"Obama kommt zum ersten Mal nach Brüssel", titelt Het Laatste Nieuws. Auch De Morgen und Het Belang Van Limburg heben die Meldung auf Seite eins hervor. Dabei wurde die Information bislang noch nicht bestätigt. Die Zeitungen berufen sich aber allesamt auf "glaubwürdige diplomatische Quellen".
Demnach soll der US-Präsident am 26. März für einen Tag nach Brüssel kommen. Neben Besuchen bei der NATO und bei der Europäischen Union könnten auch Treffen mit König Philippe und Premierminister Elio Di Rupo auf dem Programm stehen.
Obama-Besuch im Schatten des Abhörskandals
Im Mittelpunkt von Obamas Visite bei den europäischen Partnern durfte neben dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA auch der Abhörskandal stehen. Gerade erst hat der US-Präsident eine Reform der Geheimdienste angekündigt. So erklärte er, dass das Recht auf Privatleben künftig zumindest teilweise auch für Nicht-Amerikaner gelten müsse. De Morgen relativiert allerdings die Tragweite der Ankündigung: "Die NSA wird ein bisschen an die Kette gelegt", schreibt das Blatt.
Und doch sind die neuen Regeln für Spionage-Aktivitäten ein Sieg für Edward Snowden, glaubt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Zwar gilt der Whistleblower nach wie vor als Geheimnisverräter; zwar werden die US-Nachrichtendienste weiterhin spionieren, was das Zeug hält; doch geben die USA zum ersten Mal zu, dass sie zu weit gegangen sind. Die fast unglaublichen Enthüllungen von Edward Snowden haben also doch etwas bewirkt.
Bemerkenswertes Zweckbündnis
Innenpolitisch sorgt ein Doppelinterview für Aufsehen: Wouter Beke und Charles Michel, die Vorsitzenden von MR und CD&V, stellen sich gemeinsam den Fragen von Journalisten. Und das gleich in zwei Zeitungen, nämlich im flämischen Standaard und im frankophonen Soir.
"CD&V und MR schmieden ein politisches Bündnis", titeln beide Zeitungen. Die Botschaft der flämischen Christdemokraten und der frankophonen Liberalen lautet: Es ist möglich, in diesem Land noch Brücken zu schlagen; wer die N-VA oder die PS wählt, der stimmt hingegen für eine Blockade, entweder auf institutioneller Ebene oder in Bezug auf sozial-wirtschaftliche Reformen.
Dieses Interview ist absolut bemerkenswert, notiert De Standaard in seinem Leitartikel: Ein solches Spektakel bekommt man nur selten geboten. Es gibt aber gute Gründe für diese Zweckallianz: Beide Parteien wollen einen Platz im Wahlkampf beanspruchen; bislang schien sich alles auf das Duell zwischen PS und N-VA zu beschränken. MR und CD&V wollen sich also gewissermaßen zurückmelden. Ihr großes Verdienst ist es dabei, die Debatte wieder zu öffnen, was einen Wahlkampf im besten Sinne des Wortes möglich macht, nämlich eine Diskussion über Ideen und Vorschläge.
"Wer hätte das noch vor einigen Jahren gedacht?", fragt sich Le Soir. Es gab eine Zeit, da war die MR mit der kompromisslosen FDF und die CD&V mit der radikalen N-VA verbandelt. Und jetzt schmieden beide eine Allianz. Das erlaubt eine Reihe von Rückschlüssen.
Erstens: Es gibt noch andere Parteien als die PS und die N-VA. Mehr noch, zweitens: Sowohl die PS als auch die N-VA sind auf ihrem jeweiligen Jagdgebiet isoliert, man könnte gar auf sie verzichten. Drittens: Liberale und Christdemokraten sehen sich als die Achse der kommenden Regierung. die kleineren Anhängsel Open Vld und cdH werden dieses Spiel, ob sie wollen oder nicht, mitspielen müssen.
Der Olivenbaum lebt!
