"Die Geschichtsstunde des Paul Kagame", titelt Le Soir. "Kagame brüskiert die Belgier", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Ruanda hat am Montag der Opfer des Völkermords vor 20 Jahren gedacht. In der Hauptstadt Kigali fand eine zentrale Gedenkveranstaltung statt. Dabei hat der ruandische Präsident Paul Kagame seine Vorwürfe an die Adresse von Frankreich und Belgien erneuert. Den Belgiern warf er vor, als Kolonialherren in den 30er Jahren die Rassenunterschiede erstmal definiert zu haben, die später zu dem Genozid führten.
"Belgien führte uns mit in den Völkermord", zitiert De Morgen den ruandischen Präsidenten auf Seite eins. Minutenlang habe Kagame über die "verwerfliche Rolle der Belgier in Ruanda" gesprochen. Gleich hinter ihm saß in der Ehrentribüne der belgische Außenminister Didier Reynders. Der verzog keine Miene. In Het Nieuwsblad gibt sich Reynders gelassen: "Über die Gräuel der Kolonialzeit haben wir schon hundertmal debattiert, stellt Reynders fest.
Ruanda attackiert erneut Belgien und Frankreich
Reynders hätte sich aus Protest erheben und gehen sollen, glaubt Het Laatste Nieuws. Damit hätte er Belgien den x-ten Affront erspart. Das Regime von Kagame sucht augenscheinlich immer noch nach einem Blitzableiter für die Spannungen, die das Land nach wie vor prägen. Nicht vergessen: In Ruanda laufen immer noch hunderttausende Mörder frei herum. Es wird wohl Zeit, dass die belgische Regierung die Beziehungen mit Ruanda uns insbesondere die Entwicklungszusammenarbeit überdenkt.
Die belgischen Regierungsvertreter hätten es den französischen Kollegen gleichtun sollen und wären besser der Gedenkfeier fern geblieben, glaubt Gazet Van Antwerpen. Natürlich ist Belgien im Zusammenhang mit der ruandischen Tragödie nicht frei von Schuld. Dennoch sind die Vorwürfe von Paul Kagame grotesk und unannehmbar. Die belgische Regierung muss sich so etwas nicht anhören. Erst recht nicht aus dem Mund eines Mannes, der sich in seinem Land aufführt wie ein Diktator. Solchen Politikern erweist man nicht die Referenz, indem man sich in ihrem Land auf Ehrentribünen setzt.
Entschädigung für Genozid-Opfer?
Le Soir wirft eine ganz andere Frage auf: Alle sprechen von Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit dem ruandischen Völkermord. Die internationale Gemeinschaft, angefangen bei UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, bedauert in allen Sprachen, dass man Ruanda 1994 im Stich gelassen hat. Niemand allerdings, weder in Ruanda noch im Ausland, hat die Frage einer möglichen Entschädigung der Opfer angekartet. Entschädigung für die zahllosen Menschenleben, die ausgelöscht wurden; für die Folgeschäden, die Verletzungen, die materiellen Verluste als Folge des Genozids. 20 Jahre nach der Tragödie ist es noch nicht zu spät, die Überlebenden zu entschädigen.
Déjà-vu in der Ukraine
Doch richten sich die Blicke auch wieder auf die Ukraine. "Donezk, die nächste Krim", so die Schlagzeile von De Standaard. Im Osten der Ukraine stehen die Zeichen auf Sturm. In einigen großen Städten haben pro-russische Aktivisten staatliche Gebäude besetzt. Sie fordern die Angliederung an Russland. "Die Ukraine ist erneut mit Sezessionsbestrebungen konfrontiert", schreibt L'Echo auf Seite eins. In jedem Fall fühlt sich das Ganze an wie ein Déjà-vu.
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit dem Wahlergebnis in Ungarn: Dort hat einer von fünf Wählern für die rechtsradikale und antisemitische Partei Jobbik gestimmt. Dabei steht der Wahlsieger Viktor Orban auch schon für einen rechtspopulistischen Kurs. "Das antieuropäischste Land von Europa", fasst es De Standaard zusammen.
Die Entwicklung in Ungarn ist beängstigend, meint L'Echo in seinem Leitartikel. Doch Vorsicht: Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Überall in Europa sind Extremisten und Populisten im Aufwind. Hier tragen die traditionellen Parteien eine erdrückende Verantwortung. Sie sollten endlich wieder das tun, was man von ihnen erwartet, nämlich Politik im edlen Sinn des Wortes. Heißt: Lösungen und Antworten präsentieren auf die Probleme und Fragen der Bürger.
Tödliches Rasen
Het Laatste Nieuws bringt heute eine verstörende Aufmachergeschichte. Es ist die Geschichte eines 18-jährigen Mädchens, das Freitagnacht bei einem Autounfall ums Leben kam. Kurz vor ihrem Tod hat sie mit ihrem Handy noch gefilmt. Ihre Familie hat das Bildmaterial jetzt der Polizei übergeben. "Ausgelassen vor dem fatalen Crash", beschreibt Het Laatste Nieuws die Stimmung im Wagen. Das Mädchen hat unbewusst die Unfallursache gefilmt: Der Wagen fuhr mit über 100 km/h in einer 70er-Zone.
"Das IBSR lädt Raser zur eigenen Beerdigung ein", schreibt Het Nieuwsblad. Das ist eine neue Sensibilisierungsaktion des Instituts für Straßenverkehrssicherheit. Die Aktion ist nicht unumstritten; die Unverbesserlichen müssen aber mit drastischen Botschaften wachgerüttelt werden, heißt es beim IBSR.
Wieder Ärger um Kupfergeld
Die 1- und 2-Cent-Münzen sorgen weiter für Diskussionsstoff. Nachdem die Regierung sich nun doch noch auf eine Regelung verständigt hat, die mittelfristig zur Abschaffung der kleinen Kupfermünzen führen soll, schaltet jetzt der Einzelhandel auf stur, wie L'Avenir berichtet. Die Supermärkte jedenfalls wollen die Maßnahme nicht umsetzen.
Diese Regierung bekommt vor der Wahl offensichtlich nichts mehr zustande, wettert Het Belang Van Limburg. Es war vor allem die PS, die angesichts der ursprünglichen Regelung blockiert hatte, weil man fürchtete, dass die Geschäfte zu Lasten der Verbraucher aufrunden. Heraus kam allerdings am Ende eine Regelung, die so kompliziert ist, dass keiner mehr durchblickt.
So sehr die Münzen stören, so wenig sind sie wert, beklagt auch L'Avenir. In dieser Akte hat die Regierung inzwischen schon eine Serie von halbgaren, verworrenen, kaum umsetzbaren Maßnähmchen getroffen; frei nach dem Motto: Warum es einfach machen, wenn's auch kompliziert geht?
Fast alle flämischen Zeitungen machen sich schließlich über das Wahlkampfauto des rechtsextremen Vlaams Belang lustig. Auf der Seite des überdimensionierten Geländewagens prangt das Konterfei von Filip Dewinter. Darunter: Das Attribut "Spitzenkandidat", Lijsttrekker im Niederländischen. Das Problem: Es fehlt das zweite "t".
Foto: Simon Maina (afp)