"Der Mega-Schnitzer von Reynders", titelt La Dernière Heure. "Ein Ausrutscher mit schweren Folgen" meint Le Soir. "Überall Empörung und Entrüstung nach Reynders-Aussage", schreibt De Standaard.
Außenminister Didier Reynders hat gestern Morgen im RTBF-Radio einen Bock geschossen, als er sagte, dass es in den 1990er Jahren ohne die Liberalen in der Regierung zu Affären und Skandalen gekommen sei, darunter die Kindesentführungen. Politiker aller Parteien, darunter MR-Präsident Charles Michel, distanzierten sich von den äußerst umstrittenen Äußerungen des Außenministers.
Noch am Abend ruderte Reynders zurück und gab zu, einen Fehler gemacht zu haben. Er entschuldigte sich in aller Form. L'Avenir fasst den Tag so zusammen: Reynders rutscht aus, wird über den Haufen geschossen und entschuldigt sich.
"Oberzyniker Reynders" zu weit gegangen
La Libre Belgique findet: Reynders ist scharfsichtig, intelligent und seine fundierte Aktenkenntnis immer wieder beeindruckend. Doch gestern ist er eindeutig übers Ziel hinaus geschossen. Er hat nur zehn Sekunden gebraucht, um seiner Partei im Wahlkampf zu schaden. Zehn mörderische Sekunden, fügt das Blatt hinzu.
Dem Oberzyniker Reynders sind die Pferde durchgegangen, urteilt Het Nieuwsblad. Gazet Van Antwerpen wirft ihm Populismus vor. Und so jemand will Premierminister werden? Nein danke, schreibt das Blatt.
Le Soir meint: Didier Reynders ist und bleibt für die französischsprachigen Liberalen ein wichtiger Trumpf; zunehmend wird er aber auch zur Gefahr für seine Partei. Eins muss man ihm aber lassen, fügt das Blatt hinzu: Er hat seinen Fehler eingesehen und sich entschuldigt.
Doch reicht das, um den Schaden zu begrenzen? Davon ist La Libre Belgique nicht überzeugt. Der verbale Ausrutscher könnte die MR und ganz besonders Reynders bei der Wahl am 25. Mai teuer zu stehen kommen. Zum Glück bleiben bis dahin noch knapp drei Wochen, meint ein Experte.
Kampf gegen PS und Parti Populaire
Het Laatste Nieuws versucht eine Erklärung für den Ausrutscher Reynders' zu finden. Zum einen bettet sich seine Aussage in den Dauerstreit mit der PS ein. Zum anderen muss Reynders aber an der rechten Front kämpfen, da die rechtspopulistische Parti Populaire in den Umfragen deutlich an Einfluss gewinnt. Trotzdem hätte er mehr Feingefühl an den Tag legen müssen. Schließlich führt man keinen Wahlkampf auf dem Rücken getöteter Kinder.
Aber das mit dem Feingefühl ist so eine Sache, meint Het Laatste Nieuws. Man kann es nirgendwo kaufen. Entweder man hat es oder man hat es nicht. Und Didier Reynders hat es eindeutig nicht. Auch L'Echo findet: Reynders fehlt es an emotionaler Intelligenz. Er sollte öfter mit seinem Herzen denken.
"Schritt in die richtige Richtung"
Anderes Thema auf der Titelseite von De Morgen. Laut der Zeitung haben sich zehn EU-Staaten - darunter Belgien, Deutschland und Frankreich - auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zum 1. Januar 2016 geeinigt.
Allerdings soll es die Abgabe nach heftigen Protesten aus der Finanzwelt nur in sehr abgeschwächter Form geben. Die konkreten Modalitäten müssen noch ausgehandelt werden. Die Steuer soll zunächst den Handel mit Aktien und einigen Derivaten betreffen und ist eine Reaktion auf die Finanzkrise.
De Morgen begrüßt die Einführung der so genannten Tobin-Steuer - wenn auch in einem kleineren Rahmen. Es ist ein erster Schritt in Richtung fairere Verteilung der Lasten. Weg von der Arbeit und hin zum Kapital. Das sollte uns eine tiefgreifende Debatte wert sein. Jedenfalls mehr als die Frage, ob die Rückkehr der französischsprachigen Liberalen an die Macht 1999 den Gräueltaten von Marc Dutroux ein Ende bereitet hat.
Sohn von Minister in Sex-Skandal verwickelt?
Laut Informationen von Het Laatste Nieuws ist der Sohn eines Föderalministers in den Sex-Skandal an der katholischen Brüsseler Eliteschule Saint-Michel verwickelt. Der Fall hatte vergangene Woche für Aufsehen gesorgt, weil fünf Schüler und eine 15-jährige Schülerin während einer Klassenfahrt Geschlechtsverkehr gehabt hatten.
Die Zeitung will den Namen des Ministers nicht nennen, allerdings soll er Druck ausgeübt haben, um die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Außerdem soll er einer französischsprachigen Zeitung ein anonymes Interview gegeben haben, indem er das Mädchen als Nymphomanin darstellte.
"Belgium: zero points"
"Axel Hirsoux hat es nicht ins Finale geschafft", titelt Het Belang Van Limburg. "Belgien nicht in der Endrunde des Eurovision Song Contest dabei", schreibt La Dernière Heure. "Es war trotzdem ein großartiges Erlebnis in Kopenhagen zu sein", erklärt der schwergewichtige Sänger.
Het Laatste Nieuws meint: Der Grand Prix liegt dem flämischen Rundfunk einfach nicht. In den letzten Jahren schaffte es nur der VRT-Kandidat Tom Dice ins Finale. Selbst wenn Flandern einen Wallonen ins Rennen schickt, ist die Mühe offenbar vergebens.
Foto: Nicolas Maeterlinck (belga)