Am Sonntag wird Chinas Staatspräsident Xi auf Kurzbesuch in Belgien sein. "Amnesty setzt auf Zynismus", titelt dazu L'Avenir auf Seite eins. Der Menschenrechtsorganisation ist es verboten worden, während des Besuchs eine Protestkundgebung zu veranstalten. Amnesty will jetzt humoristische Flugblätter austeilen, deren Aussagen jedoch eindeutig kritisch sein sollen.
Zu dem Protestverbot und anderen Maßnahmen, um China-Kritik aus den Augen des chinesischen Gastes zu verbannen, schreibt La Libre Belgique: Die bilateralen Beziehungen zwischen Belgien und China waren selten so gut wie heute. Die beiden Pandas, die China an Belgien ausgeliehen hat, sind ein Zeichen dafür. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass Belgien sich bei dem Besuch von Xi jetzt so verhält, als ob nicht der chinesische Staatspräsident käme, sondern der Präsident des chinesischen Wirtschaftsmarktes. Also ein Kunde, dem man alles so vorzusetzen hat, wie er es sich wünscht. Das geht so weit, dass wir Grundrechte unseres Rechtsstaats dafür mit Füßen treten, kritisiert La Libre Belgique.
Das Land der zwei Gesichter
Le Soir hingegen klammert in seinem Kommentar die belgischen Vorbereitungen auf den Staatsbesuch aus und schaut nur nach China selbst: China ist ein Land der zwei Gesichter. Auf der einen Seite ist es das Land der Träume. Wer einmal in Shanghai gewesen ist, der weiß: Hier spielt sich die Zukunft ab. Zumal die chinesische Staatsführung sich die Modernisierung ins Parteibuch geschrieben hat. Eine Gesellschaft soll entstehen, die die Umwelt weniger verschmutzt, die gerechter sein und in der Korruption bestraft werden soll.
Alles schön und gut, wäre da nicht das zweite Gesicht. Denn genau diese Ziele wollen auch ganz viele Bürger in China verfolgen. Doch die Zivilgesellschaft wird daran gehindert, sich zu entwickeln. Peking hat Angst vor unkontrollierten Veränderungen. Die Staatsführung reagiert repressiv und unterdrückt alles, was nicht von ihr kommt. Dieses China gibt keinen Anlass dazu, es zu lieben oder zu respektieren, so Le Soir.
Het Nieuwsblad schreibt: Der Präsident kommt, und der Besuch von Xi ist wohl bedeutender als der von Barack Obama vor wenigen Tagen. Aber versprechen wir uns nicht zu viel davon: China versteht Europa nicht. Zu kompliziert ist dem Riesenreich die Kleinstaaterei im Alten Kontinent. An den relativ niedrigen Investitionen in Europa kann man das ablesen. Aber wenn China schon Europa nicht versteht, wie wenig soll China dann Belgien verstehen?
Zum Beispiel den Streit um die Pandas. In welche Stadt sollen sie kommen? Nach Mons, Antwerpen oder Bütgenbach? Für Xi sind das alles Nachbargemeinden, und die Unterschiede, die Belgien spalten, versteht der Präsident natürlich nicht. Da ist es trotz des hohen Besuchs und der jahrelangen Bemühungen belgischer Regierungen schwer vorstellbar, dass unser Land wirklich eine große Rolle für das Reich der Mitte spielt, so Het Nieuwsblad.
Viel Geld für fragwürdige Maßnahme
"50 Millionen Euro für die Wiedereingliederung von 200 Arcelor-Mitarbeitern", schreibt L'Echo auf seiner Titelseite. Die Wirtschaftszeitung will erfahren haben, dass die wallonische Regierung eine Gruppe von Unternehmen gefunden hat, die 200 entlassenen Mitarbeitern des Stahlriesen ArcelorMittal in Lüttich neue Arbeit geben will. Dafür stellt die Wallonie diesen Unternehmen zwei Jahre lang Geld zur Verfügung. Jedes Jahr 25 Millionen Euro.
Kritisch kommentiert L'Echo: Pro Person sind es 125.000 Euro im Jahr; die öffentliche Hand macht sich dadurch indirekt zur Arbeitsbeschaffungsagentur. Ist das was Neues? Zweifelsohne. Ist es effizient? Wahrscheinlich effizienter als eine klassische Wiedereingliederung in die Arbeitswelt. Zahlt sich das sozial aus? Das ist natürlich die interessanteste Frage, aber leider ohne Antwort zum jetzigen Zeitpunkt.
Klar scheint, dass die anstehenden Wahlen hilfreich gewesen sind bei der Entscheidung, diese kostspielige Maßnahme zu treffen. Es ist das sichtbare Zeichen einer längst spürbaren Tendenz: Gewinne streicht die Privatwirtschaft ein, Verluste müssen von der Gesellschaft getragen werden, schreibt L'Echo.
Sein Name ist Stoltenberg. Jens Stoltenberg.
Pieter De Crem wir nicht wie von ihm erhofft neuer NATO-Generalsekretär. Am Freitag einigten sich die Bündnispartner auf den Norweger Jens Stoltenberg. Dazu meint Het Laatste Nieuws: Leider hat Pieter De Crem es nicht geschafft. Nach Paul-Henri Spaak und Willy Claes hätte er der dritte Belgier an der NATO-Spitze sein können. Nun ist Crembo das nicht geworden. Aber das hat auch etwas Gutes: Alle Belgier mit Ambitionen auf einen europäischen Topposten können sich jetzt wieder Hoffnungen machen. Zumal auch EU-Rats Präsident Hermann van Rompuy bald einen Stuhl räumen wird, der zurzeit von einem Belgier besetzt wird.
Und abgesehen davon ist Stoltenberg ein guter Mann. Der ehemalige Premierminister von Norwegen, ein Sozialdemokrat, hat sich vor allem durch seine Menschlichkeit und Besonnenheit ausgezeichnet. Genau so etwas kann die NATO jetzt gebrauchen. In Zeiten, wo es dank Putin in der Ukraine und der Krim wieder schwierige Aufgaben für die NATO zu lösen gibt. Da ist es gut, den richtigen auf dem richtigen Posten zu haben. Und dieser Mann ist Stoltenberg, Jens Stoltenberg, so Het Laatste Nieuws.
Foto: Koen Van Weel (afp)