"Beten, dass kein Krieg kommt", titelt Het Nieuwsblad. "Europa will Putin zur Vernunft bringen", schreibt Le Soir auf Seite eins. L'Echo fasst zusammen: "Putin setzt sich auf der Krim fest; der Westen droht mit Sanktionen".
Die EU-Außenminister haben Russland gestern eindringlich dazu aufgefordert, die militärische Intervention auf der Krim-Halbinsel zu stoppen. Russland solle seine Truppen in die Kasernen zurückbeordern. Anderenfalls droht die EU mit Strafmaßnahmen.
Doch "besteht die Angst, dass Putin es nicht bei der Krim belässt", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Denn anscheinend ist Russland weiterhin auf Konfrontationskurs. Es gab sogar einen Moment lang die Meldung, dass der russische Präsident der Ukraine ein Ultimatum gestellt haben soll: Entweder, Kiew gibt die Krim freiwillig auf, oder es gibt einen Krieg. "Die Russen spielen Risiko", schreibt denn auch De Morgen auf Seite eins.
Die Lage ist außerordentlich ernst, warnt Le Soir in seinem Leitartikel. Dem Westen bleiben im Augenblick zwei Möglichkeiten. Erstens: Man muss dem Kreml unmissverständlich zu verstehen geben, dass man das völkerrechtswidrige Vorgehen Moskaus ablehnt. Zweitens gibt es da noch den wirtschaftlichen Hebel. Putin sollte wissen, dass die Geschäftswelt, in der er sich doch so gerne bewegt, allergisch ist gegen das Getrampel marschierender Soldatenstiefel.
Der deutsche Außenminister Steinmeier hat schon Recht, urteilt L'Echo in seinem Leitartikel. Wir stehen tatsächlich vor der schlimmsten Krise seit dem Fall der Berliner Mauer. Und nicht umsonst fühlt sich jeder an den Kalten Krieg erinnert. Stellt sich nur die Frage: Hat der Kalte Krieg überhaupt jemals aufgehört? Russland jedenfalls hat es nicht verwunden, dass viele Staaten des einstigen Warschauer Pakts inzwischen Mitglieder der NATO beziehungsweise der EU sind. Jetzt fühlt sich Russland stark genug, um sich für diese Schmach zu rächen.
Putin "auf einem anderen Planeten"
Het Laatste Nieuws zitiert die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Gespräch mit dem US-Präsidenten Obama soll sie dem russischen Präsidenten Putin bescheinigt haben, auf einem anderen Planeten zu leben. Das allerdings wäre nicht verwunderlich. Russland hat die schleichende Ausbreitung der NATO vor seiner Haustür hinnehmen müssen. Und die Krim ist für Russland von zentraler strategischer Bedeutung. Dort leben zudem ziemlich viele ethnische Russen. Wenn Putin dort nicht eingegriffen hätte, wäre er in den Augen seiner Bürger als Waschlappen durchgegangen.
Hätte Chruschtschow den Ukrainern bloß nicht die Krim geschenkt, beklagt La Libre Belgique. Die geopolitischen Interessen des Kreml sind jedenfalls bis zu einem gewissen Maß noch nachvollziehbar. Das rechtfertigt aber nicht die Mittel. Russland hat sich 1994 selbst zur Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine verpflichtet. Die Antwort der Europäer auf diesen Völkerrechtsverstoß ist aber allenfalls der Beweis für ihre eigene Ohnmacht.
Der Westen im Glashaus
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich. Der Westen sendet geschlossen Signale der großen Besorgnis aus: die EU, die USA, die NATO und auch die G7. Das Problem: Der Westen sitzt da in einem Glashaus. Die Russen müssen nur Argumente wie den Irakkrieg oder die nichtexistierenden Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein ins Feld führen. Insbesondere den Europäern bleiben eigentlich nur wohldosierte Strafmaßnahmen.
Auch De Morgen erinnert an die nicht immer ganz so geradlinige Haltung des Westens. Wladimir Putin musste doch in den letzten Jahren noch nicht einmal genau hinschauen, um die Scheinheiligkeit zu erkennen. In den letzten zehn Jahren haben Russen die Hälfte von London und der Côte d'Azur gekauft. Nach Schätzungen sogar der russischen Zentralbank kommen zwei Drittel der 40 Milliarden Euro, die Russland 2012 verlassen haben, aus dunklen Kanälen. Europa hat damit aber offensichtlich kein Problem. Im Gegenteil: Banker aus der Londoner City helfen den Russen noch dabei, ihre illegal erworbenen Milliarden zu verstecken. Da muss man sich doch nicht wundern, wenn der Russe nicht an die angeblichen moralischen und demokratischen Werte Europas glaubt.
Bei all diesen geostrategischen Erwägungen vergisst man aber allzu oft die eigentlich Betroffenen. Das gilt nicht nur für die Bürger der Ukraine, sondern - diesen Konflikt haben wir ja plötzlich vergessen - auch für die Opfer des unendlichen Bürgerkriegs in Syrien. In beiden Fällen sind die Länder im Grunde nur der Spielball großer internationaler Allianzen. Russland und China praktizieren reines Blockdenken; die Menschen sind ihnen egal.
Steuern, Zinsen, Dehaene
Innenpolitisch geht es zunächst wieder um den Wahlkampf. "MR, CDH: jeder will die Steuern senken", schreibt La Libre Belgique. MR-Chef Charles Michel sprach vor einigen Wochen schon von einem "fiskalen Elektroschock", den das Land brauche. Jetzt beschwört der CDH-Vorsitzende Benoît Lutgen schon eine "Steuerrevolution".
"Hauskredite werden nochmal billiger", titelt Gazet van Antwerpen. Die KBC und auch die Belfius-Bank haben jedenfalls ihre Zinsen für Wohnkredite wieder gesenkt. Die anderen könnten bald folgen.
Auf vielen Titelseiten prangt das Foto von Altpremier Jean-Luc Dehaene. "Krebstumor entdeckt bei Routine-Untersuchung", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Dehaene wurde bereits in der vergangenen Woche an der Bauchspeicheldrüse operiert. Er hat den Eingriff aber gut überstanden und muss sich jetzt schonen.
Der "belgische Madoff"
Viele Zeitungen berichten schließlich über den "belgischen Madoff". Die Rede ist von Stéphane Bleus, einem Betrüger, der einige Dutzend Belgier um insgesamt 100 Millionen Euro betrogen haben soll. La Dernière Heure bringt ein Fahndungsplakat wie aus dem Wilden Westen: Das Foto von Stéphane Bleus mit der Aufschrift: "Wanted".
L'Echo hat recherchiert, dass die belgische Katholische Kirche intensive Kontakte zu dem Betrüger pflegte. Monseigneur André-Joseph Léonard, der Vorsitzende der belgischen Bischofskonferenz, soll bei Stéphane Bleus um Unterstützung für ein Missionierungsprojekt geworben haben. Léonard habe aber nichts von dem Betrug gewusst, sagt ein Sprecher.
Bild: Viktor Drachev/AFP