hollande im Kampf um die französische Präsidentschaft mit Angela Merkel debattiert. Het Belang van Limburg fasst seine Analyse etwas breiter: Das TV-Duell hat einmal mehr gezeigt, wie isoliert die N-VA ist. Bart De Wever pokert hoch. Nicht nur die PS, sondern auch die Liberalen in beiden Landesteilen schließen eine Koalition mit der N-VA aus. Auch die CD&V ist nicht scharf auf eine Regierung mit den Nationalisten.
Mit ihren radikalen Standpunkten stellt sich die Partei von Bart De Wever ziemlich ins Abseits. Dadurch hat sie sich selbst dazu verdammt, bei der Wahl über 30 Prozent zu holen und damit unverzichtbar zu werden, meint Het Belang van Limburg.
Wo ist Europa?
De Standaard und Het Nieuwsblad vermissen derweil beide im Wahlkampf das Thema Europa. Bei allem Getöse um De Wever und Magnette haben wir anscheinend ganz vergessen, dass am 25. Mai auch das Europaparlament neu zusammengestellt wird. Spätestens am 26. Mai werden wir dann aber feststellen müssen, dass genau die Ebene, die wir jetzt so stiefmütterlich behandeln, unseren Alltag deutlich mehr prägt als die belgische Politik, meint De Standaard. Man kann es drehen und wenden wie man will, bemerkt auch Het Nieuwsblad: Von den drei Ebenen, die Gegenstand der Wahl vom 25. Mai sind, ist Europa die wichtigste.
Jüngste Rote Teufel aller Zeiten
Zweites großes Thema ist die Bekanntgabe des WM-Kaders durch Fußball-Nationaltrainer Marc Wilmots. "Wilmots wagt klare Entscheidungen", titelt Het Belang van Limburg. In der Tat: Wilmots hat 24 Spieler nominiert, das heißt: Hier muss nur noch ein Torwart aussortiert werden, der Rest der Mannschaft steht.
Zweite Erkenntnis: "Wilmots setzt auf die Jugend", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Und er hat Recht", fügt La Dernière Heure hinzu. Den Routinier Timmy Simmons lässt Wilmots zu Hause, dafür fahren Adnan Januzaj und Divock Origi mit. Beide sind unter 20. Es sind die im Durchschnitt jüngsten Roten Teufel aller Zeiten, weiß Het Laatste Nieuws.
Divock Origi, das Jungtalent vom OSC Lille, den jedenfalls hatte wohl kaum ein Experte auf der Rechnung. "Wer ist denn Origi?", beschreibt Het Laatste Nieuws die erste Reaktion der Journalisten bei der Pressekonferenz. Origi, das sei "die Überraschung des Marc Wilmots", schreiben L'Avenir und Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Bringt uns zum Träumen!, appelliert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren sorgen die Roten Teufel wieder für eine Welle der Begeisterung. Klar darf man das nicht überbewerten. Wer etwa die Nationalmannschaft bei allem nationalistischen Säbelrasseln in Flandern als den "Mörtel" des Landes bezeichnet, der schießt über das Ziel hinaus. Das hindert uns aber nicht daran, den Jungs um Vincent Kompany die Daumen zu drücken.
rop - Bild: Virginie Lefour (belga)