"Sechs Staatsreformen, null Vorteil für Flandern", titelt De Morgen. "Wirtschaftlich gesehen haben die Staatsreformen Flandern nichts gebracht", fasst es L'Echo zusammen.
Der angesehene Wirtschaftsprofessor Paul De Grauwe erklärt in einer neuen Publikation, dass die verschiedenen Staatsreformen der letzten Jahrzehnte dem Norden des Landes kein Wirtschaftswachstum beschert haben. Im Gegenteil: Das Wirtschaftswachstum in der Wallonie ist derzeit sogar stärker als in Flandern. Und das obwohl die Regionen durch die vielen Mittel und Zuständigkeiten über die nötigen Hebel verfügen und zum Großteil selbst verantwortlich sind. Die These von Professor De Grauwe lautet deshalb: Die Reformen haben nichts gebracht.
De Grauwes provokante These
Diese Analyse dürfte in Flandern wie eine Bombe einschlagen, ist das Wirtschaftsblatt L'Echo überzeugt. Das Leitmotiv der flämischen Bewegung lautet nämlich "Was wir selber tun, tun wir besser". Doch das stimmt offensichtlich nicht. Die Erkenntnis dürfte schmerzhaft sein: De Grauwe erklärt anhand von Grafiken, dass es ein Trugschluss war, zu glauben, dass neue Zuständigkeiten automatisch eine Wirtschaftsdynamik auslösen würden. Die Aussage, man brauche noch mehr Zuständigkeiten, um eine bessere Politik zu machen, ist angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit falsch, sagt De Grauwe.
Was die Flamen selber machen, machen sie also nicht unbedingt besser, meint die Zeitung. Flandern kann nun die Schuld nicht wie sonst auf die Wallonen schieben, sondern muss sie erst bei sich selbst suchen. L'Echo findet unter anderem, dass Flandern sich zu lange auf seinen Lorbeeren ausgeruht und zu blind auf seine alten Stärken vertraut hat.
Di Rupos Parkkünste und seine gefärbten Haare
Le Soir berichtet über den Sturm der Entrüstung nach dem Auftritt von Premierminister Elio Di Rupo in einer Unterhaltungssendung des RTBF-Fernsehens. Der Vorsitzende der liberalen MR, Charles Michel, hat beim Intendanten offiziell Beschwerde eingereicht: So kurz vor den Wahlen sei das kostenlose Werbung für den Regierungschef und seine sozialistische Partei gewesen. Auch die französischsprachigen Christdemokraten und die Grünen haben ein Problem mit der am Donnerstagabend ausgestrahlten Ausgabe von "Sans chichis". In der Sendung ging es allerdings nicht um Politik, sondern um die Privatperson Di Rupo. Unter anderem musste der Premierminister mit einem Auto seine Parkkünste unter Beweis stellen, er trällerte sein Lieblingslied und verriet, dass er seine Haare seit einigen Jahren färbe.
De Morgen kann die Polemik um den Auftritt überhaupt nicht nachvollziehen. In Flandern ist es seit Jahren gang und gäbe, dass Politiker in Talkshows und lockeren Formaten zu Gast sind und sich dort von ihrer persönlichen Seite abseits ihrer offiziellen Funktionen zeigen.
Immer wieder samstags: Politikerinterviews
Het Laatste Nieuws veröffentlicht ein Doppelinterview mit Guy Verhofstadt und Gwendolyn Rutten, der alten und neuen Generation innerhalb der flämischen Liberalen. Beide äußern den Wunsch nach einem weltoffeneren Flandern, einem besseren Belgien und einem anderen Europa. Die konföderalistischen Pläne der N-VA seien ein Alptraum. Dadurch würden die Teilstaaten gegeneinander aufgehetzt. Was Belgien stattdessen brauche, sei mehr Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gemeinschaften und Regionen.
De Standaard blickt gemeinsam mit Jean-Pascal Labille zurück auf die Saga um den Rückzug von Ex-Postchef Johnny Thijs. Der Minister für Staatsbetriebe ist sich keiner Schuld bewusst. Thijs hatte Bpost verlassen, weil die Regierung die Managergehälter in öffentlichen Betrieben gekürzt hatte. Laut der Zeitung könnte Labille im Wahlkampf zur Geheimwaffe für die PS werden. Bislang hat der Lütticher aber noch nicht bekanntgegeben, ob er überhaupt kandidieren wird. Labille ist kein Berufspolitiker. Bevor er überraschend Minister wurde, war er Geschäftsführer der sozialistischen Krankenkasse.
"Hollande poussiert, Merkel arbeitet"
La Libre Belgique befasst sich mit den neuen Schlagzeilen um den französischen Präsidenten François Hollande. Laut einem Klatschmagazin soll er eine Affäre mit der Schauspielerin Julie Gayet haben. Zu den Vorwürfen an sich bezog Hollande keine Stellung, allerdings kritisierte er, dass seine Privatsphäre nicht respektiert wurde. Das Blatt schreibt: In einer idealen Welt ist es tatsächlich so, dass Details aus dem Privatleben von Politikern nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Doch die französischen Präsidenten haben in der Vergangenheit immer wieder selbst gegen die Regeln der Zurückhaltung verstoßen und dadurch die Grenze zwischen Privatleben und Öffentlichkeit verwischt.
Le Soir findet: Was Frankreich im Moment braucht, ist keine neue Geliebte des Staatschefs, sondern ein Präsident, der sich rund um die Uhr um die vielen Probleme des Landes kümmert. Besonders negativ fällt Hollandes Bild in der Öffentlichkeit aus, wenn man ihn auf seinem Mofa unterwegs zu seiner Geliebten ablichtet, während die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel trotz Beckenbruchs mit Krücken ihrer Arbeit nachgeht.
Archivbild: Olivier Vin (belga)