"Obama-Day", titelt La Dernière Heure. "Ein Amerikaner in Brüssel", so die Schlagzeile von Le Soir. Der Countdown läuft. Dienstag Abend landet die Maschine von US-Präsident Barack Obama am Flughafen Zaventem.
Knapp 24 Stunden lang wird Obama sich auf belgischem Boden aufhalten. Es ist sein erster Besuch in Brüssel, seit er sein Amt angetreten hat. "Obama in den Fußstapfen von George W. Bush, neun Jahre später", schreibt L'Echo auf Seite eins. Bush hatte Brüssel als letzter US-Präsident im Februar 2005 besucht.
Besuch eines Verbündeten
Die Visite von Obama in der Hauptstadt der Europäischen Union ist überfällig, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Es ist ein geschwächter US-Präsident, der heute Abend endlich in Belgien ankommt. Sowohl innen- als auch außenpolitisch ist seine bisherige Bilanz eher durchwachsen. Und doch ist es der wichtigste Verbündete, den die Europäer in diesen unruhigen Zeiten haben.
Trotz Guantanamo, trotz des NSA-Skandals sind es immer noch die Amerikaner, mit denen wir weitgehend dieselben Werte teilen. Das dürfte allerdings auch Obama aufgegangen sein. Das "gute alte Europa" ist am Ende doch immer noch der treueste Weggefährte der USA, konstatiert Le Soir.
L'Echo sieht das ähnlich. Zwar hatte sich Barack Obama gleich nach seinem Amtsantritt fast schon demonstrativ Asien zugewandt und dabei den aufstrebenden Wirtschaftsmächten schöne Augen gemacht. Zwar musste es am Ende fünf Jahre dauern, ehe er doch dem Alten Europa seine Reverenz erweist.
Es ist aber immer noch ein Treffen unter "besten Verbündeten". Und angesichts der Krise in der Ukraine kommt der Besuch des US-Präsidenten für die Europäer wie gerufen. Die USA verfügen immer noch über eine größere Überzeugungskraft, schreibt L'Echo.
Zumindest ein Belgier hat mit Obama jedenfalls schon ein paar Worte wechseln dürfen. "Ein stolzer Elio Di Rupo mit Obama auf einem Foto", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Und druckt besagtes Bild natürlich auch gleich ab. Entstanden ist es Montag auf dem Atomgipfel in Den Haag. Het Laatste Nieuws bringt dasselbe Foto und zitiert dabei den US-Präsidenten: "Ich habe doch gesagt, dass ich nach Belgien kommen werde." Tatsächlich hatte ihn Di Rupo schon drei Mal vergeblich eingeladen.
"Fast schon verrückte" Sicherheitsvorkehrungen
Es gibt da aber auch eine Kehrseite der Medaille. "Wenn Obama kommt, dann hört die Welt auf sich zu drehen", titelt L'Avenir. Ab Dienstagabend 17 Uhr gilt in Brüssel stellenweise fast schon der Ausnahmezustand. Beinahe alle Zeitungen berichten in großer Aufmachung über die beeindruckenden Sicherheitsvorkehrungen. Vor allem in Brüssel muss mit zum Teil erheblichen Verkehrsbehinderungen gerechnet werden.
Muss das sein?, fragt sich Gazet van Antwerpen. Wer morgen nicht unbedingt nach Brüssel oder Waregem muss, wo Obama einen Soldatenfriedhof besucht, der sollte tunlichst zu Hause bleiben. Die Vorsichtsmaßnahmen sind extrem, fast schon verrückt.
Doch dieser Zirkus ist wohl nötig. Es wäre ein desaströser Imageschaden, wenn Obama ausgerechnet hier etwas passieren würde. Sehen wir es einmal positiv: Für ein Land, eine Region oder eine Stadt ist ein Obama-Besuch unbezahlbare Werbung.
Das Ganze wird sich übrigens schon in drei Monaten wiederholen. "Obama kommt im Juni wieder nach Brüssel", schreibt Het Belang van Limburg. Der Hintergrund steht auf Seite eins von De Standaard: "Kein G8 in Sotschi, sondern G7 in Brüssel", so die Schlagzeile.
