Vier Wochen vor der Wahl am 25. Mai steht für die Zeitungskommentatoren der Sieger schon fest. Nämlich die flämischen Nationalisten von der N-VA. Het Nieuwsblad meint dazu: Das Rennen scheint gelaufen. Die N-VA wird mehr als 30 Prozent bekommen. Für sie wird es jetzt nur noch darauf ankommen, dieses Ergebnis zu verwalten. Für die anderen Parteien in Flandern kann es nur eine Devise geben: Flucht nach vorn. Und hier sind vor allem die Christdemokraten von Kris Peeters gefordert, meint Het Nieuwsblad.
De Standaard schreibt: Auf föderaler Ebene werden die jetzigen Koalitionsparteien sicher nicht mehr zusammenfinden. Rein rechnerisch wäre das zwar noch drin, aber politisch will das sicherlich keiner. Wie es hier nach dem 25. Mai weitergehen wird, ist zunächst völlig ungewiss. In Flandern selbst scheint zumindest die Wählerabsicht klarer. Hier sieht es so aus, als ob die Flamen eine Wiederbelebung des Kartells zwischen CD&V und N-VA wünschen. Mit Kris Peeters als Ministerpräsident. Das mag zwar ihr Wille sein, politisch ist das jedoch ebenfalls sehr unwahrscheinlich, glaubt De Standaard.
Düstere Aussichten
Het Laatste Nieuws stellt fest: Die flämische Dreiparteienkoalition von Christdemokraten, Sozialisten und Liberalen wird keine Mehrheit mehr bekommen. Wenn Di Rupo weiter regieren will, muss er sich andere Partner suchen. Und das wird schwierig. Denn PS und N-VA, die sich als deutliche Sieger in ihren Landesteilen herauskristallisieren, trennen Welten. Zusätzlich gießen beide Parteien weiter kräftig Öl ins Feuer, um sich voneinander abzugrenzen. Noch 30 Tage sollen sie dieses Spielchen ruhig weiter betreiben, obwohl sie es besser wissen müssten. Denn am 26. Mai werden sie feststellen, dass man mit dieser Taktik unser Land unmöglich regieren kann, meint Het Laatste Nieuws.
Einen düsteren Blick auf die Koalitionsverhandlungen nach den Wahlen wirft auch das Grenzecho: Die Bildung einer neuen Föderalregierung wird kein Zuckerschlecken. Werden die jüngsten Wählerumfragen am 25. Mai bestätigt, wird das Land weiter auseinander gestimmt. Flandern mit der dominanten N-VA driftet weiter nach rechts ab, die Wallonie, wo die PS unumgänglich zu bleiben scheint, tendiert stets stärker nach links. Beim großen Duell mit Bart De Wever ließ PS-Chef Paul Magnette erkennen, dass, sollten die Wählerumfragen bestätigt werden, die Koalitionsverhandlungen noch länger als vor vier Jahren dauern könnten. Für König Philippe wird es ein steiniger Weg, prophezeit das Grenzecho.
L'Avenir macht sich Gedanken zu den vielen Wahlprognosen und Umfragen. Zurzeit werden wir zugeschüttet mit Zahlen, Tendenzen und Vorhersagen. Das Problem dabei ist, dass die Aussagen manchmal widersprüchlich sind und gar nicht mit der Realität übereinstimmen müssen. Das ist kontraproduktiv. Anstatt uns die Wahl leichter zu machen, verwirrt uns der Zahlensalat nur, meint L'Avenir.
Fluglärmentscheidung verschoben
Die Föderalregierung hat am Freitag beschlossen, die Entscheidung über die Einflugschneisen in Brüssel auf die nächste Legislaturperiode zu verschieben. Dazu schreibt Le Soir: Das ist ein Armutszeugnis für die Politik. Nicht nur, dass die Brüsseler weiter im Unsicheren gehalten werden, wie stark sie künftig mit Fluglärm belästigt werden. Sondern vor allem ist zu kritisieren, dass die Politik hier bei ihrer grundlegenden Aufgabe versagt: nämlich Lösungen für alltägliche Probleme zu finden. Und als ob das nicht genug wäre, liefern die frankophonen Parteien den Flamen ein unrühmliches Spektakel. Sie sind untereinander vollkommen zerstritten. Ein verheerender Eindruck so kurz vor den Wahlen, urteilt Le Soir.
Kulturelle Blüte für Brüssel?
Die Wirtschaftszeitung L'Echo befasst sich mit der Kulturlandschaft in Brüssel: Seit dem gescheiterten Versuch im Jahr 2000 europäische Kulturhauptstadt zu werden ist jeder Schwung verloren gegangen. Zumindest seitens der Politik. Föderale, regionale und kommunale Ebene haben es seither versäumt, an einem Strang zu ziehen, um unserer Hauptstadt ein würdiges kulturelles Gesicht zu verleihen. Dabei gäbe es so viele Möglichkeiten. Die Projekte, die aus der Kunstszene selbst in dieser Zeit entstanden sind, sind ein deutlicher Beweis dafür. Wir wollen hoffen, dass die Politik das bald erkennt und Brüssel zu neuer kultureller Blüte treibt, schreibt L'Echo.
Heiligsprechung der Erneuerung
Zur Heiligsprechung der Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. am Sonntag in Rom schreibt La Libre Belgique: Es wird die Heiligsprechung der Modernisierung der katholischen Kirche werden. Unter Johannes XXIII. begann das Zweite Vatikanische Konzil, mit dem die Kirche sich der Welt öffnete und Reformen einleitete. Seitdem hat sie diesen Weg kontinuierlich verfolgt. Lediglich unter Benedikt XVI. hatte man den Eindruck, die konservativen Kräfte könnten wieder die Oberhand gewinnen. Doch am Sonntag wird Franziskus I. mit der Heiligsprechung der beiden Päpste den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils unwiderruflich in die Kirchengeschichte verankern, meint La Libre Belgique.
Archivbild: Benoit Doppagne (belga)