"N-VA-Kongress in Antwerpen - Die Absichten der Partei sind vage", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Die Nationalistenpartei von Bart De Wever hält an diesem Wochenende ihren mit Spannung erwarteten Parteitag ab. Dabei will die N-VA ihre inhaltlichen Leitlinien ausformulieren.
L'Echo führt dazu ein Interview mit dem N-VA-Schwergewicht Jan Jambon. Der konzentriert sich dabei auf das sozial-wirtschaftliche Programm seiner Partei. "Wir wissen natürlich, dass wir Kompromisse eingehen müssen", zitiert die Wirtschaftszeitung auf Seite eins den N-VA-Fraktionschef. Allerdings gebe es eine Grenze, die man nicht unterschreiten werde.
Was will die N-VA?
Genau darum geht es bei dem N-VA-Kongress in Antwerpen, sind sich alle Leitartikler einig. Die Partei von Bart De Wever muss endlich Klarheit schaffen. Was will die N-VA?, fragt sich etwa Le Soir. Zwar beschwört Bart De Wever andauernd den Konföderalismus, der im Grunde nichts anderes als die Aushöhlung des belgischen Föderalstaates beinhaltet. Die Frage ist aber, inwieweit die N-VA daraus - im Hinblick auf eine Regierungsbeteiligung - eine Grundbedingung macht. Ist die Partei dazu imstande, auf zentrale Punkte ihres Programms zu verzichten, um eine Koalition zu bilden? Der Wähler hat ein Recht darauf, das zu erfahren.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich und zieht eine Parallele zur Welt des Sports, genauer gesagt zum Hochsprung. Hier ist häufig von einer "Anfangshöhe" die Rede. Genau diese Latte muss die N-VA jetzt auflegen. Ist sie zu hoch, dann werden die Frankophonen gleich diese Anfangshöhe beim ersten Versuch reißen, auf die beiden noch verbleibenden Versuche werden sie dann dankend verzichten. Konkret: Geht die N-VA mit einer klaren Forderung nach Konföderalismus in die Verhandlungen, dann steht sie ziemlich alleine da. Zweite Möglichkeit wäre also, diesmal allein auf sozial-wirtschaftliche Reformen zu pochen. Das allerdings dürfte der traditionellen Basis der Nationalistenpartei nicht gefallen. Die N-VA muss sich also entscheiden, wohlwissend, dass man nicht beides haben kann: die Butter und das Geld für die Butter.
Diese Richtungsentscheidung wird spannend, glaubt Gazet van Antwerpen. Das Blatt rechnet in seinem Kommentar mit einem packenden Parteitag. Wie viel Wasser ist die Basis bereit, in den N-VA-Wein zu schütten? Auf diese Frage werden wir am Sonntag eine Antwort bekommen.
Show, Pirouetten und Flirts
Het Nieuwsblad ist da nicht ganz so optimistisch. Die Partei hat es in den letzten Wochen und Monaten verstanden, die Spuren zu verwischen. Erst prägte man den Konföderalismus neu, dann fügte man aber flugs hinzu, dass das ein Idealbild für eine vielleicht doch fernere Zukunft ist. Klar wird es in Antwerpen um Inhalte gehen, genauso wichtig ist aber die Show.
L'Avenir ist es im Grunde egal, wie die N-VA sich bei diesem Parteitag positioniert. Die N-VA ist und bleibt separatistisch, glaubt das Blatt. Ihr Konföderalismus, das ist nicht mehr als eine begriffliche Pirouette. Es läuft doch auf eine Spaltung des Landes hinaus. Selbst wenn es der Partei von Bart De Wever gelingt, ihre Botschaft massentauglich zu machen, wird sie dadurch nicht salonfähig.
In der Zwischenzeit scheint die N-VA weiterhin auf der Suche nach prominenten Neumitgliedern zu sein. "Die N-VA flirtet mit Descheemaecker", titelt Het Nieuwsblad. Marc Descheemaecker war bis vor kurzem Chef der SNCB. Und die N-VA sei an ihn herangetreten, um ihm einen Listenplatz anzubieten, sagt Descheemaecker. Er habe noch nicht geantwortet, er könne aber sagen, dass er nicht der einzige Spitzenmann ist, den die N-VA für sich gewinnen wolle. Ex-Postchef Johnny Thijs sei auch gefragt worden, ebenso wie Karel Van Eentveld, der Chef des flämischen Selbständigenverbandes UNIZO. Beide hätten aber abgelehnt.
Tot im Kleiderschrank
Auf vielen flämischen Titelseiten prangt heute das Foto von zwei jungen Frauen. Die beiden 19- und 22-jährigen Studentinnen sind gestern in Löwen beim Brand in einer Studentenwohnung ums Leben gekommen. "Sie hatten keine Chance", schreibt Het Nieuwsblad. "Zwei Studentinnen sterben im Kleiderschrank", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Die beiden hatten in der Tat versucht, im Kleiderschrank Schutz zu suchen. Doch es kam jede Hilfe zu spät. Ursache für den Brand war womöglich eine vergessene Zigarette.
Nach Informationen von Het Laatste Nieuws war die Studentenwohnung nicht als solche registriert. Die Feuerwehr hatte dort nie die Einhaltung der Brandschutzverordnungen überprüft.
Belgischer Professor gehackt
"Ein belgisches Computergenie wird das Opfer einer NSA-Attacke", titelt Le Soir. "Die NSA hackt einen belgischen Cyber-Professor", so die Schlagzeile von De Standaard. Die Rede ist von Professor Jean-Jacques Quisquater. Der Mann gilt weltweit als Fachmann für Kryptographie, also die Verschlüsselung von Daten. Er ist unter anderem verantwortlich für die Sicherheitsalgorithmen von Bankkarten und sogar dem belgischen elektronischen Ausweis. Kürzlich wurde ein Einbruch in seinen Rechner festgestellt. Und laut De Standaard und Le Soir weist die Spur in Richtung des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes NSA.
Der Fall zeigt, dass die NSA sich nicht darauf beschränkten, einfach nur kollektive Daten zu sammeln, bemerkt De Standaard in seinem Leitartikel. Manchmal werden also auch individuelle Bürger direkt ausgespäht. Ein Beweis mehr für die enormen Ausmaße des amerikanischen Spionageprogramms. Das sollte uns dazu bringen, uns wirklich von allen Illusionen zu verabschieden: Wir werden beobachtet, und niemand kann uns davor schützen.
Wer ist intolerant?
La Libre Belgique beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit dem Protest der Katholischen Kirche gegen die geplante Ausweitung des Rechts auf Sterbehilfe auf Minderjährige. Der Vorsitzende der belgischen Bischofskonferenz, Erzbischof André-Joseph Léonard, ruft für den kommenden Donnerstag zu einem Aktionstag auf. Laizistische Vereinigungen warfen ihm daraufhin eine versuchte Einmischung in politische Entscheidungsprozesse vor.
La Libre Belgique kann das nicht nachvollziehen. Es ist durchaus legitim, seine Zweifel und Ängste in diesem Zusammenhang zum Ausdruck zu bringen. Das gilt auch für die Kirche. Intolerant sind allenfalls diejenigen, die der Kirche da gleich Einmischung vorwerfen.
Het Laatste Nieuws beleuchtet den drohenden Preiskrieg am Brüsseler Landesflughafen Zaventem zwischen Brussels Airlines und Ryanair. Ein Tipp der Zeitung: Warten Sie mit Ihrer Buchung! Die Preise könnten um bis zu 50 Prozent sinken.
Bild: Kristof Debecker/BELGA