6.227. Diese Zahl prangt heute auf der Titelseite von Het Laatste Nieuws. Der Polizei sind am Donnerstag 6.227 Raser ins Netz gegangen. Das sind doppelt so viele wie an einem normalen Wochentag. Hintergrund sind die Geschwindigkeitsbegrenzungen, die wegen des Smogalarms gelten. Auf vielen Autobahnabschnitten wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 auf 90 km/h gesenkt.
Ab jetzt generell Tempo 90?
Umweltverbände fordern schon, dass man dieses Tempolimit auch ohne Smog-Alarm beibehält. Die Automobil-Clubs Touring und VAB halten eine solche Maßnahme für sinnlos, wie Het Laatste Nieuws berichtet. Der Schadstoff-Ausstoß von Dieselmotoren sei nur in sehr geringem Maße für die Feinstaub-Belastung verantwortlich, argumentieren die Verbände. Außerdem drehten moderne Motoren bei Tempo 120 auf niedrigeren Drehzahlen als bei 90.
De Standaard sieht das in seinem Leitartikel anders: Ein Tempolimit von 90 km/h birgt zahlreiche Vorteile. Nicht nur, dass weniger Schadstoffe in die Luft geblasen werden; das allgemeine Fahrklima ist schlicht und einfach angenehmer. Kein Hauen und Stechen, stattdessen ein mehr oder weniger konstanter Verkehrsfluss. Und seien wir mal ehrlich: In der Rushhour kann man ohnehin nicht schneller als 90 fahren.
Alle wollen Steuerreform
"PS gegen MR: Der große Steuer-Krieg", titeln fast gleich lautend Le Soir und La Libre Belgique. Die PS hat gestern die fiskalen Leitlinien ihres Wahlprogramms vorgestellt. Eckpunkte: eine Reichen-Steuer, eine Abgabe auf den Mehrwert von Börsentransaktionen und auf der anderen Seite eine Stärkung der Kaufkraft insbesondere für Kleinverdiener. Demnach sollen 70 Prozent der Arbeitnehmer 120 Euro netto pro Monat mehr verdienen.
Kaum war diese sozialistische Idee lanciert, da berief die liberale MR schon eine Pressekonferenz ein, um die Pläne als "unrealistisch" zu geißeln. Die nächste Legislaturperiode wird ganz im Zeichen der längst überfälligen Steuerreform stehen, sind sich die frankophonen Zeitungen einig.
Steuerversprechen "nicht ungefährlich"
Wenn man sich die Vorschläge von PS und MR so anschaut, dann weiß man, warum die jetzige Regierung die Finger vom Steuersystem gelassen hat, glaubt Le Soir. Die Ansätze der Liberalen und Sozialisten sind nämlich grundverschieden. Für die MR steht die Mittelklasse im Vordergrund, die PS hat ihrerseits eher die Kleinverdiener vor Augen.
Die Vorschläge sowohl der Sozialisten als auch der Liberalen gehen aber relativ weit. Ob realistisch oder utopisch, diese Frage mag der Wähler kaum zu beantworten. In diesem Zusammenhang wäre es begrüßenswert, wenn die Wahlprogramme hierzulande genau wie in Holland von externen Fachleuten auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft würden.
L'Avenir sieht das ähnlich: Bei einer Steuerreform dreht sich alles um den wunden Punkt der Wähler, nämlich deren Portemonnaie. Deswegen ist es nicht ungefährlich, den Menschen Hoffnungen zu machen, die sich womöglich am Ende zerschlagen. Wenn die Steuerreform letztlich das zentrale Wahlkampfthema war und der Wähler vor allem auf dieser Grundlage entschieden hat, dann wird der Wahlsieger liefern müssen. Und spätestens dann zeigt sich auch, ob er das überhaupt kann.
La Libre Belgique hat trotz aller Widersprüche einige Gemeinsamkeiten zwischen PS und MR ausgemacht. Alle wollen sie die Welt verbessern. Alle wollen sie die Steuern und Lohnnebenkosten senken. Da stellt sich allerdings die Frage: Warum, verflixt nochmal, hat man das nicht längst gemacht? Im Fall der PS ist diese Frage umso berechtigter: Die Sozialisten sind seit 1988 ununterbrochen an der Macht.
