"Der Wahlkampf ist in aller Heftigkeit an den Start gegangen", titelt Gazet Van Antwerpen. "Der Krieg mit der N-VA hat endgültig begonnen", so die Schlagzeile von Het Belang Van Limburg. Mit einem aufsehenerregenden Doppelinterview haben die Präsidenten von MR und CD&V, Charles Michel und Wouter Beke, am Samstag den Reigen eröffnet.
In den Zeitungen De Standaard und Le Soir hatten sie sich sozusagen gemeinsam positioniert, mit einer gemeinsamen Botschaft an die Bürger: Es gibt Alternativen zu den beiden großen Parteien, PS und N-VA. Die frankophonen Liberalen und die flämischen Christdemokraten wollen die Achse der künftigen Regierung sein. MR- Chef Charles Michel hat sich dabei auch klar von der N-VA distanziert, die "über keinen einzigen Partner auf frankophoner Seite" verfügt.
"Calimero ist zurück"
Die Reaktion auf diese Planspiele stehen auf Seite eins von Le Soir: "Die cdH ist sauer, die N-VA irritiert", so die Schlagzeile. Die cdH ist sauer, weil ihre flämische Schwesterpartei sie in eine Koalition mit den Liberalen zwängen will. Die N-VA beklagt, dass der Wähler quasi bevormundet wird.
Für De Standaard ist deutlich, dass die Partei von Bart De Wever mehr denn je isoliert ist: "Jeder nimmt Abstand von der N-VA", schreibt das Blatt auf Seite eins. Neben MR und CD&V distanzieren sich auch SP.A und Vlaams Belang von der N-VA. Resultat: Calimero ist zurück!
Die N-VA kann wieder das Märtyrergewand überstreifen, was ihr ach so gefällt. Allerdings haben die traditionellen Parteien eigentlich keine andere Wahl: Wer sich nicht klar genug von der N-VA abgrenzt, der macht sich überflüssig, so die Analyse von De Standaard.
Der gemeinsame Vorstoß von MR und CD&V ist nachvollziehbar und gewagt zugleich, bemerkt ebenfalls L'Avenir. Nachvollziehbar, weil PS und N-VA den Wahlkampf zu dominieren drohten. In letzter Zeit schien sich alles auf das Duell zwischen beiden Parteien zu fokussieren. MR und CD&V fordern im Grunde nur Sichtbarkeit ein.
Gewagt ist das dennoch, weil der Schuss nach hinten losgehen kann. Noch vor einigen Jahren ist der Versuch einer orange-blauen Koalition kläglich gescheitert. Und die MR läuft auf frankophoner Seite Gefahr, sich vollends zu isolieren und einer Wiederauflage der Olivenbaum-Koalition Tür und Tor zu öffnen.
Achse MR-CD&V: Mehr Fragen als Antworten
Auch La Libre Belgique fühlt sich an die "blaue Orange" erinnert, den Versuch, eine Koalition aus Christdemokraten und Liberalen zu schmieden. Dieses Experiment endete 2008 in einer Blockade. Das schaffen die Orangen und die Blauen also auch ohne PS und N-VA. Außerdem sollte man sich einmal die Mühe machen, sich die derzeitige Konstellation anzuschauen:
Liberale und Christdemokraten verfügen derzeit über 57 von 150 Sitzen. Da ist man noch weit von einer Mehrheit entfernt. Insofern ist die Unterstellung der cdH an die Adresse der MR nachvollziehbar: Falls es nicht reicht, hievt man die N-VA mit ins Boot. Denn, ob die CD&V tatsächlich der N-VA nach dem 25. Mai den Gnadenstoß versetzen will, das muss sich erst noch zeigen.
Auch für Le Soir haben die beiden Parteipräsidenten mehr Fragen aufgeworfen als Antworten zu liefern. Erstens: Ihr Vorstoß ist zu intellektuell. Hat der Durchschnittsbürger die Botschaft überhaupt verstanden? Zweitens: Stehen beide Parteipräsidenten überhaupt zu 100 Prozent für ihre Partei? Was denken die Herren Reynders und Peeters darüber?
Drittens: Ist diese Allianz nicht ein trojanisches Pferd, über das die N-VA die Regierung erobern kann? Und nicht zuletzt: Meinen es die beiden überhaupt ernst? Oder ist das Ganze nur ein scheinheiliger und opportunistischer Show-Effekt?
Gazet Van Antwerpen jedenfalls gibt sich unbeeindruckt: "Was haben wir denn am Wochenende Neues erfahren?", fragt sich das Blatt in seinem Leitartikel. Die CD&V will die Koalitionsbildung nicht von einer neuen Staatsreform abhängig machen? Das wissen wir doch längst.
Auch die MR hat in letzter Zeit immer die Notwendigkeit von sozialwirtschaftlichen Reformen in den Vordergrund gestellt. Ein Sturm im Wasserglas also, mit allenfalls einem Nebeneffekt: Je aggressiver die traditionellen Parteien insbesondere auf frankophoner Seite gegen die N-VA wettern, desto größer wird sie.
Geld-Geschichten
"Warum die Besteuerung von Mieteinnahmen Angst macht", so die Titelgeschichte von La Libre Belgique. Die Idee hatte PS-Chef Paul Magnette in den Raum gestellt. Es gibt aber viele gute Gründe, um gegen eine Besteuerung der Mieteinnahmen zu sein. La Libre Belgique listet deren zehn auf.
"Die Krise hat die belgischen Sparer 18 Milliarden gekostet", schreibt Le Soir auf Seite eins. Hintergrund ist natürlich die Tatsache, dass man auf Sparkonten seit einigen Jahren so gut wie nichts mehr verdient. Das zeigt, dass die Finanzkrise durchaus ihre Auswirkungen auf die Finanzen der Haushalte gehabt hat, schreibt Le Soir.
"Dicker Aufschlag für Dexia-Spitze", titelt Het Nieuwsblad. Drei Mitglieder der Direktion der Dexia-Restbank haben eine Lohnerhöhung zugesprochen bekommen: Ein Plus von 30 Prozent. "Die Dexia-Direktoren verdienen 450.000 Euro pro Jahr", bemerkt auch Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
Blue Monday
"Heute ist der deprimierendste Tag des Jahres", berichtet schließlich De Morgen. Ein Psychologe hat ermittelt, dass am Montag der letzten vollen Januarwoche die Menschen besonders traurig, niedergeschlagen und melancholisch sind. Der Grund: Die guten Vorsätze haben sich schon als heiße Luft erwiesen, und der nächste Urlaub ist noch weit. Deswegen spricht man vom Depri-Montag.
rop - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)