Die G8-Staaten wollen sich erst mal nicht mehr mit Russland treffen und werden also wieder zu den G7. Und die kommen im Juni nicht, wie eigentlich geplant, im russischen Sotschi zusammen, sondern eben in Brüssel.
Heimliche Urantransporte
Der US-Präsident auch auf Seite eins von La Libre Belgique. "Obama bringt das belgische Uran nach Amerika", so die Aufmachergeschichte. Am Rande des Atomgipfels in Den Haag wurde bekannt, dass in den letzten Wochen erhebliche Mengen von angereichertem Uran, das in Belgien lagerte, klammheimlich in die USA gebracht wurden. Das Material war schon vor langer Zeit zu Testzwecken nach Belgien gebracht worden.
Auch De Standaard berichtet über den geheimen Rücktransport des Atommaterials in die USA. Belgien gehört zu den ersten Ländern, die dieser internationalen Auflage nachkommen und das Atomwaffen fähige Uran und Plutonium den Amerikanern übergeben, bemerkt das Blatt auch in seinem Leitartikel.
Doch kann Belgien gerade im Zusammenhang mit der Kernkraft nicht immer so glänzen. Vor einigen Tagen erst wurde die Laufzeit für den Atomreaktor Tihange 1 um zehn Jahre verlängert. Nach Informationen der flämischen Grünen hat sich Belgien da einmal mehr vom Betreiberkonzern GDF Suez/Electrabel über den Tisch ziehen lassen.
Überprüfen kann man das nicht, da die entsprechende Abmachung unter Verschluss gehalten wird. Für diese Geheimniskrämerei gibt es aber keinerlei rechtliche Grundlage, kritisiert De Standaard.
Flug MH370
Viele Zeitungen berichten auch über das Schicksal des verschwundenen Flugzeugs von Malaysia Airlines. Nach Angaben der malaysischen Regierung ist Flug MH370 in den Indischen Ozean gestürzt. Wirklich Klarheit gibt es aber immer noch nicht, beklagt Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar.
Die Geschichte hat den Technologie gläubigen Menschen des 21. Jahrhunderts jedenfalls noch mal die Grenzen aufgezeigt. Dass angesichts der allgemeinen Überwachung durch Kameras und Satelliten, im Global Village des Internetzeitalters, ein Flugzeug einfach so verschwinden kann, ist immer noch verstörend. Die Verschwörungstheorien um Flug MH370 werden uns wohl noch lange erhalten bleiben.
Die Malaysier schulden uns eine Erklärung, glaubt La Libre Belgique. Man wird den Eindruck nicht los, dass die Regierung in Kuala Lumpur längst mehr wusste, als sie zugab. Warum wurden die Informationen zurückgehalten? Wollte man die Wahrheit verschweigen? Hier ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Falsche Diagnosen
61 Tage vor der Wahl beschäftigt sich La Libre Belgique mit der Steuerreform, wie sie die liberale MR vorschlägt. Die Partei von Charles Michel hat die geschätzten Kosten für ihre Neuordnung des Steuersystems vor einigen Tagen korrigieren müssen. Haben sich die Liberalen vielleicht verrechnet?, fragt sich La Libre. Jedenfalls ist der Zahlenkrieg zwischen der MR und der sozialistischen PS jetzt definitiv entfacht.
"Laurent ist auf der Intensivstation", titelt Het Laatste Nieuws. La Dernière Heure versieht dieselbe Schlagzeile zumindest mit einem Fragezeichen. Unbestätigten Angaben zufolge leidet der jüngere Bruder des Königs an einer schweren Lungenentzündung. Seit einigen Tagen wird er in einem Brüsseler Krankenhaus behandelt. Seine gesundheitlichen Probleme sind in jedem Fall ernster als zunächst angenommen. Ursprünglich war "nur" von einer Depression die Rede.
rop - Bild: Kabinett Di Rupo (belga)