"Kiew: Das Regime gibt der Straße nach", titelt Le Soir. "Eine neue Ära zwischen Hoffnung und Angst", schreibt L'Avenir auf Seite eins. "Stunde null in Kiew", so die Schlagzeile des GrenzEcho.
In der Ukraine haben sich am Wochenende die Ereignisse überschlagen. Erst erklärte das Parlament den amtierenden Präsidenten Viktor Janukowitsch für entmachtet. Janukowitsch setzte sich kurz darauf ab und war erstmal verschwunden. Danach wurde ein Übergangspräsident eingesetzt und es wurde auch die ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko aus der Haft entlassen. Für Mai wurden Neuwahlen angesetzt.
Neue Ära in der Ukraine
In der Ukraine beginnt jetzt eine neue Ära, schreibt Le Soir. Doch ist die Zukunft höchst undeutlich. "Es lebe die Revolution, aber was jetzt?", bringt es De Morgen auf den Punkt. "Die Ukraine ist auf der Suche nach politischen Anführern", titelt De Standaard. Zwar bringt sich die alte politische Garde in Stellung. Die Demonstranten vom Maidan wollen aber eine neue politische Klasse, schreibt das Blatt. "Die Ukraine auf der Suche nach der nationalen Einheit", so die Schlagzeile von La Libre Belgique.
Tatsächlich hat sich Julia Timoschenko schon kurz nach ihrer Freilassung an die Demonstrantenauf dem Maidan-Platz gewandt. Der Empfang, der ihr bereitet wurde, war aber eher durchwachsen. "Die Gas-Prinzessin taugt nicht zum Mandela", schreibt De Morgen.
Die Ukraine reiht sich ein in eine Geschichte, die 1789 mit der Französischen Revolution begann, notiert Le Soir: über die Unabhängigkeitskriege der Kolonien, den Fall der Mauer und die Rumänische Revolution. Ein roter Faden: Den Willen des Volkes kann man nicht niederknüppeln, das Volk ist souverän. Jetzt allerdings sind die Europäer gefragt.
Europa muss der jungen Demokratie, die sich in Kiew etablieren möchte, die nötige Unterstützung liefern. Denn die Ukrainer haben nicht nur für ihre Freiheit gekämpft, sondern auch für Europa. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass Männer und Frauen gestorben sind mit der europäischen Fahne in der Hand. All die Europäer, die nicht mehr an die Europäische Union glauben, sollten das vor Auge haben, meint Le Soir.
L'Avenir hofft auf einen wirklichen Neuanfang in Kiew. Man sollte die Lehren aus der Orangen-Revolution von 2004 ziehen. Damals wurden auch korrupte, autoritäre post-sowjetische Herrscher gestürzt. Die Politiker, die nachrückten, waren allerdings nicht viel besser. Die Erneuerung wird nicht leicht sein. Die Ukraine muss dafür sorgen, dass die Demokratie nicht erneut durch die Gier und den Egozentrismus von einigen wenigen gekidnappt wird.
Die Stunde der Wahrheit
Doch auch für Europa schlägt jetzt die Stunde der Wahrheit, glaubt De Morgen. Monatelang sind EU-Politiker nach Kiew gependelt, um die Demonstranten zum Durchhalten zu ermutigen. In dem Moment, wo sich die Ukraine aber für die EU zu entscheiden scheint, muss Europa seine moralische Unterstützung in materielle umwandeln. Wenn Europa das nicht tut, dann schafft man ein Armenhaus vor unserer Haustür, über alle Maße frustriert über ein Europa, das zwar mit seinen idealen hausiert, aber nicht dazu im Stande ist, seine Versprechen einzulösen.
Ein Assoziierungsabkommen wird jedenfalls nicht mehr reichen, konstatiert De Standaard. Doch was soll man sonst machen? Eine EU-Mitgliedschaft für die Ukraine? Dafür gibt es im Moment keine Basis. Die EU muss wissen, dass sie das ukrainische Problem nicht alleine lösen kann. Nicht zu vergessen, die wohl größte Unbekannte: Wie wird Russland auf die Erniedrigung in seiner Peripherie reagieren? In Washington wird sogar eine militärische Intervention nicht ausgeschlossen.
Man sollte es ohnehin vermeiden, die Ukraine zwischen Europa und Russland entscheiden zu lassen, notiert La Libre Belgique. Eine solche Wahl führt zwangsläufig zur Spaltung des Landes. Die einzige Lösung ist, dass Europäer und Russen miteinander reden. Zugleich sollten die Ukrainer selbst über freie Wahlen und Kompromisse die Grundlage für ihre nationale Einheit schaffen.
Denn man darf nicht vergessen: Den Kämpfern auf dem Maidan ging es weder um Europa, noch um Russland, sondern schlicht und einfach darum, ihre korrupte politische Führung los zu werden.
"Pandastisch"
Zweites großes Thema ist die Ankunft der beiden Riesenpandas Hao Hao und Xing Hui in Belgien. Die beiden knapp vier Jahre alten Bären sind eine Leihgabe der Volksrepublik China. Sie sollen die nächsten 15 Jahre im Tierpark Pairi Daiza in der Nähe von Mons verbringen.
"Sie sind da!", jubelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Die Pandas wurden wie Staatschefs empfangen", schreiben Le Soir und das GrenzEcho sinngemäß. La Dernière Heure macht ein etwas gewagtes Wortspiel: Ein "pandastischer" Empfang.
Het Belang van Limburg spricht sogar von den "Goldenen Pandas". Für den Tierparkt Pairi Daiza läuft es wohl darauf hinaus, man rechnet mit 2,5 Millionen Besuchern zusätzlich. Auf vielen Titelseiten sieht man übrigens Premierminister Elio Di Rupo, der es sich nicht nehmen ließ, die Pandas persönlich zu begrüßen. "Di Rupo fiel fast in Ohnmacht wegen der Pandas", schreibt Het Laatste Nieuws.
Viele Zeitungen bescheinigen dem Premier einen gelungenen Kommunikations-Coup. Und ganz zufällig dürfte der Zeitpunkt nicht gewählt sein, frotzelt Het Nieuwsblad. Morgen beginnt die Sperrperiode, also der eigentliche Wahlkampf, wo die Wahlausgaben der Parteien akribisch beobachtet werden. Man muss kein Zyniker sein, um zu behaupten, dass die Pandas noch gerade rechtzeitig gelandet sind.
rop - Bild: Nicholas Kamm (afp)