"Sotschi, die Spiele der Maßlosigkeit", titelt L'Echo. "Ein defekter Olympischer Ring, aber dennoch bereit für die teuersten Spiele aller Zeiten", frotzelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Gestern sind im russischen Sotschi die 22. Olympischen Winterspiele eröffnet worden. Bei der pompösen Eröffnungsfeier versagte gleich zu Beginn die Technik. Einer der fünf Olympischen Ringe, die sich eigentlich inmitten der Olympia-Arena entfalten sollten, funktionierte nicht; es gab also nur vier Ringe.
Dabei sind es die teuersten Spiele aller Zeiten. Und sie gehören wohl auch zu den umstrittensten. De Morgen reagiert denn auch mit einer zynischen Schlagzeile: "The show must go on", schreibt das Blatt auf Seite eins. Russland störe sich nicht an der internationalen Kritik und präsentiere stattdessen eine kitschige Eröffnungszeremonie mit karnevalesken Kostümen.
Putin "links liegen lassen"
L'Echo findet die anhaltende Kritik an den russischen Winterspielen scheinheilig. Dass Russland mit eiserner Hand geführt und gewisse Menschenrechte dort mit Füßen getreten werden, das ist doch nichts Neues, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Schon 2007, als die Entscheidung für Sotschi fiel, war klar, was für ein Land da den Zuschlag bekommen hatte. Bekannt war auch, dass in Sotschi und Umgebung eine komplette Infrastruktur erst aus dem Boden gestampft werden musste. Das Einzige, was nicht vorhersehbar ist, sind die Leistungen der Athleten. Wenigstens etwas.
Gazet Van Antwerpen plädiert ihrerseits dafür, Wladimir Putin und sein autoritäres Regime, die astronomischen Kosten, die offensichtliche Korruption, die Menschenrechtsverletzungen, all das jetzt erstmal links liegen zu lassen. Es gibt bestimmt viele gute Gründe, um die Winterspiele von Sotschi mit Skepsis zu betrachten. Aber jetzt sollten wir uns den Athleten und ihren Leistungen widmen.
Ungesunde Luft, ein "schleichender Killer"
De Standaard und De Morgen veröffentlichen heute Studien, die die Umweltbelastung durch den Straßenverkehr beleuchten. "Brüssel erstickt im Feinstaub", schreibt etwas De Morgen. Laut einer Untersuchung ist die Luft in der Hauptstadt ungesund. Das sei ein schleichender Killer, sagt ein Forscher. Feinstaubbelastung kann Lungenkrebs, Herzinfarkte und sogar Diabetes bei Kindern hervorrufen. Als einer der größten Feinstaubproduzenten gilt der Dieselmotor.
Doch wer glaubt, dass Telearbeit die Lösung wäre, der irrt, schreibt De Standaard unter Berufung auf eine neue Studie. Die besagt, dass das Arbeiten von zu Hause aus die Umwelt und auch den Straßenverkehr nur unwesentlich entlastet. Was lernen wir aus all dem? Wir müssen unsere Lebensweise grundlegend verändern, mahnt De Standaard in seinem Leitartikel. Dänemark ist der Beweis, dass das möglich ist. In Kopenhagen gibt es so gut wie keine Staus. Der öffentliche Nahverkehr funktioniert rund um die Uhr. Resultat: Die Luft ist sauber, die Lebensqualität spürbar besser.
In Brüssel atmet man hingegen die schlechteste Luft in ganz Europa ein. Der Unterschied zwischen beiden Ländern: In Dänemark hat die Politik radikale Entscheidungen getroffen. Wer das nächste Mal in einem Monsterstau steht, der kann ja mal darüber nachdenken.
Wir unterschätzen immer noch die gesundheitlichen Auswirkungen des belgischen Stauproblems, notiert auch De Morgen. In den Ballungsräumen und entlang der wichtigen Verkehrsachsen werden die Feinstaubnormen quasi permanent überschritten. Das sollte uns alarmieren. Hier Abhilfe zu schaffen, muss ja nicht gleich bedeuten, dass wir ins Zeitalter der Jäger und Sammler zurückgeworfen werden. Ein möglicher Lösungsansatz wäre zum Beispiel schon eine Kilometer-Maut, wie sie jetzt auch angedacht wird.