Harte Koalitionsverhandlungen
Und auch auf flämischer Seite gab es negative Reaktionen auf der PS. Allen voran N-VA-Chef Bart De Wever sieht den flämischen Mittelstand und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen "jetzt erst recht" bedroht.
Het Laatste Nieuws fühlt sich angesichts der Aussagen von PS-Chef Paul Magnette irgendwie an Robin Hood erinnert. Das Wahlprogramm der PS darf man durchaus als populistisch bezeichnen. Geht es nach den frankophonen Sozialisten, dann muss die Mittelschicht bald um die Früchte ihrer Arbeit fürchten. Magnette tut damit aber allenfalls einer Person einen Gefallen: nicht den Arbeitslosen, nicht den Kleinverdienern, nicht den Alten und Schwachen, sondern allein Bart De Wever.
Jetzt wissen wir wenigstens endgültig, dass die nächsten Koalitionsverhandlungen eine harte Nuss werden, orakelt Het Nieuwsblad. Die PS gerät offensichtlich mit dem heißen Atem der PTB im Nacken zunehmend in Panik und legt einen deutlichen Linksruck hin. Damit begeistern die frankophonen Sozialisten in Flandern nicht einmal die Schwesterpartei SP.A. Und sollte die PS dennoch bei der Wahl Prügel beziehen, dann wird sie erst recht zu keinerlei Zugeständnissen bereit sein.
Die linksliberale Zeitung De Morgen ist ihrerseits nicht ganz so kritisch. Wer die Steuern und Lohnkosten senken will, der kann nun mal das Geld nicht herzaubern. Ohne alternative Quellen läuft das fast zwangsläufig auf Einschnitte etwa im Unterricht, im Gesundheitswesen, in der Justiz oder bei den Pensionen hinaus. Um das zu verhindern, ist es doch legitim, wenn man diejenigen zur Kasse bieten will, die derzeit schlicht und einfach so gut wie keine Steuern zahlen.
Gleiches gilt für eine mögliche Besteuerung von Mehrwerten aus Börsentransaktionen. Hier beläuft sich die Abgabe im Moment auf 0,0 Prozent. Sich bislang unbesteuertes Kapital vorknöpfen zu wollen, ist in der derzeitigen Situation legitim, glaubt De Morgen.
Handys, Hubschrauber und Marienstatuen
"Telenet entfesselt einen neuen Preiskrieg auf dem Mobilfunkmarkt", schreibt heute Het Belang van Limburg auf Seite eins. Das flämische Unternehmen geht jetzt also nochmal in die Offensive: Für 20 Euro im Monat kann man 5 Stunden telefonieren, 2 Gigabyte downloaden und hat zudem kostenlos Zugang zum neuen 4G-Netz. Billiger geht’s im Moment nicht.
Ziemlich absurde Meldung auf Seite eins von De Morgen: "Der neue Sea-King verträgt kein Meersalz", so die Schlagzeile. Dabei geht es doch um einen Hubschrauber, der für Rettungsaktionen auf Hoher See ausgelegt sein sollte. Die belgische Armee hat gerade neue Helikopter gekauft, die die alten Sea-King ersetzen sollen. Das Problem: Die Maschinen rosten, wenn sie auf See eingesetzt worden sind. Belgien gibt für die neuen Hubschrauber 400 Millionen Euro aus.
Einige Zeitungen blicken auch heute wieder nach Jalhay: "1.000 Menschen pilgern zu einem Wunder, das keins ist", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Es geht natürlich um die Marienstatue, die abends leuchten soll. Physiker haben jetzt eine Erklärung für das phosphoreszierende Licht. La Dernière Heure verspricht Aufklärung: "Wir haben den Effekt ausprobiert", schreibt das Blatt.
Bild: Laurie Dieffembacq (belga)