Im frankophonen Landesteil üben die politischen Gegner der MR aber hörbar Kritik an den Liberalen. So zum Beispiel die Ecolo-Ko-Vorsitzende Emilie Hoyos in L'Echo. Sie verstehe die Strategie der MR nicht, sagt Hoyos. Die Liberalen geben sich im Augenblick die größte Mühe, sich auf der politischen Bühne zu isolieren. Man könnte meinen, die MR wolle beim nächsten Mal alleine regieren. Das allerdings könnte schwierig werden.
Hintergrund ist die harsche Kritik, die der MR-Oppositionsführer Willy Borsus unlängst an der Olivenbaum-Koalition in Namur geübt hat. Dabei hat die Mehrheit aus Sozialisten, Grünen und cdH gerade gestern noch zur Schlussoffensive geblasen. Es wurde gleich eine ganze Reihe von Beschlüssen gefasst, die unter anderem L'Avenir aufdröselt. Darunter die neue Tarifpolitik für den Elektrizitätsmarkt, ein neues Regelwerk für die Raumordnung und Dispositionen zur Förderung der Windkraft in der Wallonie.
Oder doch alles nur Illusion?
Da waren wohl Zauberer am Werk, frotzelt L'Avenir in seinem Leitartikel. Längst hatte man den Olivenbaum für abgestorben erklärt; und jetzt überrascht die Koalition doch noch einmal mit einem Spektakel, das man ihr nicht mehr zugetraut hätte. Plötzlich gibt es keine Probleme mehr, nur noch Lösungen. Das Ganze ist so unwirklich, dass man fast schon an der Aufrichtigkeit der Regierung zweifeln muss. Werden diese Beschlüsse jemals in Kraft treten? Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass die wallonische Regierung da gestern lediglich heiße Luft verbreitet hat.
Auch L'Echo lässt kein gutes Haar an der Regierung in Namur. Stein des Anstoßes ist die Diskussion über die tatsächliche Höhe der wallonischen Schuld. Laut Aussage des zuständigen Haushaltsministers André Antoine beläuft die sich auf sechs Milliarden Euro; der Rechnungshof geht von einer doppelt so hohen Summe aus.
"Wer glaubt noch dem wallonischen Haushaltsminister?", wettert L'Echo in einem beißenden Kommentar. Man könnte meinen, der Herr Antoine sei unter die Illusionisten gegangen. Plötzlich soll die Schuld doppelt so groß sein; das wäre die x-te Panne der Wallonischen Regierung. Antoine sollte sich an seinem Namensvetter orientieren, dem heiligen Antonius nämlich. Der ist doch auch der Schutzpatron der verlorenen Gegenstände. Soll der doch nach den sechs Milliarden suchen; und nebenbei auch nach der verlorenen Glaubwürdigkeit.
SP.A vs. N-VA
Neben den Liberalen und Christdemokraten positionieren sich heute aber auch die flämischen Sozialisten SP.A. "Eine Regierung mit der N- VA, das wird sehr schwierig", sagt SP.A-Chef Bruno Tobback auf der Titelseite von Het Nieuwsblad.
Fast das gleiche Zitat steht in La Libre Belgique, diesmal allerdings aus dem Mund von SP.A-Schwergewicht Johann Vande Lanotte. Ihre Feststellung: Die SP.A und die N- VA hätten sozusagen diametral entgegengesetzte Programme, sagt Tobback. Die N- VA sei asozial und drifte mehr und mehr in Richtung extremrechts. Die Abneigung beruhe aber auf Gegenseitigkeit, räumt Tobback ein; die N- VA wolle ja ihrerseits die Sozialisten in die Opposition schicken.
Sinkende Mieten, versteckte Moneten
"Die Mieten sinken", schreibt L'Avenir auf Seite eins; das gilt zunächst nur für Brüssel; in den kommenden Monaten sollte man dieses Phänomen aber auch in der Wallonie feststellen. Ursache für die gesunkenen Mietpreise sind die Krise und das große Angebot an Wohnungen.
"Die Belgier verstecken 60 Milliarden Euro in der Schweiz", so die Schlagzeile von L'Echo. Das ist doppelt so viel wie bislang geschätzt. Diese Zahl stammt von einem Wirtschaftsprofessor der London School of Economics. Viele reiche Belgier lassen ihr Geld demnach in Stiftungen verschwinden; absolut anonym...
Foto: Nicolas Maeterlinck (belga, hier BRF-Archiv)