Der ausführliche Auftritt von Premierminister Elio Di Rupo in einer Fernsehshow der RTBF am vergangenen Donnerstag sorgt weiter für Furore. "Jetzt nimmt sich die Medienaufsicht der Sache an", titelt heute Le Soir. In ihrem Kommentar verurteilt die Zeitung das Verhalten der RTBF: Diese Sendung mit dem sozialistischen Premierminister Di Rupo als Gast war deplatziert.
Rein rechtlich braucht sich die RTBF zwar nichts vorzuwerfen. Denn der offizielle Termin, ab wann für die Medien die Sorgfaltspflicht in Zeiten des Wahlkampfs beginnt, ist der 25. Februar. Aber allein die Ethik, der gesunde Menschenverstand und ein bisschen Taktgefühl hätten doch dazu führen müssen, eine solche Sendung nicht auszustrahlen.
69 Minuten, in denen der Premierminister ohne kritische Nachfragen über sich berichten darf, über sein Leben, über seine Pläne, und ohne dass andere politische Parteien die gleiche Gelegenheit bekommen, so etwas hätte die RTBF sich selbst verbieten müssen, findet Le Soir.
Bislang nur Scharmützel, kaum Informationen
La Libre Belgique fasst die ersten verbalen Scharmützel der Parteien aus den vergangenen Tagen zusammen: Bislang gibt es nichts Neues. Der größte Feind aller ist die PS. Sowohl die nationalistische N-VA als auch die Liberalen von der MR dreschen fleißig auf die Sozialisten ein.
Doch denen scheint das nicht zu schaden, und sie poltern eifrig zurück. Kaum zu hören sind die Bürgerlichen der cdH, Ecolo und die anderen. Daraus jetzt zu schließen, dass es nicht lohnt, den Wahlkampf zu beobachten oder die Wahl ernst zu nehmen, wäre natürlich falsch, meint La Libre Belgique.
Het Belang van Limburg wünscht sich, dass der Wahlkampf bald sachlicher geführt wird. Bislang beschränken sich die Parteien darauf, die anderen schlecht zu machen, meint das Blatt. Am Sonntag nannte N-VA-Chef Bart De Wever die Föderalregierung "asozial", gestern warf Open Vld-Chefin Gwendolyn Rutten der N-VA vor, das Land zerstören zu wollen.
Nach fünf Jahren der Krise will der Wähler aber etwas anderes hören. Er will wissen, was die Parteien planen, um die nächsten fünf Jahre zu gestalten. Drängende Fragen gibt es genug, sowohl für die Föderal- als auch die Regionalregierungen. In Flandern zum Beispiel wollen wir wissen: Was wird aus dem Wohn-Bonus und dem Kindergeld? Wie gestaltet sich die Arbeitsmarktpolitik?
Auf föderaler Ebene interessiert uns, wie es weitergeht mit den Pensionen, der Arbeitslosenunterstützung und den Steuern. Dazu wollen wir etwas hören, damit wir am 25. Mai aufgrund von sachlichen Informationen unsere Wahl treffen können, so Het Belang van Limburg.
"Zucht und Ordnung" in Antwerpen
Ein Jahr lang ist N-VA-Chef Bart De Wever Bürgermeister von Antwerpen. Das Grenz-Echo zieht Bilanz: De Wever regiert mit eiserner Faust. Zucht und Ordnung. Seit einem Jahr hat sich in der einst so lebenslustigen Hafenstadt ein Klima der Angst breit gemacht. De Wevers Schlachtruf lautet "War on drugs - Kampf den Drogen".
Seine politische Methode ist die Repression. Er hat eine strenge Sparpolitik auf dem Rücken des "kleinen Mannes" eingeführt. Und der Islam ist für ihn eine schwere Bedrohung. An Antwerpen will De Wever ein Exempel statuieren: Er will den Flamen vor Augen führen, wo seine Prioritäten lägen, würde er nach der Föderal- und Regionalwahl im Mai Flanderns Ministerpräsident, gar belgischer Premier.
Manch ein Antwerpener begreift allmählich, was die Stadt sich mit ihrem Bürgermeister eingebrockt hat. Das übrige Flandern wacht möglicherweise zu spät auf, heißt es im Grenz-Echo.
Überwachungsstaat wächst
De Standaard berichtet, dass in allen Polizeibezirken des Landes Kameras entlang der Straßen aufgestellt werden sollen, um die Nummernschilder der vorbeifahrenden Autos automatisch zu erfassen. Die Daten sollen zentral vernetzt werden. Dazu meint das Blatt: Der Überwachungsstaat erreicht eine neue Ebene.
Wir werden nicht nur beobachtet, sondern unser Verhalten wird jetzt auch analysiert. Die Polizei wird mitbekommen, wenn ich morgens nicht wie gewohnt ins Büro fahre oder automatisch ermitteln, wenn ich zwischen zwei Kameras zu schnell unterwegs bin.
Klar, man macht uns das schmackhaft mit der Begründung, durch die Kameras Kriminalität besser zu bekämpfen. Doch unsere Vorsicht sollte uns weiterhin ehren. Schnell kann auch Missbrauch getrieben werden mit den Daten. Die Kommission zum Schutz der Privatsphäre wird bald eines der wichtigsten Staatsorgane sein, glaubt De Standaard.
Affäre mit Nebenwirkungen
L'Echo schaut nach Frankreich, wo Staatspräsident François Hollande am Dienstag die neue Ausrichtung seiner Wirtschaftspolitik vorstellen wird. Wegen einer angeblichen Affäre mit einer Schauspielerin steht er seit Tagen in der Kritik. Diese Affäre wird mindestens zwei negative Effekte haben, schreibt die Wirtschaftszeitung.
Erstens: Sie wird die guten Nachrichten für das französische Wirtschaftsleben überschatten. Denn endlich verabschiedet sich Hollande von seinem allzu linken Regierungsstil und wendet sich der Politik zu, die er schon vor seiner Wahl zum Präsidenten vertreten hat und die den Dialog mit den Arbeitgebern sucht. Zweitens: Die Affäre wird das Image der Politiker noch mehr beschädigen. Nur noch elf Prozent der Franzosen vertrauen den politischen Parteien. Das ist eine Katastrophe für die Demokratie, findet L'Echo.
Bild: Laurie Dieffembacq (belga)