"Spitzenbeamte des Finanzministeriums unter Korruptionsverdacht", titeln Gazet Van Antwerpen und Het Belang Van Limburg. Die Staatsanwaltschaft von Oudenaarde ermittelt gegen einige hochgestellte Mitarbeiter des Finanzministeriums. Die sollen Unternehmen über drohende Steuerprüfungen informiert haben.
Schlammschlacht unter Blauen
"In Brüssel kommt es zu einem öffentlichen Clash unter Liberalen", so die Schlagzeile von L'Echo. Alles hat begonnen mit einem Buch von Didier Reynders. Der amtierende Außenminister ist ja mittlerweile von Lüttich nach Brüssel umgezogen und wird jetzt in der Hauptstadt für die frankophonen Liberalen die Kammerliste anführen. In seinem Buch legt er also seine Pläne für Brüssel vor. Reynders fordert unter anderem den Bau neuer Straßentunnel und neuer Metroverbindungen.
"Unbezahlbar, unrealistisch", urteilt aber der MR-Parteikollege Vincent De Wolf auf der Titelseite von La Libre Belgique. Und in L'Echo stellt sich die liberale Bürgermeisterin von Molenbeek, Françoise Schepmans, hinter De Wolf: "Was Reynders vorschlägt hat keine Priorität".
Le Soir widmet den Querelen der Brüsseler MR seinen Leitartikel. Reynders verpasst seinen Brüsseler Parteifreunden eine schallende Ohrfeige, glaubt das Blatt. An den angestammten Brüsseler MR-Leuten vorbei veröffentlicht Reynders eine Art programmatisches Manifest. Damit macht Reynders seinen Führungsanspruch deutlich. Die Nebenwirkungen sind für die Blauen aber weniger glücklich. Spätestens seit Vincent De Wolf die Pläne von Reynders als Tagträumerei bezeichnet hat, dürften sich die anderen Parteien, PS, cdH und Ecolo lauthals totlachen.
Des Königs schwere Aufgabe
Auch die flämischen Kollegen der Liberalen Open Vld machen heute von sich reden. "Wir wollen in beide Regierungen oder in keine", zitiert Het Laatste Nieuws auf Seite eins den OpenVLD-Senator Jean-Jacques De Gucht. Heißt also: Entweder, man ist auf föderaler Ebene und in der flämischen Regierung mit dabei, oder man wird in beiden Parlamenten die Oppositionsbank drücken...
Für Het Laatste Nieuws ist diese Haltung ein Indiz dafür, wie kompliziert die Aufgabe des Königs nach der Wahl vom 25. Mai sein wird. König Philippe wird ja lediglich die Regierungsbildung auf föderaler Ebene begleiten. Die meisten Parteien plädieren aber für möglichst homogene Mehrheiten, also dieselbe Koalition auf allen Ebenen. Was passiert also, wenn die N-VA in Flandern die Initiative ergreift und damit die föderale Ebene rechts überholt? König Albert, der zu dem Zeitpunkt wohl durch das Mittelmeer schippern wird, dürfte seinen Sohn jedenfalls um diese Aufgabe nicht beneiden.
Staatsreform unmöglich machen?
Apropos N-VA: Innerhalb der derzeitigen Mehrheit keimt offenbar eine verwegene Idee, wie Het Nieuwsblad berichtet. Es besteht die Möglichkeit, eine neue Staatsreform quasi juristisch unmöglich zu machen, zumindest für die nächsten fünf Jahre. Das Parlament müsste lediglich die für eine Staatsreform notwendigen Verfassungsartikel nicht zur Abänderung freigeben.
Das allerdings wäre ein demokratisch dubioser Schachzug, glaubt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Hinzu kommt, dass ein solcher Coup die N-VA in ihrer Lieblingsrolle nur bestätigt: der Underdog, der gegen das Establishment angeht. Die Politik sollte den Wähler entscheiden lassen. Eine Regierung ist fünf Jahre im Amt. Und sie regiert nicht in die darauf folgenden fünf Jahren hinein.
Bild: Eric Lalmand (belga)