"Bye bye Belgium", titelt Het Nieuwsblad und zeigt den amerikanischen Präsidenten gestern Abend in Zaventem kurz vor seinem Abflug. "Standing ovations für Obama", schreibt Het Belang van Limburg. "Thank you, Mr President", meint Le Soir.
Der Belgien-Besuch von US-Präsident Barack Obama ist heute das Hauptthema auf ausnahmslos allen Titelseiten. Die Zeitungen heben drei Aspekte der Visite hervor: den Besuch des amerikanischen Soldatenfriedhofs in Waregem, das Treffen mit den Spitzenvertretern der Europäischen Union und die Rede im Brüsseler Palast der Schönen Künste, dem Bozar - übrigens die einzige Rede Obamas während seiner Europavisite, wie Het Laatste Nieuws auf Seite eins betont.
"Brillanter Redner Obama"
"Obama liest Putin die Leviten", findet De Morgen. In seiner Rede hat der amerikanische Präsident das Vorgehen Russlands auf der Krim erneut aufs Schärfste kritisiert. Das wird Wladimir Putin in Moskau zwar bestimmt nicht zu einem Sinneswandel veranlassen, aber Obama hat zweifellos unzählige Jugendliche im Publikum davon überzeugt, sich gesellschaftlich zu engagieren und dass es sich lohnt, für Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Die Zeitung meint: Obama ist und bleibt ein brillanter Redner, der es mühelos schafft, einen ganzen Saal in seinen Bann zu ziehen.
Genauso sieht es Le Soir: Natürlich ist Barack Obama kein Übermensch und gewiss kein Engel. Die fünf Jahre im Amt und Realpolitik haben ihn seinen Glanz gekostet: Das Gefangenenlager von Guantanamo hat er noch immer nicht schließen lassen, Israel hat er noch nicht zu Zugeständnissen gegenüber den Palästinensern bewegen können und seine NSA ist tief in unsere Privatsphäre eingedrungen. Trotzdem: Sein feuriges Bekenntnis zu den transatlantischen Beziehungen, zu den gemeinsamen Werten, die die USA und Europa teilen, waren nicht nur leere Worte. Barack Obama hat über demokratische Grundwerte gesprochen, über die Würde des Menschen und über den nie endenden Kampf für Freiheit.
De Standaard fügt hinzu: Wir leben wieder in Zeiten von Krieg und Frieden. Auf dem Spiel steht unser Gesellschaftsmodell. Diesmal wird es nicht bedroht durch eine Ideologie wie zu Zeiten des Kalten Krieges, sondern durch einen brachialen Machtanspruch. Obamas Rede war in erster Linie ein Weckruf für uns Europäer: Steht ein für eure Ideale!
Le Soir findet: Was für ein tolles Plädoyer für mehr Offenheit in einer Zeit, in der mehr und mehr europäische Länder in Populismus und Nationalismus zurück zu fallen drohen.
Schulterschluss zwischen alten Verbündeten
L'Echo befasst sich mit Obamas Besuch bei der Europäischen Union in Brüssel. "Endlich war er hier", titelt die Zeitung. In jeder Hinsicht ist die EU Amerikas wichtigster Partner - auch wenn man davon in den fünf ersten Amtsjahren Obamas nicht viel gemerkt hat. Sein Blick war nach Asien gerichtet, doch die Krise in der Ukraine hat ihn wieder den besten Verbündeten auf dem Alten Kontinent in Erinnerung gerufen.
Bei dem Treffen mit Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident Manuel Barroso ging es neben der Ukraine um Themen wie die Gasversorgung Europas und das geplante Freihandelsabkommen. Es war mit Sicherheit kein Pralinengipfel, bemerkt De Morgen. Es war nicht nur ein einfaches Händeschütteln für die Kameras, sondern es ging tatsächlich auch um Inhalte.
"Brave little Belgium"
La Libre Belgique blickt auf den belgischen Aspekt des amerikanischen Blitzbesuchs und titelt: "Brave little Belgium". Zusammen mit König Philippe und Premierminister Elio Di Rupo hat Barack Obama den amerikanischen Soldatenfriedhof in Waregem besucht. Er hob die Rolle des kleinen, tapferen Belgiens während des Ersten Weltkriegs hervor.
L'Avenir schreibt: Für Obama wurde die Freiheit auf den belgischen Schlachtfeldern verteidigt. Im Namen unserer hart erkämpften Werte muss die ganze Welt auch heute noch einstehen für Demokratie, offene Märkte und die Menschenrechte. Es gab wohl keinen besseren Ort als einen Soldatenfriedhof in Belgien und keinen besseren Zeitpunkt als 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, um die transatlantische Solidarität und den Schulterschluss mit Europa zu beschwören, urteilt das Blatt.
Laut Het Nieuwsblad hatten die unmittelbaren Anwohner des Soldatenfriedhofs in Waregem gestern den besten Blick auf den US-Präsidenten. Während die Öffentlichkeit Obama nicht zu Gesicht bekam, konnten sie von ihrem Wohnzimmerfenster aus das ganze Spektakel direkt mitverfolgen - auch wenn sie unter Hausarrest standen.
La Dernière Heure blickt hinter die Kulissen des knapp 24-stündigen Obama-Besuchs. Die Sicherheitsvorkehrungen waren so hoch wie noch nie. Glücklicherweise hat alles reibungslos geklappt. Het Belang van Limburg fragt sich: Musste das alles sein? Übertreiben die Amerikaner nicht ein wenig? Und in zwei Monaten geht das ganze Theater schon wieder von vorne los: Dann ist Obama zum G7-Gipfel wieder in Brüssel.
Bild: Eric Lalmand (belga)