Außenminister Didier Reynders hat in einem Interview mit De Standaard erklärt, dass er dem Gesetz zu Steuern auf Firmenwagen trotz Bedenken zugestimmt habe. Grund: Das Gesetz werde vor allem Flamen treffen.
De Standaard schreibt dazu: Das war nicht nur eine Bekenntnis von Reynders, sondern ein tiefer Einblick in sein Wesen. Der Politiker Reynders denkt zuerst an sich, dann erst an andere. Es wäre naiv zu denken, dass Politiker anders ticken. Aber das jetzt einmal so deutlich gehört zu haben, ist schon schockierend. Reynders schadet damit den flämischen Christdemokraten und gibt Wasser auf die Mühlen der N-VA, so De Standaard.
Het Laatste Nieuws stimmt in die Kritik mit ein: So eine Äußerung ist schon der Hammer. Und es ist auch eine Belastung für den liberalen Partner in Flandern. MR und OpenVLD wollten doch eigentlich gemeinsam Wahlkampf machen. Wie soll das jetzt noch möglich sein, wenn Reynders sagt: Ich bin erst Wallone und dann liberal? Eine schwierige Aufgabe für OpenVLD-Chefin Gwendolyn Rutten, findet Het Laatste Nieuws.
"Ministerpräsident oder raus aus der Politik", fasst Het Nieuwsblad die Entscheidung von Kris Peeters auf der Titelseite zusammen. Kommentierend meint dazu das Blatt: Peeters setzt alles auf eine Karte. Seine Botschaft ist deutlich. Stimmt für die CD&V, oder ich bin weg. Klingt das ein bisschen verzweifelt? Auf alle Fälle. Aber Peeters hat den Vorteil, dass man ihm das auch glaubt, schreibt Het Nieuwsblad.
"Immobilienblase PTB-GO"
L'Avenir beschäftigt sich mit den Wahlprogrammen der Parteien: Wer liest schon diese Programme? Oder auch: Wer will sie schon lesen? Die Grünen von Ecolo bieten uns ganze 800 Seiten. MR, PS und CDH füllen jeweils 400 bis 500 Seiten. Deutlich dünner sind die Programme der kleineren Parteien am linken und rechten Rand. Ihre Antworten auf die Probleme des Landes scheinen einfacher zu sein. Genau diesen Eindruck vermitteln sie auch, wenn sie mit ihren Slogans auf Wählerfang gehen. Da ist nicht viel Substanz hinter. Wie formuliert es PS-Ministerin Laurette Onkelinx doch treffend in L'Echo: "Die PTB-GO ist wie eine Immobilienblase, früher oder später wird sie platzen." Beunruhigend ist nur, dass die Protestwähler das anscheinend nicht sehen wollen, so L'Avenir.
Das Grenzecho blickt auf die Zeit nach den Wahlen: Die Chance, die sich den politischen Entscheidungsträgern bietet, ist einmalig: Auf sie warten fünf Jahre ohne Unterbrechung durch Wahlen. Jetzt gilt es, diese Chance nicht leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Die scheidende Regierung hat die Basis für Reformen gelegt. Der Schlüssel für die Zukunft lautet jetzt: mehr, besser und nachhaltiger. Es gibt so viele Baustellen, die Belgien in den kommenden Jahren gleichzeitig in Angriff nehmen muss. Das setzt politischen Mut und Kreativität voraus. Das Land kann sich eine neue Zerreißprobe nicht leisten. Ein neuer Weltrekord bei der Bildung einer Regierung könnte fatale Folgen haben, fürchtet das Grenzecho.
20 Jahre nichts und jetzt gleich zwei Zentren
Zu der Entscheidung der wallonischen Regierung, ein Protonentherapiezentrum in Charleroi bauen zu lassen, obwohl in Löwen bereits eines geplant ist, schreibt L'Echo: Dieser Beschluss kostet 47 Millionen Euro. Ist das gut investiertes Geld? Das darf ruhig in Frage gestellt werden. Der Beschluss befriedigt vor allem die Ambitionen von PS-Chef Paul Magnette, Bürgermeister von Charleroi. Und: Es ist eine Goldgrube für das wallonische Unternehmen IBA. Denn IBA wird jetzt zwei Protonentherapiezentren mit seiner Technik ausstatten können, so die Wirtschaftszeitung L'Echo.
Le Soir schreibt zum gleichen Thema: 20 Jahre haben wir auf so ein Zentrum gewartet. Die Welt forschte und entwickelte, Belgien verlor den Anschluss und jetzt ist plötzlich Geld für gleich zwei Zentren da. Was für eine unsinnige Politik, die an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeht. Das viele Geld, das jetzt in Charleroi investiert wird, wäre besser angelegt, um die Behandlungsmöglichkeiten in Löwen so optimal wie möglich zu gestalten, findet Le Soir.
Ukraine: Westen muss sich entscheiden
Zur Krise in der Ukraine kommentiert La Libre Belgique: Der Westen muss sich endlich entscheiden. Wenn man die Teilung der Ukraine vermeiden will, muss man schnell viel härtere Maßnahmen als bisher gegen Moskau beschließen. Sanktionen müssen wirklich treffen und keine Schlupflöcher lassen. Wenn man jedoch das Auseinanderbrechen der Ukraine akzeptabel findet, dann sollte man das auch so sagen und damit aufhören, an den östlichen Grenzen von Europa AWACS-Aufklärungsflugzeuge durch die Luft fliegen zu lassen, empfiehlt La Libre Belgique.
Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA